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Gabriel will Mittelstand stärken

Steuererleichterungen, Bürokratieabbau und Nachwuchsförderung. Das sind die Kernpunkte – eher wohl die Schlagworte – eines Papiers, das der sozialdemokratische Bundeswirtschaftsminister und Vizekanzler, Sigmar Gabriel, in der vergangenen Woche vorgelegt hat. Er möchte damit die Unternehmer im Lande einfangen und überzeugen, vielleicht ganz konkret auf Druck der Bundeskanzlerin. Doch die Unternehmer trauen dem SPD-Mann nicht.

Steuererleichterungen gerade für Risikokapitalgeber? Das war bisher nicht die Politik des Bundeswirtschaftsministers. Der Abbau von Bürokratie wurde schon oft versprochen, und eine Fachkräfte-Initiative ist nicht nur überfällig, sondern auch schon seit Jahren allerorten Programm. Und so soll dem deutschen Mittelstand neuer Schub verliehen werden? Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) und die Spitzenverbände der Wirtschaft haben zwar Berlin ein entsprechendes „Aktionsprogramm“ vorgestellt – natürlich ist man höflich, die Vertreter der Spitzenverbände sind es allzumal. Denn was soll die beschlossene Bildungsoffensive nutzen, die zur „Sicherung des Unternehmernachwuchses“ gedacht ist? Soll es einen Lehrberuf „Unternehmer“ geben? Stellt sich der SPD-Wirtschaftsminister eine funktionierende Unternehmerkultur so vor, dass auf Knopfdruck Nachwuchs reproduzierbar ist? Zweifel sind angebracht. Diskutiert wurden auch Wege, die kleineren Firmen den Weg in die stärkere Nutzung der Digitalisierung weisen könnten. Gewiss, das ist ein hehres Ziel. Aber es ist auch kein großes Geheimnis, dass hier Nachholbedarf besteht. Die Initiative, die vom SPD-Minister ausging, macht ein wenig den Eindruck der weißen Salbe.

Eric Schweitzer, der Präsident des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK), mahnte dann auch den Bundeswirtschaftsminister, die „weltweit einmaligen mittelständischen Strukturen“ in Deutschland mit besseren Angeboten und Bedingungen zu stützen. Die Anpassungen im Bürokratieabbau sind nach seinen Worten derart überfällig, dass die Gabriel-Initiative wie ein verspäteter D-Zug wirkt. Immerhin, die Frist zur Aufbewahrung von Steuerunterlagen soll nun auf fünf Jahre gesenkt werden. Doch immer noch seien die mittelstandsfeindlichen Neuregelungen der Erbschaftsteuer nicht vom Tisch. Schützenhilfe bekam Schweitzer vom Präsidenten des Zentralverband des Deutschen Handwerks, Hans Peter Wollseifer. Der forderte zudem, dass Schulen und Hochschulen stärker die Chancen und Herausforderungen von Unternehmertum in ihren Lehrinhalten berücksichtigen sollten. Der Vizepräsident des Industrieverbandes BDI, Reinhold Festge, sprach sich schließlich auch für Förderung der Digitalisierung aus, mahnte aber zugleich einen geeigneten Schutz von Daten und Know-how an.

Die drei erklärten schließlich ein gemeinsam: „Deutschlands wirtschaftliche Erfolgsgeschichte wird vom Mittelstand geschrieben.“ Das ist ebenfalls keine Neuigkeit, sind doch mehr als 99 Prozent der Unternehmen Mittelständler. Sie stellen 97 Prozent aller Ausbildungsbetriebe, stellen für mehr als 84 Prozent aller Auszubildenden die Plätze zur Verfügung und sind verantwortlich für knapp 60 Prozent aller Arbeitsplätze in Deutschland. Skeptiker bezweifeln, dass die Maßnahmen Wirksamkeit entfalten werden. Nicht nur die SPD, auch die CDU wird von den Unternehmern in die Verantwortung genommen. Es könnte also nicht einmal mehr reichen, wenn auf Druck der CDU das Gabriel-Programm noch verbessert würde. Abgesehen davon traut Gabriel aus dem Mittelstand sowieso fast niemand über den Weg.

27.07.2015 | 08:01

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