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Fed-Entscheidung: Angst vor der Überraschung

Die Fed hat nichts geändert. Das Nichtstun als Programm, die Erwartung der Märkte als mittelbar wirkendes Instrument – falls die Fed-Chefin Janet Yellen wirklich nur ein Blatt ohne Trümpfe auf der Hande haben sollte, blufft sie gut. Die Aktienmärkte machen jedenfalls Freudensprünge, aber die Unsicherheiten bleiben. Diese Taktik wird also nicht lange vorhalten, und Yellen rettet sich, so scheint es, lieber ins Abwarten, bevor sie einen Fehler riskiert.

Die Bank of Japan war es, die als erste in dieser Woche für deutliche Kurssprüngen an Börsen in Asien und Europa sorgte, und nicht etwa die Fed. Grund ist ein deutlicher Strategiewechsel in der Geldpolitik. Bisher hatte japanische Notenbank vor allem versucht über den großzügigen Ankauf von japanischen Staatsanleihen die Wirtschaft anzukurbeln und so die Deflation zu bekämpfen. Zudem ist sie dem Modell der EZB gefolgt und verhängt Strafzinsen in Höhe von 0,1 Prozent für Banken, die ihr Geld bei der Notenbank parken wollen.

Allerdings zeigten die Maßnahmen kaum Wirkung, daher hatten die japanischen Banker ihre Maßnahmen auf den Prüfstand gestellt. Das Ergebnis ist zunächst einmal, dass der Einlagezins bei 0,1 Prozent belassen wird. Dies ist für die Anleger schon die erste gute Nachricht, da im Vorfeld bereits von einer weiteren Erhöhung die Rede war. Die eigentliche Kursänderung betrifft jedoch die Anleihenkäufe. Hier ist die Notenbank davon abgerückt, jährliche die feste Summe von 80 Billionen Yen auszugeben. Zwar werde man die Menge in etwa beibehalten, wie es heute heißt, allerdings verschafft sich die Bank so mehr Spielraum. Ziel soll es nun primär sein, die Zinsen für die Staatsanleihen mit zehnjähriger Laufzeit bei Null Prozent zu halten.

Damit reagieren die Währungshüter auf die Auswirkungen ihrer Strafzinspolitik, wonach auch die Zinsen für langfristige Anleihen beinahe auf das Niveau von drei- oder zehnjährigen Anleihen gefallen war. Diese sehr niedrige Zinskurve macht vor allem Banken und Versicherern zu schaffen, da die langfristigen Staatsanleihen für sie ein wichtiges Anlageinstrument sind. Wenn diese jedoch keine Rendite mehr bringen, haben die Banken auch weniger Spielraum für Kredite. Zudem kündigte Bank of Japan an, dass sie die lockere Geldpolitik so lange beibehalten wird, bis sich eine Inflation von zwei Prozent oder mehr eingestellt hat.

Robuste Konjunkturdaten aus den USA

Während die Japaner also heute mit ihrer Überraschung für Freude an den Börsen gesorgt haben, hoffen heute Abend die meisten, dass sie eben keine Überraschung zu hören bekommen. Denn nach dem europäischen Handelsschluss wird die Fed die Ergebnisse ihrer gestrigen Sitzung bekanntgeben. Erwartet wird, dass die Fed sich kurz vor der Präsidentenwahl zu keinen Experimenten hinreißen lässt und die bisherige Zinspolitik unangetastet lässt. Dafür sprechen auch Aussagen der Fed-Mitglieder im Vorfeld, die sich relativ vorsichtig gegenüber einer möglichen Zinsanhebung schon im September geäußert hatten.

Allerdings befindet sich die Notenbank in einer Zwickmühle. Denn es hätte durchaus gute Gründe für eine Zinsanhebung gegeben. So zeigten am Freitag veröffentlichte Daten, dass die amerikanische Inflation auf Jahresbasis im August bei 1,1 Prozent lag, was einer Steigerung von 0,3 Prozentpunkten gegenüber dem Juli-Wert entspricht. Betrachtet man nur die Kerninflation ohne Energie und Nahrungsmittel, dann lag die Teuerungsrate im August sogar bei 2,3 Prozent, was der Fed durchaus die Tür für eine minimale Zinsanhebung bereits auf dieser Sitzung öffnet, wie Carlo Alberto De Casa, Chief Analyst bei ActivTrades, in seinem Marktkommentar schreibt. Zudem steigen die Einkommen in den USA das erste Mal seit neun Jahren wieder an und auch die Armutsquote sinkt so deutlich wie seit 17 Jahren nicht.

Eigentlich wäre es also der perfekte Zeitpunkt gewesen, um die Zinsen wieder auf ein normales Niveau zu heben. Schließlich ist die lockere Geldpolitik für Krisenzeiten gedacht. Sollte sich der Zinssatz nicht auf einem weit höheren Maß einpendeln als derzeit, wären der Notenbank bei kommenden Krisen die Hände gebunden, da sie ihr wichtigstes Werkzeug, die Zinspolitik, schon bis zum Ende ausgereizt hätte.

Experten warnten vor Zinsanhebung

Das Problem ist jedoch, dass der Markt sich an das billige Geld gewöhnt hat und auf eine Erhöhung nicht vorbereitet wäre. Das Beispiel aus dem Jahr 1994 zeigt, dass ein solcher Zinsschock die Märkte wieder durcheinander wirbelnd würde. Damals wurden die Märkte von der Zinserhöhung überrumpelt und brachen ein. Derzeit ist eine ähnliche Haltung festzustellen. Bei den Währungen schwankt der Euro aufgrund der Wartehaltung der Marktteilnehmer seit Wochen um die 1,12 Dollar-Marke, wobei die relativ festen US-Inflationsdaten vom Freitag den Euro gegenüber dem Dollar bis auf 1,1155 drückten.

Barclays und BNP Paribas gehören zu den sogenannten Primärhändlern, also Banken, die direkt mit der Fed Geldgeschäfte abwickeln und daher eine gewisses Gespür für die Politik der Notenbank haben. Und beide Geldhäuser warnten vor einer Erhöhung durch die Fed. „Wir sind nicht verrückt, es ist das erste Mal, dass wir uns so vehement gegen die Mehrheitsmeinung stellen“, sagt Barclays-Ökonom Rob Martin gegenüber Bloomberg. Und obwohl es am Ende keine Erhöhung wurde, haben die Analysten der beiden Häuser dennoch Recht behalten. Yellen machte deutlich, dass die Erhöhung kurz bevor steht. Robin Schenkewitz

21.09.2016 | 16:16

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