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Refugees welcome!

Nach dem Brexit-Votum liebäugelt Vodafone öffentlich mit dem Wegzug aus Großbritannien. Das weckt in Deutschland Hoffnungen auf den prominenten Wirtschaftsflüchtling. Dabei spielt der Telekomriese ein ganz anderes Spiel.

Die Ankündigung löste bereits Euphorie aus: Vodafone überlegt öffentlich, seinen Hauptsitz Großbritannien aufzugeben, sollte das Land nach dem Brexit-Votum aus der Europäischen Union austreten. Was in Großbritannien eher Grund zur Besorgnis ist – schließlich machen sich viele Sorgen um die Zukunft der Wirtschaft im Land – löst in Deutschland spontan Optimismus aus.

Sollte der Konzern aus dem Vereinigten Königreich fliehen wollen, würde er hier wohl mit offenen Armen empfangen. So erklärte der nordrhein-westfälische Wirtschaftsminister Garrelt Duin (SPD) gegenüber der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“, man werde dem Unternehmen „gerne den roten Teppich ausrollen“. Seine Freude hat einen Grund: Das Deutschland-Geschäft betreibt der britische Telekommunikationsanbieter aus Düsseldorf heraus. Rund 14.000 Mitarbeiter arbeiten dort, mehrheitlich auf einem eigenes neugebauten Campus. Deutschland macht mit etwa einem Fünftel des Umsatzes den größten Anteil des Geschäfts von Vodafone aus. 55 Prozent des operativen Gewinns (Ebitda) erwirtschaften die Briten in Europa außerhalb Großbritanniens, nur elf Prozent im Land selber.

Damit hätte Düsseldorf eine reale Chance, Hauptsitz von Vodafone zu werden, sollte der Konzern die bisherigen Standorte London und Newbury verlassen. So erklärte auch der Düsseldorfer CDU-Bundestagsabgeordnete Thomas Jarzombek gegenüber der „Rheinischen Post“, Düsseldorf sei neben Newbury ohnehin schon wichtigster Standort von Vodafone. „Da wäre ein Umzug hierhin logisch.“

Vodafone selber gab als Grund für die Umzug-Überlegungen an, die Mitgliedschaft Großbritanniens in der EU sei ein wichtiger Faktor für das Wachstum des Unternehmens. Der Zugang zum sich entwickelnden europäischen digitalen Binnenmarkt könne eine signifikante Chance für Großbritannien darstellen. Am Dienstag hatte Großbritanniens Wirtschaftsminister Sajid Javid sich mit Wirtschaftsvertretern getroffen, um über die Folgen des EU-Referendums zu diskutieren. Eines der wichtigsten Argumente der Brexit-Kampagne war, die Freizügigkeit einzuschränken und Einwanderung aus der EU zu kontrollieren.

Für Düsseldorf spricht nicht viel

In der Mitteilung an Medienvertreter am Mittwoch erklärte der Telekommunikationsanbieter aber auch, es sei zu früh, Schlüsse für den langfristigen Standort des Hauptsitzes zu ziehen. Zu diesem Zeitpunkt sei es noch unklar, ob die positiven Attribute der EU wie etwa Freizügigkeit für Arbeitnehmer, Kapital und Waren auch nach einem Austritt Großbritanniens weiterhin Bestand hätten. Man werde die Situation weiter beobachten und dann Entscheidungen treffen.

So wird es wohl noch dauern, bevor Vodafone-Mitarbeiter in London ihre Schreibtische abbauen und in Düsseldorf oder einer anderen Stadt wieder aufstellen. Doch in der Mitteilung vom Mittwoch steckt ein Hinweis, warum sich der Konzern dennoch entschlossen hat, sich frühzeitig Spekulationen hinzugeben: Ganz unten weist Vodafone darauf hin, dass die Lobbyarbeit des Konzerns in Brüssel gestärkt würde, um sicher zu stellen, dass seine Geschäfte in Europa angemessen vertreten würden.

Ob nun das Ziel von Vodafone Düsseldorf heißt, darf indes füglich bezweifelt werden. Eine Landesregierung, die aus Rot und Grün besteht und die in Zeiten der schwarzen Null im Bundeshaushalt Schulden über Schulden aufhäuft, ist kaum berufen, rote Teppiche für international erfolgreiche Konzerne auszurollen. NRW-Wirtschaftsminister Duin müsste also erst seine Hausaufgaben  zumindest ausreichend erledigen, bevor er sich gegen Brüssel und andere Weltsädte antritt. Das weiß man bei Vodafone in London, und das weiß man eigentlich auch an Rhein und Ruhr. Aber versuchen kann man's ja mal. Handelsblatt / Ina Karabasz / sig

30.06.2016 | 15:19

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