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Opel + PSA = „Europäischer Champion“?

Ist die Jobgarantie für die Opel-Beschäftigten, die PSA-Chef Carlos Tavares gegeben hat, das Papier wert, auf dem sie geschrieben steht? Tavares bestätigt damit lediglich die bestehenden und unkündbaren Abmachtunge mit der IG Metall. Und wird aus der Fusion von PSA und Opel wirklich ein „europäischen Champion“ entstehen? Kritiker sprechen eher von einer Allianz der Verlierer. Die Opel-Führung jedenfalls beharrt darauf, dass Opel erstens selbständig und zweitens mit den vier Werken in alter Größe weitergeführt werde.

Klaus Franz war bis 2011 Gesamtbetriebsratsvorsitzender bei Opel. Er sieht konkrete Gefahr für die Werke in Eisenach und in Kaiserslautern. „Die französischen Gewerkschaften werden sich von ihren deutschen Kollegen nicht in die Suppe spucken lassen.“ Die Überkapazitäten lägen in Deutschland. „PSA hat in den vergangenen Jahren 10.000 Arbeitsplätze abgebaut und ein großes Werk bei Paris dicht gemacht“, gab er der Agentur Reuters gegenüber zu bedenken. Und nachdem GM-Chefin Mary Barra schon in Südostasien die Aktivitäten in ganzen Ländern, die verlustbringende Märkte waren, komplett aus dem Programm gestrichen hat, scheint diese Befürchtung nicht unangebracht. Dahilft es auch nicht, dass PSA-Generalsekretär Olivier Bourges bereits am vergangenen Donnerstag bei Gesprächen im Kanzleramt hoch und heilig versichert hat, Opel bei einer Übernahme eigenständig weiterzuführen und alle deutschen Standorte zu erhalten.

Bei Peugeot sorgt die Offerte aus den USA, Opel und Vauxhall möglichst bald und komplett zu übernehmen, nicht nur für fröhliche Gesichter. Eine Absage gibt es natürlich nicht, aber es scheint bei PSA, dem Konzern also, dem auch Peugeot angehört, auch Stimmen zu geben, die viel lieber eine breit angelegte Zusammenarbeit mit Opel sähen als eine Komplettübernahme mit allen Risiken und Schulden. Diese Zusammenarbeit würde, wenn se möglichst nahe an das bei Volkswagen schon längst konzernweit eingeführte Baukastensystem herankäme, wohl auch erfolgreich sein können.

Doch ist die Idee einer quasi komplett integrierten technischen Zusammenarbeit ohne eine breite Beteiligung wirklich realistisch, wirklich denkbar? Eher scheint es so, als sei das Stattfinden der Verkaufsgespräche von einem breiten Nachrichtenstrom zum Thema begleitet, damit möglichst wirksam die Opel-Übernahme medial flankiert wird. Falls GM Opel das ziel hätte, Opel um fast jeden Preis zu verkaufen, wäre dies Vorgehen sehr sinnvoll, weil in einem solchen Fall auch politische Akteure reagieren müssen. Was auch bereits geschehen ist.

Die GM-Chefin in Rüsselsheim

GM-Chefin Mary Barra informierte in dieser Woche die Führung des deutschen Autobauers persönlich über über den möglichen Verkauf. An die Opel-Belegschaft wandte sie sich allerdings nur per Brief. Zwar gebe es keine Garantie für eine Einigung, schrieb sie, ein möglicher Deal würde „die PSA-Gruppe sowie Opel/Vauxhall aufgrund der sich ergänzenden Stärken beider Unternehmen in die Lage versetzen, ihre Position auf dem sich rasch verändernden europäischen Markt zu verbessern“, wie die „Allgemeine Zeitung Mainz“ zitiert. GM und PSA würden damit ihre jeweiligen strategischen Möglichkeiten voll ausschöpfen. „Wir würden alles daran setzen, bei der Transaktion sicherzustellen, dass die Interessen aller Beteiligten gewahrt werden“, so Barra demnach weiter.

GM scheint also Opel und auch Vauxhall jedenfalls abstoßen zu wollen. Ein Abschluss der Verkaufsverkaufsverhandlungen zwischen dem US-Konzern und Peugeot könnte theoretisch bereits in den nächsten Tagen verkündet werden. Aus Paris hieß es, dass sich die Gespräche bereits in einem fortgeschrittenen Stadium befinden würden. Zuletzt gab es immer mal wieder Spekulationen über einen Zusammenschluss von Opel und PSA Peugeot-Citroën, da beide Unternehmen aufgrund vergleichbarer Modelle, der geographischen Nachbarschaft und ähnlicher Märkte gut zueinander passen würden. Zudem gab es bereits Pläne für eine breit angelegte Allianz, von der man sich allerdings 2012 verabschiedete. Bei der Produktion von SUV und Minivans arbeiten beide dennoch schon zusammen.

Die Frage der Elektromobilität

Die mögliche Übernahme des Autoherstellers Opel durch die französische PSA-Gruppe hat offenbar auch Opel-Chef Karl-Thomas Neumann überrascht, er ist durch GM offenbar nicht vorab informiert worden. Diese Entwicklung muss ihn dabei im wahrsten Sinne des Wortes kalt erwischt haben. Monatelang arbeitete er am „Ampera-E“, einem Schwestermodell des „Bolt“ von GM. Damit möchte er Opel im Verbund mit zu einer vollwertigen Elektromarke umbauen. Neumann sieht offenkundig die Gefahr, dass Opel die Investitionen sowohl in Elektroautos als auch in Verbrennungsmotoren nicht stemmen könnte.

Auch GM sieht das wohl so, denn unbestätigten Gerüchten zufolge soll PSA als Morgengabe auch preiswerte oder gar kostenlose Lizenzen für E-Autos von GM geliefert bekommen, wenn nur der Verkauf von Opel gelingt. Die deutsche Traditionsmarke mit dem Blitz scheint sich für die Führung bei GM derzeit wie die berühmte heiße Kartoffel in der Hand anzufühlen, unbedingt soll offenbar verkauft werden. Die Zahlen sind insgesamt auch eher schwierig: Opel beschäftigt europaweit 38.170 Mitarbeiter, davon mehr als 19.000 in Deutschland. In Rüsselsheim arbeiten etwas mehr als 15.000 Beschäftigte, die Werke in Kaiserslautern und Eisenach sind kleiner, 2.140 beziehungsweise 1.850 Menschen arbeiten dort. Zu Opel, und zwar über die Konzernmutter GM verklammert, gehört auch die Marke Vauxhall in Großbritannien. Der kummulierte Verlust beider Marken belief sich im vergangenen Jahr auf 257 Millionen Euro.

Die Bundesregierung greift ein

In London möchte der PSA-Chef vorsprechen, und auch in Berlin ist die GM-Offerte angekommen Die Bundesrregierung hat bereits einen Koordinator für die Verhandlungen benannt: den Staatssekretär im Bundeswirtschaftsministerium, Matthias Machnig. Der macht nun Mut. Einer großen Frankfurter Wochenzeitung sagte er, das Zusammengehen mit den Franzosen biete der deutschen Marke gute Perspektiven: „Die Fusion ist eine Chance für Opel.“ Das Unternehmen könne auf diese Weise neue Märkte erschließen und gemeinsame Vertriebswege nutzen.

Wichtig ist die Beurteilung der Lage, in der Machnig Opel sieht. Diese Lage nämlich sieht er, so berichtet Reuters, 2017 völlig anders als vor acht Jahren, als mitten in der Finanz- und Wirtschaftskrise das komplette Aus für Opel zur Debatte stand und aus Mangel an anderen Lösungsansätzen die Politik mit Staatshilfen eingreifen wollte: „Alle Vergleiche mit 2009 sind abwegig.“

Im Falle eines Zusammenschlusses würde der Marktanteil von PSA und Opel 16,3 Prozent am europäischen Automobilmarkt betragen. Spitzenreiter VW kommt derzeit übrigens auf 24,1 Prozent. Durch den Zukauf von Opel könnte PSA allerdings vor allem wieder gegen seinen Erzrivalen Renault zurückschlagen, der vergangenes Jahr seit langer Zeit wieder mehr Autos an den Kunden brachte als PSA (3,18 Millionen:3,14 Millionen Autos). Die Synergie mit Opel soll nun auf die Überholspur führen, aber die Fragezeichen auf dem Weg dorthin sind noch riesengroß. WIM / sig

24.02.2017 | 13:32

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