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Offshore kommt in Schwung

Der zweitgrößte Offshore-Windpark der Welt in Wales ist fast fertig. Das Gemeinschaftsprojekt von RWE, Stadtwerke München und Siemens liefert so viel Strom wie ein großes Steinkohlekraftwerk. Die SWM planen schon den nächsten Windpark.

A
ndere Länder, andere Sitten, könnte man etwas platt sagen. Während vor allem in Bayern jedes Windrad als Verschandelung der malerischen bayerischen Landschaft gilt und Offshore-Windparks an Nord- und Ostsee so weit von der Küste entfernt sein müssen, dass sie mit bloßem Auge nicht sichtbar sind, sind die Waliser da gelassener.

Nur zwölf Kilometer vom Strand entfernt entsteht in der Bucht von Liverpool gut erkennbar der zweitgrößte Windpark der Welt. Ruhig drehen sich die Windräder auf der glitzernden See, während an Land Kinder spielen und Jugendliche sich in das auch im August kühle Nass des Atlantiks wagen. Auch wenn das kein besonders guter Standort für Badefreuden ist, bietet er beste Voraussetzungen für erneuerbare Energien: Hier weht der Wind kräftig und stetig.

Die Einweihung von Gwynt y Môr – zu Deutsch Wind im Meer –
ist für kommendes Jahr vorgesehen. Die 160 Pfeiler stehen schon, die 3,5-Megawatt-Turbinen sind montiert. Einige Verkabelungen fehlen noch, aber die Hälfte der Anlagen speist bereits Strom in das lokale Netz ein. Sukzessive werden weitere Windräder an das Netz angeschlossen. Die Gesamtleistung beträgt 578 Megawatt – so viel wie ein großes Steinkohlekraftwerk oder ein kleineres Atomkraftwerk.

Öko-Metropole München

Der Windpark ist ein Gemeinschaftsprojekt von RWE (60 %), den Stadtwerken München (30 %) und Siemens (10 %). Wenn Gwynt y Môr komplett fertig ist, werden die SWM ihrem Ziel, die Stadt München mit ihrem Gesamtstromverbrauch von 7,5 Mrd. Kilowattstunden bis zum Jahr 2025 mit Ökostrom zu versorgen, wieder einen guten Schritt näher gekommen sein. „Das ist eines der wichtigsten Beteiligungsprojekte auf dem Weg zum 100 %-Ziel“, erklärte
Dr. Florian Bieberbach, Geschäftsführer der SWM, bei einer Besichtigung in Wales.

Etwa eineinhalb Jahre hatten sich die SWM ausschließlich auf Windkraftprojekte im Ausland konzentriert. Anfang 2013 hatte Bieberbach wegen der Ungewissheiten um die EEG-Neuregelung einen Investitionsstopp für Inlandsvorhaben verhängt. Seit Jahresmitte ist er wieder aufgehoben. Als nächstes Projekt wird der Windpark „Sandpark“ zusammen mit Vattenfall mit einer Gesamtleistung von 288 Megawatt in Angriff genommen.

Die SWM sind dringend darauf angewiesen, dass die Windparks vorankommen. Denn wie andere Energieerzeuger erzielen die Stadtwerke immer weniger Gewinne aus der konventionellen Stromerzeugung. Die Investitionen in Offshore sind hoch. Auf insgesamt 2 Mrd. Euro belaufen sich die Kosten für Gwynt y Môr, 800 Mio. Euro davon stemmen die SWM. Auch wenn die Münchner anders als viele andere Stadtwerke auf eine solide Bilanz und Kapitalausstattung verweisen können, sind die Beiträge aus der Windenergie-Erzeugung eine wichtige Stütze für den Ertrag.

Eigentlich sollte Gwynt y Môr bereits Ende 2014 ans Netz gehen. Doch der Start hat sich mittlerweile um ein halbes Jahr verzögert. Auch wenn die Offshore-Wind-Industrie aus den ersten Kinderschuhen heraus ist, gibt es immer wieder Überraschungen. Dazu gehören zum Beispiel schwierigere Bodenverhältnisse, als bei den Probebohrungen ermittelt wurden. Zu Jahresbeginn 2014 war das Wetter wesentlich schlechter als normalerweise üblich. Die Ingenieure konnten wegen des hohen Seegangs nicht zu ihrer nassen Baustelle fahren. Eine besondere Herausforderung war der Fund von drei Bomben aus dem Zweiten Weltkrieg auf dem Meeresboden mitten auf der 80 Quadratkilometer großen Windfarm – sie stammten von der deutschen Wehrmacht.

hp

07.09.2014 | 09:15

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