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Kippt Alibaba-Gründer Jack Ma die Pressefreiheit?

Alibaba-Chef Jack Ma eifert seinem amerikanischen Vorbild Jeff Bezos nach. Genau wie der Amazon-CEO kaufte der chinesische Unternehmer kürzlich eine Traditionszeitung auf, die South China Morning Post, SCMP. Die Einflussnahme von E-Commerce-Unternehmen in der Medienbranche ist beachtlich, aber auch bedrohlich. Auch an der Börse zeigt sie ihre Auswirkungen. Kippt nun in Hong Kong die Pressefreiheit? An der Börse zeigt sich, dass die Anleger negative Auswirkungen fürchten.

Seit der Jahrtausendwende kämpft die Medienbranche mit schwindenden Auflagen, Verkäufen und Umsätzen. Das Internet ist die eigentlich fruchtbare Wurzel des Übels. Viele Verlagshäuser haben es zunächst ignoriert, dann versucht es zu bekämpfen und heute endlich verstanden, dass die digitale Welt die Zukunft mit reichen Optionen ist. Digitale Zeitungsangebote haben bei Personen unter 50 Jahren inzwischen eine deutlich größere Reichweite als Printangebote. Dennoch fehlt bei vielen Zeitungshäusern der entscheidende Schritt zur Monetarisierung digitaler Inhalte. So macht in den USA Online-Werbung nur weniger als 20 Prozent der gesamten Werbeumsätze in Medien aus. Die Mehrheit wird noch im Print verdient.

Ein spannender Trend hat sich in den letzten Jahren weiterentwickelt. Es ist nicht nur so, dass klassisches Corporate Publishing, also von Unternehmen produzierte Medien, an Quantität, Qualität und Bedeutung gewonnen haben. Spätestens seit Jeff Bezos 2013 die Washington Post übernahm, sind Unternehmen auf die Idee gekommen bestehende  Zeitungen aufzukaufen. Gerade die E-Commerce-Branche hat ihre Finger neuerdings tief in der Druckertinte. Daraus könnte sich eine einmalige Gelegenheit für Medien überall ergeben. Denn wer wüsste besser wie es funktioniert im Internet Geld zu verdienen als Onlinehandels-Firmen wie Amazon oder Alibaba?

Sorgen um Unabhängigkeit der Presse in Hong Kong

In dieser Woche kaufte Alibaba-Gründer Jack Ma eine Zeitung. Die Hongkonger Traditionszeitung „South China Morning Post“ (SCMP). Allerdings nicht einfach so am Kiosk. Er kaufte gleich die ganze Redaktion und alle Rechte mit: für umgerechnet 242 Millionen Euro. Damit übernimmt ein fast 100 Jahre jüngeres Internetunternehmen eine südchinesische Print-Ikone. Die Zeitung galt bisher als kritische Stimme und „Fenster nach China“. In dem Rahmen, in dem politische Unabhängigkeit in China für Medien umsetzbar ist, bewegte sich die Tageszeitung elegant und machte sich damit bei ihren Lesern beliebt.

Um genau diese Unabhängigkeit fürchten viele Beobachter nach der Übernahme durch Jack Ma. Denn selbst wenn von Seiten der Zeitung beteuert wird, dass sich an der Art und Qualität der Berichterstattung nichts ändern wird, kann man das Eigeninteresse des reichsten Mannes Asiens nicht abschreiben. Im Internet - dem natürlichen Lebensraum von Alibaba - findet man massenweise Kritik, Beschwerden und schlechte Presse zur chinesischen Handelsplattform. Wenn Alibaba nun aktiv ein einflussreiches Medium manipulieren kann, ist das für den E-Commerce-Konzern Gold wert. Für Presseschützer ist es hingegen ein im Trend liegendes Schreckensszenario. Denn Alibaba stehe unter starkem Einfluss der Kommunistischen Partei, betonen Chinaexperten immer wieder.

Die Mahnungen und Warnungen der Medienbeschützer sind dieselben wie zuletzt bei der Übernahme der Washington Post durch Amazon-Chef Jeff Bezos. Beim Durchblättern der Washington Post Artikel über Amazon in den letzten Monaten wird doch ein sehr positives mit auffällig vielen Artikeln gezeichnet. Kritische Medien sollten jedoch in unabhängigen Redaktionen gestaltet werden, nicht in Presseabteilungen von Großkonzernen. Genau das verspricht Alibaba auch beizubehalten. Allein die Glaubwürdigkeit fehlt. Die Ankündigungen vom neuen Medienteam von Jack Ma hören sich in unseren europäisch-pressefreiheitlichen Ohren bereits nach Zensur an. Von nun an solle die Morning Post fair über China berichten, heißt es in der ersten Pressemitteilung.

Schwaches Börsenjahr

Für die Ohren der Anleger war die Übernahme der SCMP kaum eine bedeutende, auf jeden Fall aber keine herausragend gute Nachricht. Am Tag der Veröffentlichung des Deals verlor der Aktienkurs fast sechs Prozent. Wirklich gut war das Jahr 2015 für Alibaba an der Börse sowieso nicht. Im September 2014 ging Alibaba als größter Börsengang der New Yorker Börse in die Geschichte ein. Aktuell steht das Baba-Wertpapier mit rund 83 US-Dollar (76 Euro) sogar unter dem Schlusswert des ersten Handelstages im Herbst letzten Jahres. Die Aktie hat seitdem eine Berg- und Talfahrt hinter sich. Das Internetunternehmen zeigt sich auf dem Börsenparkett branchentypisch hochgradig volatil.

Operativ läuft es beim chinesischen Superunternehmen hingegen gut: Anders als so manche Online-Firma ist Alibaba sehr profitabel. Im dritten Quartal verzeichnete das Unternehmen mit Sitz im ostchinesischen Hangzhou einen Nettogewinn von 3,27 Milliarden Euro. Analysten loben auch den erfolgreichen Wandel zu mehr mobilen Services. Alibaba hat sich angepasst und scheint entscheidende Trends rechtzeitig zu erkennen. Zudem ist das Marktpotenzial im Schwellenland China immer noch beachtlich.

Fazit

Der Einfluss von E-Commerce-Firmen auf traditionelle Medien bringt kommerziell für beide Seiten viele Möglichkeiten mit sich. Journalistisch betrachtet, kann er sehr schädlich sein. Für das chinesische Milliardenunternehmen Alibaba ist der Kauf der South China Morning Post eine finanzielle Petitesse. Trotz faszinierender Geschäftszahlen befindet sich der Baba-Aktienkurs seit Anbeginn des Handels im Achterbahn-Modus. Konservative Anleger haben am chinesischen Internetunternehmen wohl kaum ihren Spaß. WCW

18.12.2015 | 12:56

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