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Die Deutschland-Hasser regieren

Aristoteles schrieb in seiner „Eudemischen Ethik“ vor 2350 Jahren, dass die Extreme sich häufiger berühren als man ahnt. „Die Mitte ist den Enden entgegen gesetzter als jene einander“, erkannte der große Philosoph - als habe er die neue Regierung Griechenlands im Jahre 2015 erahnt. Denn das Wahlergebnis in Athen hat linke und rechte Extreme nicht nur gewinnen lassen - sie bilden nun sogar eine vogelwilde Koalition.

Die linke Szene in ganz Europa hatte nur eine halbe Nacht Freude an dem Wahlergebnis, denn nun - da ausgerechnet rüde Rechts-Populisten mitregieren - ist klar, dass es keinen Linksruck gegeben hat sondern einen Nationalisten-Ruck. Der Linksextreme Alexis Tsipras und der Rechtsextreme Panos Kammenos bilden fortan das schrägste Regierungspaar Europas. Es ist als ob Rumpelstielzchen sich mit dem bösen Wolf zusammen getan hätte.

Alleine die Tatsache, dass gerade diese beiden koalieren, verrät ihre düstere Absicht. Tsipras hätte bequem eine klassische Linkskoalition bilden können. Doch ohne vorher mit der sozialistischen Partei Pasok oder der neuen pro-europäischen Partei Potami gesprochen zu haben, warf sich Tsipras in einer nächtlichen Blitzaktion den aggressiven Rechtspopulisten an den Hals. Es ist der Kampf gegen das angebliche „Spardiktat“, gegen Deutschland und Europa, das beide eint.

Die politische Klasse in Berlin beunruhigt vor allem der Deutschland-Hass, den beide Demagogen seit Monaten geschürt haben. Tsipras bezichtigt Merkel und Schäuble, "Südeuropa zu einer Sonderwirtschaftszone und Niedriglohn-Kolonie" machen zu wollen: "Frau Merkel und Herr Schäuble haben einen strategischen Plan, der Germanisierung Europas und Kolonialisierung Südeuropas genannt wird.“ Er hat sprachlich aufgerüstet und unerträgliche Vokabeln eingeführt wie "fiskalisches Waterboarding", das in einen "sozialen Holocaust" führt.

Alle, die glaubten, Tsipras werde sich nach dem Urnengang wohl besinnen und wieder abrüsten, sind durch die Wahl seines Koalitionspartner eines schlechteren belehrt. Denn Panos Kammenos hasst Deutschland noch mehr als Tsipras. Seine Analyse der Lage ist nicht nur ressentiment-geladen, sie ist kriegerisch: "Wir haben sie im Krieg geschlagen. Wir werden sie auch in dem Vierten Reich wieder schlagen, das sie durchzusetzen versuchen.“ Kammenos hat im Wahlkampf verkündet: "Griechenland ist ein besetztes Land und erhält seine Befehle von Angela Merkel.“ Daher müsse Griechenland "befreit" werden - und keine Schulden zurückzahlen.

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Kammenos ist 49 Jahre alt und ein eifernder Nationalist. Er liebt alles, was Linke hassen. So ist Kammenos offen ausländerfeindlich, will Migranten massenhaft ausweisen und behauptete im Dezember in einem TV-Interview, dass die Juden in Griechenland keine Steuern zahlen würden. Das Zentralkommitee der jüdischen Gemeinde verurteilte seine Aussagen als „ernsten anti-semitischen Akt”.

Der Vater von fünf Kindern studierte Wirtschaft und Psychologie an der Universität in Lyon und ist ein reiner Berufspolitiker geworden. Bereits 1993 übernahm er sein erstes Abgeordnetenmandat für die Konservativen und blieb seither Parlamentarier. Anfang 2012 gründete er seine eigene Partei „Unabhängige Griechen“, und er gründete sie an einem besonderen Ort, um aller Welt zu zeigen, gegen wen seine Partei gerichtet ist: in Distomo.

Das ist jenes Dorf, in dem 1944 von der deutschen Waffen-SS ein Massaker verübt worden war - 218 Dorfeinwohner wurden dabei brutal massakriert. Unter den Opfern befanden sich alte Menschen, Frauen, 34 Kinder im Alter von einem bis zehn Jahren und vier Säuglinge im Alter von zwei bis sechs Monaten. Das Dorf wurde niedergebrannt.

Distomo ist der griechische Inbegriff für deutsche Schuld. Und für offene Forderungen an Deutschland. Auf die Klage von Kindern der Opfer von Distomo wurde die Bundesrepublik Deutschland in einem griechischem Gerichtsurteil zur Zahlung von 37,5 Millionen Euro verurteilt. Bis heute hat Deutschland diese Wiedergutmachungszahlung politisch verhindert.

Kammenos Partei ist durch diesen Gründungsort die perfekte Anti-Deutschlandpartei. Er appelliert an antideutsche Ressentiments: „Wir sind nicht ängstlich oder in Panik. Der Terrorismus kommt ausschließlich von Herrn Samaras, Frau Merkel und Herrn Schäuble.“ Im September hetzte er: „In diesem Krieg behaupten sie, wir hätten keine Verluste, aber 6000 Griechen, die Selbstmord begingen, sind Opfer. Und die zwei Millionen Arbeitslosen und drei Millionen ohne Versicherung sind die Opfer vom neuen Reich von Deutschland.”

Kammenos fordert von Deutschland Reparationszahlungen aus dem Zweiten Weltkrieg, insbesondere für eine durch Nazi-Deutschland aufgezwungene Zwangsanleihe der griechischen Nationalbank. Auch im Syriza-Programm heißt es, die Frage des erzwungenen Kredits sei "für uns offen. Unsere Partner wissen das." Kammenos beziffert die Verbindlichkeiten aus der NS-Zeit auf 162 Milliarden Euro plus Zinsen.

Zwischen den Rechts- und den Linkspopulisten gibt es ansonsten kaum politische Schnittmengen. Ihre Regierung ist im wesentlichen auf Hass gegenüber Deutschland, der EU und der „Sparpolitik“ gebaut. Und der ist offenbar so groß, dass sich sogar hart-links und hart-rechts in Griechenland vereinen. Wie meinte schon Aristoteles: „Zur Wahrscheinlichkeit gehört auch, dass das Unwahrscheinliche eintreten kann!“  (MR)

28.01.2015 | 15:34

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