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2017: Das Jahr der Öl-Aktien?

Viel schwarz, wenig golden. Die Öl-Industrie blickt auf düstere Tage zurück. Dem drastischen Einbruch der Ölpreise Mitte 2014 folgten in den vergangen beiden Jahren Massenentlassungen und Bankrotterklärungen von ungefähr 100 Öl- und Gasförderern. Doch jetzt scheint die Talsohle endlich durchschritten, 2017 könnte ein gutes Jahr für die Branche werden.

Dass mit Rex Tillerson nun also ausgerechnet der langjährige Chef des Ölkonzerns ExxonMobil den Posten des US-Außenministers antritt, dürfte die Branche als gutes Omen für 2017 werten. An florierenden Geschäften rund ums Öl hat er mit Sicherheit großes Interesse, da sein Depot unter anderem über Aktien von Royal Dutch Shell, Chevron und Total verfügt. Doch damit nicht genug. Rick Perry, der neue Energieminister und ehemalige Gouverneur von Texas, gilt ebenfalls als überzeugter Fürsprecher und Unterstützer der Öl-Industrie. Zudem soll auch noch Innenminister Ryan Zinke der Branche zugeneigt sein. Schließlich hat dieser laut US-Medien im Laufe seiner politischen Karriere kräftige finanzielle Unterstützung von der Öl- und Gasindustrie erfahren. Die neue Regierung um Präsident Donald Trump ist der Öl-Branche also überaus ölfreundlich.

Genau dieses besondere Verhältnis könnte der Industrie für das diesjährige erhoffte große Comeback in die Karten spielen. Angesichts des neuen staatlichen Energieplans, der den Abbau von Hindernissen zur Erschließung von Kohle, Rohöl und Gas im ganzen Land vorsieht, sowie 50 Billionen US-Dollar in die Reindustrialisierung pumpen soll, frohlockt die Branche. Doch ob dieses vollmundige Versprechen von Trump tatsächlich wie angekündigt umgesetzt wird? Kritiker haben ihre Zweifel. Erfahrungsgemäß dauert es in der Regel Monate bis Jahre bis ein Politikwechsel signifikante Auswirkungen auf eine Wirtschaftsbranche zeigt. Schneller könnten die Öl-Firmen hingegen von der rasanten ökonomischen Entwicklung in vielen Schwellenländern profitieren. Zum einen haben diese den Wechsel hin zu sauberen Energien weitaus weniger eilig als Industriestaaten der westlichen Welt, und zum anderen führt das steigende Lohnniveau dieser Länder zu einer gesteigerten Nachfrage nach Autos, und damit auch zu einer gesteigerten Nachfrage nach Öl.

Um den Preis des schwarzen Goldes mit der Hoffnung auf einen ausgewogenen Markt stabilisieren zu können, haben die OPEC-Staaten bereits im November beschlossen, die massiven Öl-Förderungen zurückzufahren. Kurze Zeit später verkündete die OPEC ein Abkommen mit elf Nicht-Mitgliedsstaaten, die gewillt sich an den Stabilisierungsmaßnahmen mitzuwirken, indem sie ihre Produktion in den nächsten sechs Monaten um 558.000 Barrels pro Tag reduzieren. Der Öl-Überschuss, der in den vergangenen Jahren zu einem starken Preisverfall führte, soll damit von 300 Millionen Barrels um stattliche 46 Prozent verringert werden. Ob dieses ambitionierte Ziel tatsächlich erreicht werden wird, ist allerdings nicht gesichert. Zu oft mangelte es in der Vergangenheit an der konsequenten Umsetzung von OPEC-Entscheidungen. Doch angesichts der ernsten Lage, in der sich viele Öl-Anbieter und auch -Förderer nach Jahren der Schleuderpreise befinden, darf diesmal zumindest von allseitigen intensiven Bemühungen ausgegangen werden, dem Ziel zumindest nahe zu kommen.

Aktuell stimmt die Richtung: Seit ihrem Höchststand im März 2015 ist die Öl-Produktion in den USA bereits um 1,3 Millionen Barrels pro Tag zurückgegangen. Allerdings ist 2017 vielerorts mit dem Startschuss zur Ausbeutung neuer Ölfelder zu rechnen, was den Preis wieder unter Druck setzen könnte. Dieses Jahr sollen laut Branchenberater Wood Mackenzie bis zu 25 Großprojekte mit Vorkommen von jeweils mehr als 50 Millionen Barrel geplant und realisiert werden. 2016 waren es lediglich neun solcher Vorhaben.

Dennoch ist die Branche optimistisch und erhofft sich wieder eine Aufwärtsbewegung, die künftig auch mit steigenden Aktienkursen der Öl-Unternehmen an den internationalen Börsen einhergehen könnte. Viele dieser haben aus der Not der vergangenen Jahre eine Tugend gemacht, und sich unter dem Druck langfristig niedrigen Preise strukturell besser aufgestellt, um in den Krisenzeiten die wirtschaftliche Effizienz zu steigern. Als leuchtendes Beispiel gilt das unabhängige US-Öl-Unternehmen ConocoPhillips, das in den letzten fünf Jahren seinen Break-even-Punkt von 75 US-Dollar auf unter 50 US-Dollar je Barrel heruntergeschraubt.

Zum Erreichen dieses Wertes sah sich das Unternehmen mit der Herausforderung konfrontiert, unliebsame Entscheidungen zu treffen. Unter anderem kam es zur Kürzung der Dividende und zur Einstellung eines Tiefwasserexplorationsprogramms. Die deutliche Reduktion der Kosten dürfte diesem sowie weiteren umstrukturierten Unternehmen gerade in besseren Zeiten zu Gute kommen. Die Ausgangslage ist also – sollte die Nachfrage aufgrund der teuren Preise nicht plötzlich drastisch einbrechen – vielversprechender als in den vergangenen Jahren, die Branche könnte 2017 eine Renaissance erleben. Ab März startet die saisonal beste Phase des Jahres, in der der Preis traditionell bis zum Herbst stetig ansteigt. Dann ist besser abschätzbar, ob das Jahr hält, was es zu versprechen scheint. 

Wim Weimer

25.01.2017 | 12:03

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