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Durststrecke für BASF

BASF wird auf dem falschen Fuß erwischt: Der Chemiekonzern korrigiert nach enttäuschenden Zahlen seine Gewinnprognose. Warum die Strategie der ruhigen Hand von Vorstandschef Bock dennoch richtig ist. Eine Analyse.

Der Chemieriese BASF verliert offenbar zusehends an Fahrt. Nach eher enttäuschenden Zahlen zum dritten Quartal musste Firmenchef Kurt Bock jetzt die Prognose für das Gesamtjahr nach unten revidieren. Anstatt stabiler operativer Erträge zeichnet sich nun ein leichter Rückgang des Betriebsgewinns vor Sondereinflüssen ab.

Gemessen am Gesamtbild halten sich die Schwierigkeiten des Chemiekonzerns nach wie vor in Grenzen. Alles in allem verdient er nach wie vor solide auf hohem Niveau. Aber es bestätigt sich, dass die Luft für Gewinnsteigerungen dünner geworden ist, zu dünn, wie sich zeigt. Die Aktionäre müssen sich auf eine Durststrecke einstellen.

Der Verfall der Ölpreise ist dabei keineswegs die alleinige Ursache. Zunichte gemacht wurde die bisherige Prognose auch von einem schwächeren Agrogeschäft und wachsenden Ertragsdruck auf den Schwellenmärkten in Südamerika und Asien. Das zeigt zum Beispiel ein 60-prozentiger Ertragsrückgang in der Region Asien im dritten Quartal. Insbesondere das Chinageschäft entwickelt sich offenbar deutlich schwächer als ursprünglich erwartet.

Investitionen auf Rekordniveau

Der Chemieriese wird von dieser Entwicklung im Prinzip auf dem falschen Fuß erwischt. Denn er ist gerade dabei, seine Kapazitäten mit einigen Großprojekten auszubauen. Die Investitionsausgaben bewegten sich zuletzt auf Rekordniveau. So gesehen erlebt die BASF in abgeschwächter Form das, was Chemiekonzerne wie Lanxess, Evonik oder Covestro (die frühere Bayer Material Science) schon hinter sich haben.

Firmenchef Kurt Bock steuert durch diese Phase offenbar nach der Devise „In der Ruhe liegt die Kraft“. Gemessen an den Umbauplänen bei einigen Konkurrenten – Dupont und Dow etwa diskutieren über Abspaltung großer Teilbereiche, Lanxess leitete den Rückzug aus dem bisherigen Hauptgeschäft ein – wirken die Gegenmaßnahmen des Branchenführers eher homöopathisch. Bock hat einige kleinere Teilsegmente mit wenigen Hundert Millionen Euro Umsatz verkauft. Die etwas größere Pigmentsparte wird in eine selbständige Einheit ausgelagert. Ob man sie verkauft, ist aber offenbar noch keineswegs sicher. Hinzu kommt ein neues Effizienzprogramm. Aber solche Programme gehören bei BASF längst zur Routine.


Boch liegt trotzdem richtig

Im Prinzip ist die Strategie der ruhigen Hand für BASF wohl auch das vernünftigste, was man machen kann. Denn mit seiner Größe und Struktur ist der Ludwigshafener Konzern letztlich ein schwerfälliger Tanker, der sich nicht mal eben so in die eine oder andere Richtung umlenken lässt. Seit Jahrzehnten setzt er bewusst auf eine durchintegrierte Struktur, das heißt auf die Produktion von Chemieprodukten über diverse Veredlungsstufen hinweg. Dieses Verbundsystem lässt sich ohne Schaden nicht auseinander reißen. Langfristig hat es den BASF-Aktionären sehr solide Renditen beschert.

Gleichzeitig lassen sich auch nicht so leicht neue Bauteile durch Akquisitionen andocken. Die Möglichkeiten für BASF, sich durch Zukäufe vernünftig zu erweitern, sind insofern begrenzt. Das zeigt nicht zuletzt auch die insgesamt eher durchwachsene Performance der Akquisitionen in den 2000er Jahren. Die Schweizer Ciba etwa dürfte bis heute keine vernünftige Rendite abwerfen.

Bock hat insofern gute Gründe, eher auf organisches Wachstum zu setzen und mit Akquisitionen vorsichtig zu bleiben – zumal die Bewertungen für Chemiefirmen seither weiter gestiegen sind. Einfache Auswege aus der Wachstumsflaute sind für den Branchenführer der Chemie nicht in Sicht.

Handelsblatt/Siegfried Hofmann

27.10.2015 | 18:06

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