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Deutsche Bank warnt vor Brexit

Eigentlich hatte sich die Deutsche Bank gerade einen Maulkorb in Sachen Brexit verpasst. In einem Interview mit der äußert jetzt aber Co-Chef John Cryan seine Bedenken zu einem möglichen EU-Austritt Großbritanniens.

Der Co-Chef der Deutsche Bank John Cryan hat öffentlich vor den Folgen eines EU-Austritts Großbritannien („Brexit“) gewarnt. London werde seine starke Position als wichtiger Finanzstandort, insbesondere für den Handel mit europäischen Staatsanleihen und Währungen, verlieren, sagte Cyran der „Financial Times“. Es wäre seltsam, europäische Staatsanleihen und Währung in einem Nicht-EU-Land zu handeln. Er erinnerte aber daran, dass man dort präsent sein müsse, wo die Investoren seien.

Die Aussagen des Chefs von Deutschlands größter Bank sind eine der jüngsten und wichtigsten Warnung vor dem EU-Referendum am 23. Juni in Großbritannien. Der Chef der US-Großbank Morgan Stanley, James Gorman, hatte im Interview mit dem Handelsblatt zuletzt keinerlei Zurückhaltung mit Bezug auf den „Brexit“ geübt. „Als Unternehmen sprechen wir uns dafür aus, dass Großbritannien in der EU bleibt, was unserer Ansicht nach gut für das Land und gut für Europa wäre“, sagte er. „Wenn ich den Briten ein wenig schmeicheln darf, dann würde ich sagen, dass sie im Laufe der Geschichte ein ungewöhnliches Maß an gesundem Menschenverstand bewiesen haben. Und ich hoffe, dass sie das auch dieses Mal beweisen werden.“

Auf die Frage, wohin die Deutsche Bank ihre Londoner Aktivitäten mit mehr als 12.000 Mitarbeitern im Falle eines Brexits verlagern könnte, sagte Cryan in dem Interview: „Für uns würde es, wenn überhaupt, Frankfurt werden.“ Cryan erläuterte erstmals auch die klare Position der Bank zum Referendum: „Aus unserer Sicht schauen die Menschen zu wenig auf die andere Seite der Medaille und fragten sich, was ein Brexit für Europa bedeuten würde. Denn es würde alles andere als gut werden.“

Die klare Positionierung der Bank und die Aussagen des Chefs kommen nur wenige Tage nach Berichten über einen offiziellen Maulkorbs des Geldhauses. In der heißen Phase vor der britischen Abstimmung über einen Austritt des Landes aus der Europäischen Union will die Bank nach Recherchen der WirtschaftsWoche „proaktiv“ keine Analysen mehr zum Thema veröffentlichen. Vom 15. April bis zum Wahltag sollen von der Deutschen Bank nichts mehr kommen, was die Öffentlichkeit in irgendeiner Weise bei ihrer Wahlentscheidung beeinflussen könnte. Ein Grund: Die Vorgaben einer britischen Wahlkommission sind diskussionswürdig und werden unterschiedlich ausgelegt.

Die Deutsche Bank hatte bereits im vergangenen Jahr eine Arbeitsgruppe gestartet, die verschiedene Szenarien für den Falle eines Brexits entwickelte. Dabei wurde auch die Frage gestellt, ob die Aktivitäten der Bank in Großbritannien in die Eurozone, vor allem in die Frankfurter Zentrale, verlagert werden könnten. In einem Brief an die Mitarbeiter schrieb Cryan zuletzt: „Aber was auch immer das Ergebnis sein wird, wir werden gut darauf vorbereitet sein und reagieren können.“ Handelsblatt / Julian Trauthig

15.04.2016 | 09:59

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