Karrierealle Jobs


Börsengang auf amerikanische Art

Gewusst wie – das gilt an den US-Börsen noch mehr als in Deutschland. Für ausländische Börsenaspiranten winken zahlreiche Goodies. Gastbeitrag von KPMG-Partner Haiko Schmidt.

Deutsche Unternehmen zog es in den vergangenen Jahren nicht allzu häufig an die US-Börsen. Spätestens mit den Debüts des Augsburger 3D-Drucksystemherstellers Voxeljet an der NYSE im November 2013 und des Heidelberger Biotechnologie-Unternehmens Affimed im September 2014 an der Nasdaq hat sich das Blatt gewendet. US-IPOs spielen in den Überlegungen vieler deutscher Börsenkandidaten wieder eine Rolle.

Die Gründe für den Weg über den Atlantik sind vielfältig. Einem boomenden IPO-Markt in den USA mit 288 Börsengängen und einem Emissionsvolumen von 96 Milliarden US-Dollar standen 2014 in Deutschland gerade elf Emissionen mit einem Volumen von 3,4 Milliarden Euro gegenüber. US-Börsen punkten mit der größeren Anzahl an Peer-Unternehmen sowie tendenziell besseren Bewertungen vor allem bei technologieorientierten Unternehmen.

Ein Börsengang in den USA muss dennoch sorgfältig abgewogen werden, da den Vorteilen vergleichsweise nicht unerhebliche Mehraufwendungen zu einem Börsengang in Frankfurt gegenüberstehen. Das sind insbesondere die signifikant höheren Kosten für den IPO selbst und die regulatorische Komplexität durch das andere kapitalmarktrechtliche Umfeld und die strikteren Zulassungsfolgepflichten.Für Unternehmen, die mit dem Gang auf das amerikanische Börsenparkett liebäugeln, ist es dementsprechend wichtig, die Erleichterungen, die ausländischen Firmen in den USA gewährt werden, genau zu kennen und auch in Anspruch zu nehmen.

Wer seinen Sitz in einer Jurisdiktion außerhalb der Vereinigten Staaten hat und bestimmte Bedingungen hinsichtlich der in den USA befindlichen Aktionäre, Gremienmitglieder und Vermögenswerte sowie des Ortes der Unternehmensentscheidungen erfüllt, kann als „foreign private issuer“ (FPI) eingestuft werden.


Nächste Seite: Ausnahmen in speziellen Fällen

|

Solche FPI kommen in den Genuss einiger Vorteile: Im Gegensatz zu amerikanischen Unternehmen beziehungsweise Firmen, die sich nicht als FPI qualifizieren, haben sie die Möglichkeit, Finanzinformation ausschließlich nach den IFRS statt nach US-GAAP oder nach IFRS mit entsprechender Überleitung auf US-GAAP zu erstellen. Daneben haben sie vier Monate Zeit zur Veröffentlichung des Geschäftsberichts nach Form 20-F und sind nicht verpflichtet, Quartalsberichte zu veröffentlichen.

Für Unternehmen, deren Umsatz im letzten Geschäftsjahr vor dem Börsengang unter einer Milliarde US-Dollar lag, hält der US-Kapitalmarkt weitere Erleichterungen bereit. Sie können nach dem Jobs Act von 2012 als „emerging growth company“ (EGC) klassifiziert werden. Wer die Grenze nicht überschreitet, benötigt anstatt der obligatorischen drei lediglich zwei Jahre geprüfte historische Finanzinformationen in seinem Wertpapierprospekt.

Diesen Unternehmen steht weiterhin das Recht zu, Entwürfe des Prospekts bei der US-Börsenaufsichtsbehörde SEC im Rahmen eines „confidential filing“ einzureichen und qualifizierte institutionelle Investoren beziehungsweise ­akkreditierte Investoren bereits vor der Genehmigung des Prospekts anzusprechen, um deren Interesse einschätzen zu können, was in den USA als „testing the waters“ bezeichnet wird. Die Einstufung als EGC bleibt dabei so lange bestehen, bis das Unternehmen die um die Inflation angepasste Umsatzschwelle von eine Milliarde US-Dollar überschritten hat, längstens jedoch fünf Jahre.

Ausnahmen in speziellen Fällen

CEOs und CFOs deutscher Unternehmen, die als FPI den Sprung über den großen Teich wagen, sind nach dem Sarbanes-Oxley Act von 2002 verpflichtet, die Richtigkeit der veröffentlichten Finanzinformationen zu bestätigen. Zusätzlich müssen sie spätestens mit Veröffentlichung des zweiten Geschäftsberichts bei der SEC die Wirksamkeit ­ihres internen Kontrollsystems in Bezug auf die Rechnungslegung beurteilen. Doch auch diese ­Unternehmen profitieren von einer Erleichterung, wenn sie sich gleichzeitig als EGC qualifizieren: Die Wirksamkeitsprüfung des internen Kontrollsystems durch den Abschlussprüfer kann dann nämlich entfallen.

Gastbeitrag von KPMG-Partner Haiko Schmidt

05.01.2016 | 14:36

Artikel teilen: