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Wann platzt die Immobilienblase?

Der deutsche Immobilienmarkt boomt. Die Preise steigen in allen Lagen, die Transaktionsvolumen erreichen Rekordwerte, Makler verbreiten beste Laune. Doch die Zeichen mehren sich, dass die Party bald zu Ende geht.

Mieten und Immobilienpreise in Deutschlands Großstädten erreichen monatlich neue Rekordwerte. Wie lange hält der Boom auf dem deutschen Immobilienmarkt noch an? Private Kapitalanleger fragen sich vor dem Hintergrund der stark gestiegenen Preise in den Metropolen, ob sie ihr Geld jetzt noch in Immobilien investieren sollen oder ob ein Rückschlag droht. Selbst die Bundesbank und das Bundes­finanzministerium warnen vor einer Immobilienblase.­ Die Preisentwicklung gebe „Anlass zur Besorgnis“. Die dauerhaft niedrigen Zinsen hätten viele Anleger auf den Immobilienmarkt gelockt und die Preise zu stark steigen lassen. Bundesbank-Vizepräsidentin Claudia Buch warnt potenzielle Käufer sogar offiziell vor Schnellschüssen. In manchen Großstadt­lagen seien Wohnimmobilien um 20 % bis 25 % überbewertet, so Buch. Aus gesamtwirtschaftlicher Sicht sei der Preisanstieg zwar noch nicht gefährlich, weil der Erwerb meist nur in geringem Umfang mit Krediten finanziert sei. „Wir sehen hierzulande bisher keine Anzeichen für eine sich selbst verstärkende Spirale aus steigenden Preisen und einer höheren Verschuldung“, sagte die Bundesbank-Vizepräsidentin. Das Volumen der Immobilienkredite nehme nur moderat zu.

Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble sieht in Deutschland angesichts der ultralockeren Geldpolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) die Gefahr von Immobilien-Preisblasen. Er nehme die diesbezüglichen Warnungen von Ökonomen sehr ernst: „Auf Dauer ist das Maß an Liquidität zu groß und das Zinsniveau zu niedrig.“ Auch der Wirtschaftsweise Volker Wieland warnt, dass die Niedrigzinspolitik der Europäischen Zentralbank zu gefährlichen Übertreibungen bei den Preisen für Wohneigentum führen.

Schäuble und Wieland sind nicht die Einzigen, die den Immobilienmarkt kritisch beobachten: Fast 60 % einer von „Manager Magazin“ und der Münchener V-Bank befragten Experten und Vermögensverwaltern attestierten großstädtischen Lagen – etwa in Hamburg, München, Frankfurt und Stuttgart – bereits eine Überhitzung des Marktes in Form einer Preisblase. Viele der Befragten wiesen allerdings auch darauf hin, dass deutsche Preise im internationalen Vergleich immer noch moderat erscheinen.

Hinweise auf Preisüberhitzung

Steigt der Immobilienpreis im Verhältnis zur Miete deutlich stärker, gibt dies einen Hinweis auf eine mögliche Blasenbildung. Die Analysten des Online-Portals Immobilienscout 24 ermittelten, in welchen Städten eine besondere Marktüberhitzung erfolgt. Dabei wurde gemessen, um wie viel Prozent mehr der Kaufpreis seit 2007 gestiegen ist als die Mieten. Spitzenreiter einer drohenden Preisüberhitzung sind laut Studie die Städte Regensburg (plus 39 %), München (plus 37 %) und Freiburg im Breisgau mit einem Preisplus von 32 % gegenüber dem Mietwachstum.

Während in den Ballungszentren Süddeutschlands inzwischen manche Makler munkeln, man habe Verhältnisse wie einst auf dem spanischen Immobilienmarkt vor dem Crash, halten andere den Markt für stabil und nicht überhitzt. Ein Großteil der Investoren hält einen weiteren Aufschwung für gut möglich. So kommt eine Studie ­des Prognos-Instituts im Auftrag der Postbank zu optimistischen Ergebnissen. Demnach sind nicht nur in knapp einem Drittel der Kommunen steigende Preise zu erwarten. In weiteren 38 % der Kreise und Städte fänden potenzielle Eigenheimbesitzer gute ­Voraussetzungen für einen Kauf – mit Preisstürzen sei hier nicht zu rechnen. Die Studie untersuchte Indikatoren wie die erwartete Bevölkerungsentwicklung, Leerstandsquote oder Arbeitsplatzdichte. Im Ergebnis stimmten die Bedingungen für eine stabile bis positive Wertentwicklung auch im Westen und Norden, teilten die Experten mit.

Zudem fänden Käufer demnach gute Zukunftswerte für steigende Preise in Metropolregio­nen, vor allem in und um Berlin, Hamburg, Frankfurt, Dresden sowie Köln, Düsseldorf und Bonn. In einigen eher ländlichen Regio­nen in den alten Bundesländern sehen die Experten ebenfalls Gegenden, die Wertsteigerungen versprechen. Auch in Berlin und Umgebung sowie in Dresden und Jena sei die Suche nach werthaltigen Immobilien ähnlich leicht wie in Süddeutschland.

Abwanderung drückt Immobilienwerte

Bezogen auf Ostdeutschland sind diese Gegenden allerdings Ausnahmen. Käufer müssten im Rest der neuen Bundesländer hingegen schon ein Eigenheim­juwel finden, wenn sie kein Verlust­-
geschäft machen wollten. „Weite Teile Brandenburgs, Sachsen-Anhalts, Thüringens und Mecklenburg-Vorpommerns kämpfen stark gegen rückläufige Bevölkerungszahlen. Dadurch überwiegen dort die Risiken, dass Immobilien künftig an Wert einbüßen“, heißt es in der Studie.

Wohneigentum im Großraum München hingegen ist zwar bereits besonders teuer. Dennoch könne sich der Kauf laut Postbank langfristig auszahlen. Die bayerische Hauptstadt und der Kreis München führen das Standortranking mit den besten Wertsteigerungsprognosen bei Immobilien an. Dort hätten Käufer von Eigentumswohnungen und Häusern sehr gute Chancen, dass ihre Immobilie bis 2025 erheblich an Wert gewinne.

„Insgesamt ist die Stimmung der Immobilienunternehmen als sehr gut zu bewerten“, fasst Michael Voigtländer, Leiter Kompetenzfeld Immobilienökonomik beim IW Köln, die Ergebnisse zusammen. Konkret bezeichnen 86 % der befragten Unternehmen ihre gegenwärtige Geschäftslage als gut. Nur 5 % erwarten, dass sich die Situation in den kommenden zwölf Monaten verschlechtern wird – allerdings geht nur eine Minderheit davon aus, dass die Lage noch besser wird. Auch eine Blasengefahr sehen die Immobilienprofis nicht. Jedes zweite befragte Unternehmen glaubt, dass der Wert seiner Immobilien in nächster Zeit steigen wird; kein einziges befürchtet Preisrückgänge.

Gute Laune bei Investoren

Die gute Stimmung der Branche wird von harten Zahlen der Bundesbank bestätigt. Danach verteuerten sich im vergangenen Jahr Wohnimmobilien in 125 Städten um durchschnittlich 6,25 %. Den größten Preisanstieg gab es bei Eigentumswohnungen in Berlin, Hamburg, München, Köln, Frankfurt, Stuttgart und Düsseldorf, die dort im Schnitt um 9 % teurer wurden. Seit Beginn des Preisauftriebs 2010 hätten sich städtische Wohn­immobilien um fast ein Fünftel verteuert.

Besonders gute Laune haben daher zurzeit Investoren, die auf dem Wohnungsmarkt tätig sind: 92 % von ihnen bezeichnen ihre momentane Lage als gut, keiner als schlecht. 67 % der Wohnungsinvestoren erwarten, dass sich die gute Geschäftslage halten wird. 24 % gehen von einer weiteren Lageverbesserung aus. Wenig im Vergleich zu Investoren auf dem Gewerbeimmobilienmarkt: 47 % der Büro- und 63 % der Handelsinvestoren setzen auf noch bessere Geschäfte als zurzeit.

Die größere Zuversicht im gewerblichen Bereich deutet darauf hin, dass die Investoren jetzt vom bereits relativ teuren Wohnungsmarkt auf Gewerbeobjekte umschwenken. Deshalb werden voraussichtlich dort die Preise in den kommenden Monaten weiter steigen.

Die Gefahr einer Immobilienpreisblase sieht Voigtländer trotzdem nicht: „Eine Blase wird immer von einer starken Kreditexpansion begleitet, und die haben wir nicht.“ Ebenso wenig sei erkennbar, dass Investoren sehr viel Fremdkapital einsetzten und ihre Immobilien nach kurzer Zeit wieder verkauften, wie es für Überhitzungsphasen typisch sei.

Zur guten Stimmung trägt bei, dass Immobilienunternehmen weder Inflation noch Deflation befürchten. Laut der Befragung, die vor der jüngsten Zinssenkung der Europäischen Zentralbank (EZB) durchgeführt wurde, erwarten 94 %, dass die EZB die Geldwertstabilität erhalten kann. Kein Unternehmen rechnet mit der zuletzt viel diskutierten Deflation. „Das zeigt das große Vertrauen der Branche in die EZB“, resümiert das IW. Dieses Bild zeigt übrigens, dass Wohnungsmieter nicht auf Entspannung hoffen dürfen: 78 % der befragten Wohnungsinvestoren erwarten weiter steigende Mieten, kein einziger rechnet mit einem Rückgang der Mieterträge.

Trotz der bereits stark gestiegenen Preise macht der deutsche Immobilienmarkt einen stabilen Eindruck, vor allem in den Wachstumsregionen Süd- und Westddeutschlands. Ein akutes Risiko für ein Platzen der vermeintlichen Immobilienblase besteht kaum. Allerdings wächst die Anfälligkeit vor Rückschlägen, insbesondere wenn externe Schocks wie Kriege im Nahen Osten oder in der Ukraine die Weltwirtschaft in eine Rezession zwingen sollten.

07.09.2014 | 09:02

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