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Schlieker über die Deutsche Bank: Silberstreif am Horizont

Im dritten Quartal des Jahres ist der größten deutschen Bank Unerwartetes widerfahren: Man hat vor Steuern 619 Millionen Euro verdient, was von der Summe her allerdings den Effekt eines Wassertropfens auf einer gut heißen Herdplatte ausmacht. Deshalb reagierte auch der Aktienkurs kaum, schließlich lauern im Hintergrund genügend Risiken, die ein Vielfaches dieser Millionen verschlingen könnten.

Von Reinhard Schlieker

Die Erwartungen der fachkundigen Analysten hatten für die Deutsche Bank einen Quartalsverlust von rund 600 Millionen Euro ins Kalkül gezogen, somit liegen zwischen dieser Schätzung und der Realität, wie sie Buchhalter sehen, immerhin schon runde 1,2 Milliarden. Man muss der Bank auch zugutehalten, dass sie immerhin die Mittel hat, abermals Etliches zur Seite zu legen: Zu den bereits geschaffenen Vorsorge-Rückstellungen kamen nun noch einmal 400 Millionen Euro, damit befinden sich 5,9 Milliarden Euro in der Kriegsabwehrkasse. Das geht zulasten der Kapitalausstattung der Bank.

Zur Erschütterung der Aktionäre sind viele Milliarden aus der letzten Kapitalerhöhung bereits verbraucht. Ein weiteres Mal werden die Anteileigner wohl zur Kasse gebeten, und das keineswegs, um dort etwas abheben zu können. Schließlich verhandelt die Bank derzeit in den USA über eine Strafzahlung von bis zu 14 Milliarden Dollar mit dem US-Justizministerium. Hintergrund sind noch immer die berüchtigten Hypothekenpapiere aus der der letzten Finanzkrise, mit denen die „Deutsche“ unlauter gehandelt und Kunden getäuscht haben soll. Nur zur Einordnung: Das gesamte Bankhaus wird an der Börse zur Zeit mit 18 Milliarden Euro bewertet.

Der Aufsichtsrat der Deutschen Bank tagt zur Zeit fast in Permanenz: Erneut stehen die Sanierungspläne auf dem Prüfindex. Da gibt es viel zu bereden: Wie fängt man die unüberschaubaren Rechtsrisiken ein für allemal ein? Immerhin sind tausende Mitarbeiter des Hauses allein mit Prüfung und Reparatur des rechtlich einwandfreien Verhaltens im Konzern beschäftigt. Die dauerhaft unbeliebte Erwerbung aus dem Jahre 2010, die Postbank, wird auf die eine oder andere Weise ihren Charakter verändern müssen – jüngst ist wieder davon die Rede, das Institut vollständig in der Deutschen Bank aufgehen zu lassen, nachdem mehrere Verkaufspläne aufgelegt und wieder eingestampft wurden. Die Beschäftigten der Tochter sitzen seit Jahren zwischen allen Stühlen, was Motivation und Planbarkeit nicht gerade verbessern dürfte.

Vorstands-Chef John Cryan, der vermutlich zur Zeit den unerfreulichsten Topjob in Deutschland sein eigen nennt, muss an viele Stämme des Hauses die sprichwörtliche Axt anlegen. Die Aktionäre um Geld zu bitten, statt Dividende zu zahlen, wird ihn nicht erbaut haben. Die Dauerkritik an den hohen Bonuszahlungen in der Investmentsparte, also dem Kapitalmarktgeschäft der Bank, machten seit jeher nur die Empfänger so richtig sinnlich. Da flossen Abermillionen an Bargeld ab, das anderswo vermisst wurde, zumal aus dem Investmentbanking, dem Wertpapiergeschäft und da vor allem dem Handel mit trickreichen Finanzinstrumenten (Derivaten) zahllose Risiken entstanden.

Das Vorstandsmitglied für Regulierung und Compliance, Sylvie Matherat, hat alle Hände voll zu tun, ihre hauseigenen Anwälte und Wirtschaftsrechtler zwischen den Aufsichtsbehörden und Strafverfolgern hin- und herzudirigieren. Am Ende wird vom Erfolg dieser Sparte, die kein eigenes Geld verdient, wohl aber dessen Abfluss verhindern kann, die Finanzkraft der Bank abhängen. Das ist bemerkenswert, und spätestens vor diesem Hintergrund sind 619 Millionen Vorsteuergewinn im abgelaufenen Quartal vor allem eines: sehr relativ.

04.11.2016 | 16:46

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