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Das teuerste Gemälde der Welt

Paul Gauguins „Nafea“ ist für 300 Mio. US-Dollar nach Katar verkauft worden. Es ist damit das teuerste Gemälde der Welt und demonstriert: Der Kunstmarkt boomt.

Ein Gemälde von Paul Gauguin ist für die angebliche Rekordsumme von 300 Mio. US-Dollar nach Katar verkauft worden. Das Bild aus dem Jahr 1892 zeigt zwei ­Tahitianerinnen und trägt den Titel „Nafea faa ipoipo“ (Wann wirst du heiraten?). Es ist fortan das teuerste Gemälde der Welt – und zwar ohne die Beteiligung der großen Auktionshäuser. Die „New York Times“ machte den spektakulären Verkauf bekannt und löste in der Kunstwelt ein Erdbeben aus. Das Bild befand sich bislang im Besitz der Rudolf Staechelin Familienstiftung, einer privaten Schweizer Kunstsammlung. Staechelin, ein früherer Angestellter bei Sotheby’s, bestätigte den Verkauf gegenüber mehreren Medien. Zu sehen ist das Bild noch einige Zeit in der großen Gauguin-Ausstellung in der Fondation Beyeler im Schweizerischen Riehen bei Basel.

Zu der Sammlung Staechelin gehört eine Reihe weiterer Gemälde, die seit mehreren Jahrzehnten als Leihgabe im Kunstmuseum Basel hingen, bevor dieses wegen Umbauarbeiten schloss. Wie die „New York Times“ berichtete, hatte Rudolf Staechelin erst kürzlich den Leihvertrag mit dem Kunstmuseum Basel gekündigt. Für Basel ist der Verkauf ein schwerer Rückschlag in den Ambitionen der Stadt, sich als internationale Kunstmetropole zu profilieren. Nach Angaben der „New York Times“ ist Gauguins Bild von einem Interessenten aus Katar erworben worden. Das Emirat gilt derzeit als einer der wichtigsten Käufer für moderne Kunst und investiert Milliarden in diese; auch Cézannes Gemälde „Die Kartenspieler“, dessen Verkaufspreis bei 250 Mio. US-Dollar gelegen haben soll, waren, wie kolportiert wurde, von der Herrscherfamilie Katars erworben worden.

Sammlung gehört zur Familiengeschichte

Über die Gründe des Verkaufs sagte Rudolf Staechelin gegenüber der „New York Times“: „Wir haben ein gutes Angebot bekommen. Der Markt ist im Moment sehr gut. Wer weiß, was in zehn Jahren sein wird?“ Die von seinem Großvater aufgebaute Kunstsammlung sei für ihn „Familiengeschichte“, er habe sie aber gleichermaßen immer als „eine Investition und eine Sicherheit“ betrachtet.

Der spektakuläre Gauguin-Deal gilt als weiteres Indiz für den anhaltenden Boom am globalen Kunstmarkt. Die Niedrigzinsen führen dazu, dass immer neue Anleger – schon unter Anlagegesichtspunkten – auf den Markt drängen. Die beiden weltweit größten Auktionshäuser, Christie’s und Sotheby’s, meldeten zum Jahresauftakt Umsätze, „wie es sie weder in der Firmengeschichte noch in der Historie des Kunstmarkts je gegeben hatte“, vermeldete die FAZ mit Staunen. Der Markt werde von Arabern, aber auch von einer starken Nachfrage aus China getrieben, berichten die Kunsthändler.

Christie’s gab bekannt, der Umsatz habe 2014 um 12 % im Vergleich zum Vorjahr zugelegt und 5,1 Mrd. Pfund (6,65 Mrd. Euro) erreicht. Vor allem bei den besonders teuren Angeboten habe es erhebliche Zuwächse gegeben, teilte der Weltmarktführer in London mit. Allein die beiden Andy-Warhol-Bilder „Triple Elvis“ und „Four Marlons“, die der deutsche Casino-Betreiber Westspiel abstieß, brachte Christie’s im ­November in New York für 151 Mio. US-Dollar (rund 130 Mio. Euro) an den Mann. Mit Auktionen setzte Christie’s 6,4 Mrd. US-Dollar um. Christie’s größter Konkurrent, das Auktionshaus Sotheby’s mit Sitz in New York, meldet für 2014 einen reinen Auktionsumsatz, der um 18 % auf 6 Mrd. US-Dollar gestiegen sei. Auch Sotheby’s habe damit ein Rekordjahr erlebt.

„Wir haben den höchsten Stand an Auktionsverkäufen der Firmengeschichte erreicht, wir haben in mehr als einem Drittel der Verkaufskategorien Rekorde gebrochen und ein dramatisches Wachstum in der Online-Beteiligung erlebt“, sagte Sotheby’s-Chef Bill Ruprecht in einem Statement. Teuerstes Einzelstück bei Sotheby’s war Albert Giacomettis „Chariot“, das für 101 Mio. US-Dollar den Besitzer wechselte.

Nach dem Rekordergebnis zieht allerdings Gauguin als neuer Superstar besondere Aufmerksamkeit auf sich. Auch andere Werke von ihm steigen nunmehr stark im Wert. Gauguin wurde am 7. Juni 1848 in Paris als Sohn des französischen Journalisten Cloves Gauguin und der Spanierin Aline Tristan (die Mutter entstammte dem Geschlecht der Borgia von Aragon, aus der mehrere Vizekönige von Peru hervorgingen) geboren. Der Vierjährige fuhr mit seiner Mutter für drei Jahre nach Peru zu Verwandten, der Vater starb auf der Überfahrt. Anschließend lebte Gauguin ein Jahrzehnt in Orléans, ging zur Marine und war von 1871 bis 1883 Bankbeamter in Paris. Da er pünktlich und gewissenhaft war, avancierte er rasch, heiratete 1873 eine hübsche Dänin (Mette Gad), mit ihr hatte er fünf Kinder und lebte jahrelang das sorglose Leben eines höheren Bankangestellten. Er sammelte Bilder der Impressionisten und von Cézanne, begann 1875 als Dilettant zu malen, näherte sich Pissarro, der ihn anleitete, und stellte 1876 im „Salon“ zum ersten Mal aus.

Sehnsucht nach dem einfachen Leben

Gauguin gab seinen Beruf auf, reiste, trennte sich in Kopenhagen von seiner Frau und seinen Kindern und ging 1886 als Aussteiger aufs Land, in die Bretagne. Dann besuchte er auf dringendes Bitten van Gogh in Arles, verließ ihn aber, als er unter Mordverdacht verhaftet werden sollte, nachdem man van Gogh blutend aufgefunden hatte. In Pont Aven in der Bretagne lebte er mit den Dichtern des Symbolismus zusammen und mit den Malern, die sich gegen den Impressionismus erklärt hatten; mit ihnen stellt er in Paris aus und malt auch dort. Zusehends entwickelte er, was sein Markenzeichen werden sollte – den Gebrauch kühner, unrealistischer Farben, großer gleichfarbiger Flächen und die Hinwendung zu mystischen Themen. Er wanderte schließlich, von Fernweh und von der Sehnsucht nach einem einfachen, unkomplizierten Leben übermannt, nach Panama aus, dann nach Martinique und kehrte –
aus Geldnot – wieder zurück nach Paris.

Der Erlös aus einer Versteigerung seiner Bilder im Jahr 1891 gab ihm die Möglichkeit, seinem Traum von einem paradiesischen Leben in der Südsee nachzujagen. Auf Tahiti fand der zivilisationsmüde Maler Frieden und malte das nunmehr teuerste Bild der Welt. Auf den Südsee-Inseln, wo er sich schließlich niederließ, setzte er sich für die Eingeborenen ein und lebte in Hütten. Zweimal war ihm ein 14-jähriges Mädchen zugleich Lebensgefährtin und Modell, zweimal wurde er noch Vater. Gauguin verteidigte politisch die Interessen der Eingeborenen und legte sich mehrfach mit den Behörden an. Dafür erhielt er eine Gefängnisstrafe von drei Monaten. Am 8. Mai 1903 starb er nach einer schmerzhaften Krankheit. Sein Grab findet man auf der polynesischen Marquesas-Insel Hiva Oa.

Zu Jahresbeginn hielt der Boom am globalen Kunstmarkt an. Die Aukionshäuser Christie’s und Sotheby’s melden Umsätze, die alle bislang bekannten Rekorde toppen.

21.03.2015 | 18:07

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