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Lufthansa-Aktie profitiert von Golfkrise

Ein neuer, katastrophaler Krieg am Golf scheint möglich. Das Säbelrasseln zwischen Riad und Teheran wird lauter, in Katar entladen sich derzeit die Spannungen. Die Folgen für die hochsubventionierten und unter fragwürdigen Wettbewerbsbedingungen fliegenden Golf-Airlines sind nicht auszudenken. Davon profitiert die Deutsche Lufthansa. Nach der Beilegung interner Zankereien und wegen der Turbulenzen für die Konkurrenz kann die Kranich-Linie in diesem Jahr die Reiseflughöhe glatt verdoppeln: die Aktie ist deutlich im Aufwind.

Der Iran und Saudi-Arabien: zwei Todfeinde im Mittleren Osten ringen erbittert um die Vorherrschaft. Der diplomatische Bruch Saudi-Arabiens und anderer arabischer Staaten mit Katar belastet die Börsen in Fernost – vor allem aber die dortigen Fluglinien. Aus Sicht der Deutschen Lufthansa und ihrer Aktionäre ist die Lesart allerdings etwas anders: die nicht sehr faire Konkurrentsituation relativiert sich.

Von der sich abzeichnenden Lage profitiert die Kranich-Aktie schon mehrere wochen lang. Innerhalb der letzten acht Monate hat sich der Wert der Kranich-Aktie quasi verdoppelt: von 9,30 Euro auf zeitweise deutlich über 18 Euro. Ein kleiner Zwischenstopp bei 11,30 Euro im Januar, und dann ein quasi ungebremster Steigflug. Den DAX im gleichen Zeitraum um mehr als das Vierfache geschlagen. Die Aktie der deutschen Lufthansa erschien auch breiteren Anlegerkreisen im Laufe des Frühjahrs allmählich wieder richtig attraktiv. Rekordgewinn, Einigung im Tarifstreit, steigende Passagierzahlen und natürlich die im Allgemeinen positive Aufbruchsstimmung am Aktienmarkt seit der Trump-Wahl hatten das Kranich-Papier im Späthernst des letzten Jahres einem seit Anfang 2015 intakten Seitwärts-Trend ausbrechen lassen. Und das nachhaltig! Wie hoch steigt der Kranich nun?

Bei Lufthansa hat man offenbar genau hingeschaut, wenn es um die Golf-Region geht. Bereits im April hatte CEO Carsten Spohr verkündet, dass man sich nicht auf Gedeh und Verderb an die Fluglinie Etihad binden wolle. Die bestehende Kooperation dient ofenbar der besseren Auslastung von Flügen, von Wartungshallen und beim Catering. Nachdem Etihad, ebenso wie viele arabische Mitbewerber, bislang auf Suventionen durch autokratisch herrschende Scheich-Familien setzen konnte, wurde diese Entscheidung schon dmaals an den Märkten mit Erleichterung aufgenommen. Diese positive Stimmung setzt sich nun fort.

Teheran als Gesprächspartner

Auf Saudi-Arabien und seine Satelliten-Emirate setzt man in Frankfurt nicht allein. Lufthansa lotet derzeit neue Geschäftsmöglichkeiten im Iran aus. Es gibt nach Angaben von Reuters enge Kontakte zu Iran Air, da die Airline neue Flugzeuge erhalten werde und nun die Piloten entsprechend ausgebildet werden müssten. Ebenso werde über Aufträge für das Flugzeug-Catering und die Wartung gesprochen.Solche Gespräche sind wichtig, um Positionen zu sichern: entweder schon in bälde oder für die Zeit nach den weitreichenden Zerstörungen, die von einem möglicherweise heraufziehenden, großen Golfkrieg zu erwarten sind.

Rückblick. Bereits am 15. März hatte Lufthansa verkündet, dass der über Jahre vor sich hin schwelende Tarifstreit mit der Pilotengewerkschaft „Vereinigung Cockpit“ (VC) um Löhne und Betriebsrenten endgültig beigelegt sei. Allein der Sechstagestreik vom Herbst 2016 hatte der Fluggesellschaft rund 100 Millionen Euro gekostet. Die Forderungen aus dem Cockpit hatten insgesamt für geschätzte 500 Millionen an Einbußen gesorgt, und nun haben die Herren mit den vielen goldenen Ärmelstreifen endlich eingesehen, dass ein kleiner Bonus immer noch besser als ein großer Streikverlust ist. Hörbar war das Aufatmen bei den Börsianern, denn diese Verluste und die lange Zeit geringe Aussicht auf eine Schlichtung des Streits hatten einen großen Anteil daran, dass die Lufthansa-Aktie im Herbst 2016 mit einem Wert von 9,10 Euro pro Aktie,auf den tiefsten Stand seit 2012 abgerutscht war.

Deutlich erholt hatte sich das Papier aber schon gegen Ende des vergangenen Jahres. Grund dafür war die Zurücknahme einer Gewinnwarnung, die das Management im Zuge der weltweiten Terroranschläge ausgesprochen hatte. Ein Anstieg bei den Buchungen von Geschäftsreisenden war die Folge. Ebenso stutzte die Lufthansa ihre Wachstumspläne zurecht, was die Kosten senkte. Hinzu kam die – auch für viele Börsianer überraschende – Rallye an den Aktienmärkten, nachdem Donald Trump ebenso überraschend zum US-Präsidenten gewählt wurde. Anfang 2017 trieben die erweiterte Zusammenarbeit zwischen der Lufthansa und Etihad Airways, inklusive zwischenzeitlichen Spekulationen über eine mögliche Fusion, den Kurs weiter in die Höhe. Der Anstieg bei den beförderten Passagieren um 1,8 Prozent auf 109,67 Millionen, der hauptsächlich der Übernahme von Brussel Airlines geschuldet war, kam als weiterer Faktor hinzu. Und natürlich der für das Jahr 2016 ausgewiesene Rekordgewinn von 1,8 Milliarden Euro. Im Vorjahresvergleich entspricht das einer Steigerung von fünf Prozent.

Achtung – Turbulenzen voraus!

Schnell besteht da die Gefahr, die ungelösten Probleme der Fluggesellschaft zu übersehen. Der Konzernumsatz 2016 ist im Vergleich zum Vorjahr um 1,2 Prozent auf 31,7 Milliarden Euro gesunken. Hinzu kommt, dass man Platz eins in Europa, was die beförderten Passagiere angeht, 2016 an die irische Billigfluglinie Ryanair abgeben musste. Und bei der Gewinnerzielung profitierte man von der Einigung im Tarifstreit mit den Flugbegleitern, welche einen positiven Einmaleffekt in Höhe von 625 Millionen Euro nach sich zog. Solch einen Einmaleffekt im hohen dreistelligen Millionenbereich wird es auch 2017 noch einmal geben, da dann ja auch die Einigung mit den Piloten hinsichtlich der Betriebsrenten Wirkung zeigen wird. Das zumindest kündigte Lufthansa-Finanzvorstand Ulrik Svensson an.

Für 2017 erwartet man einen leicht sinkenden operativen Gewinn. Hauptverantwortlich dafür sind jedoch die Treibstoffkosten, die 2017 aufgrund des gestiegenen Ölpreises wohl deutlich höher ausfallen werden. Dies trifft jedoch alle Airlines gleichermaßen, und glaubt man Dirk Schlamp, Analyst bei der DZ-Bank, wird sich zudem der Wettbewerb der Fluggesellschaften untereinander weiter verschärfen. Die Ticketpreise geraten so aller Voraussicht nach noch mehr unter Druck. Einen positiven Effekt könnte dagegen der Brexit haben. Wie im Handel mit Waren oder Dienstleistungen gilt auch für den Luftverkehr innerhalb der Europäischen Union die Verkehrsfreiheit. Durch den Austritt des United Kingdom aus der EU könnte es für Airlines aus dem UK zu Beschränkungen im Marktzugang kommen. Das dürfte der Lufthansa, die auf dem Kontinent bestens aufgestellt ist, deutlich in die Karten spielen.

Der Bruderkampf im Islam nützt der Lufthansa

Der Steigflug der Kranich-Aktie, der in letzten acht Monate bei Anlegern hochfliegende Erwartungen weckte, könnte sich fortsetzen, wenn die Spannungen rund um den Persischen Golf ahalten. Leider ist davon auszugehen. Sollte es dort indes einen wirklich großen Krieg geben, dürfte das die gesamte weltweite Luftfahrt empfindlich treffen, und die Auswirkungen einer solchen, fatalen Entwicklung sind auch für die Lufthansa unabsehbar. Die diplomatischen Spannungen und Verwerfungen hingegen sind Realität, und sie schaden allen Golf-Airlines – auch denen, die gar nicht direkt betroffen sind, weil sie aus einem Nachbar-Emirat kommen. Nicht ganz zu Unrecht, denn alle Staaten auf der arabischen halbinsel hängen einer totalitären Ideologie an: dem Islam. Eines als Islamismus apostrophierten Phänomens bedarf es dazu nicht. Der Krieg, der zwischen Riad und Teheran ausbrechen könnte, ist in der Spaltung des Islam begründet, die bereits aus dem Jahrhundert der vermuteten Offenbarung des Koran herrührt.

Was sollen Anleger – auch solche, die mit dem Koran noch keine Berührung hatten – von der Lage halten? Für einen weiteren Steigflug der Lufthansa spricht, dass die internen Querelen mit den doch recht unverfroren fordernden Piloten ausgestanden sind, dass auch sonst Carsten Spohr all seine Kraniche im Griff hat, dass die vorgelegten Zahlen sehr ordentlich sind und dass die Konkurrenz patzt. Und zwar sowohl die europäische wie die arabische Konkurrenz. Dass sich das Mitleid mit den subventionsreichen Emir-Airlines etwas in Grenzen hält, steht auf einem anderen Blatt.

Gegen die Lufthansa-Aktie könnte sprechen, dass es allen Airline-Papieren an den Kragen geht, wenn am Persischen Golf die Bombengeschwader aufsteigen. Aber erstens ist es so weit noch nicht und zweitens wird man dann ohnehin größere Sicherheitsmaßnahmen für alle Aktien im Depot zu ziehen haben. Die erkennbaren Risiken betreffen dher Lufthansa im Vergleich weniger als andere Papiere, so dass das Depot auf Kranischschwingen kurz- bis mittelfristig sicher überdurchschnittlichen Aufwind bekommt. sig

09.06.2017 | 14:10

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