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Saubere Förderung

Der Rohstoffhunger der Industrie ist ungebrochen. Doch viele Materialien werden in Konfliktregionen gefördert. Die EU will mit einer neuen Verordnung gegensteuern.

Deutschland ist bei vielen Rohstoffen vollständig auf Importe angewiesen. Während über die Versorgung mit Energierohstoffen und Strategien für deren effiziente Nutzung nicht erst seit der aktuellen Krise in der Ukraine, sondern bereits seit knapp vier Jahrzehnten intensiv diskutiert wird, sind die nicht-ener­getisch genutzten Rohstoffe, wie Erze, Industriemineralien, Baumineralien sowie die stofflich genutzten biotischen Rohstoffe, erst seit wenigen Jahren stärker in den Fokus gerückt. Anlass hierfür bieten zum einen strukturelle Veränderungen der globalen Rohstoffmärkte, aber auch steigende gesellschaftliche Anforderungen an Transparenz und Kontrolle im Rohstoffsektor.

Zu den wichtigsten strukturellen Veränderungen der Rohstoffmärkte zählt die Zunahme der globalen Nachfrage nach Rohstoffen und der Konkurrenz beim Zugang zu Rohstoffen aufgrund des Wirtschaftswachstums der Schwellenländer. Der hiermit verbundene Preisanstieg hat nach Berechnungen des Fraunhofer ISI dazu geführt, dass der Anteil der Wertschöpfung des Verarbeitenden Gewerbes am Wert der eigenen Produkte deutlich gesunken ist. Zwischen 1995 und 2007 ist dieser Anteil um 6,2 Prozentpunkte gesunken, wovon 2,4 Prozentpunkte auf den Preisanstieg bei den nicht-energetisch genutzten Rohstoffen zurückgeführt werden können.

Neben den negativen Auswirkungen steigender Rohstoffpreise wird in zahlreichen Studien die Abhängigkeit vieler Hoch- und Spitzentechnologien von einer stabilen Rohstoffversorgung betont. Beispielsweise kann eine rasche Verbreitung neuer Technologien wie der Elektromobilität zu einer starken Erhöhung der Nachfrage nach bestimmten Rohstoffen führen. Da sich das Rohstoffangebot nur sehr langsam an einen Anstieg der Nachfrage anpassen kann und die Kontrolle über die Rohstoffproduktion auf wenige Minengesellschaften und Länder konzentriert, führt dies zu einer hohen Abhängigkeit der deutschen Wirtschaft. Durch geeignete Strategien, zum Beispiel eine stärkere Nutzung von Recycling, langfristige Verträge mit Minengesellschaften oder eine stärkere Diversifizierung des Rohstoffbezugs auf Unternehmensebene, kann dieser Entwicklung erfolgreich begegnet werden.

Unterstützung erhalten Unternehmen dabei auch durch staatliche Maßnahmen mit dem Ziel, die im Jahr 2010 verabschiedete Rohstoffstrategie der Bundesregierung sowie das Deutsche Ressourceneffizienzprogramm umzusetzen. Die Schwerpunkte dabei liegen bisher auf dem Abbau von Handelshemmnissen im Rahmen der WTO, dem Aufbau von Partnerschaften mit rohstoffreichen Ländern sowie der Förderung von Rohstoffeffizienz, -recycling und -substitution. Des Weiteren werden von der neu gegründeten Deutschen Rohstoff­agentur (DERA) gezielte Beratungsangebote für Unternehmen angeboten, die insbesondere für kleine und mittelständische Unternehmen interessant sind.

Forderung nach mehr Transparenz


Steigende gesellschaftliche Anforderungen an Transparenz und die Einhaltung gewisser Normen im Rohstoffsektor sind gegenwärtig eine weitere Herausforderung, der sich Unternehmen bei der Gestaltung ihrer Wertschöpfungskette stellen müssen. Zu den bekanntesten Maßnahmen gehören die OECD-Leitlinien zur Sorgfaltspflicht für Wertschöpfungsketten mit Mineralien aus Konflikt- und Hochrisikogebieten sowie Artikel 1502 des US-amerikanischen Dodd-Frank-Acts.

Auch die EU-Kommission hat Anfang März 2014 einen entsprechenden Verordnungsentwurf zur Selbstzertifizierung vorgelegt. Ziel dieser Initiativen ist die Unterbindung der Finanzierung bewaffneter Gruppen in Konfliktregionen. Die deutliche Tendenz in Richtung steigender Informations- und Nachweispflichten in Bezug auf die Wertschöpfungskette wird dazu führen, dass in Zukunft weitere soziale und ökologische Probleme des Rohstoffsektors in ähnlicher Weise aufgegriffen werden. Nicht zuletzt vor dem Hintergrund des Reputationsrisikos ist es für Unternehmen notwendig, entsprechende Probleme rechtzeitig zu identifizieren und geeignete Strategien zur Überwindung zu entwickeln wie etwa eine freiwillige Zertifizierung, für die es bereits eine Vielzahl von Ansätzen gibt.


Dr. Carsten Gandenberger

04.07.2014 | 21:38

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