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Spirit einer Marke

Marc O’Polo: Mit Banken will er nichts zu tun haben, er hält sich gern im Hintergrund und die Mitarbeiter für wichtiger als sich selbst – damit ist Werner Böck, Eigentümer des Rosenheimer Modeunternehmens, höchst erfolgreich.

Kunst ist mehr als teure Zierde. Werner Böck, Eigentümer der Marc O’Polo AG, steht vor einer zwei Meter hohen Bronzeplastik vor seiner Firma. „Incident 3D“ lautet der Titel. Der Künstler ist Tony Cragg, ein bekannter Bildhauer aus England. Doch für Böck ist etwas anderes wichtig: „Immer wieder schaue ich diese Plastik von jeder Seite an, entdecke sie jedes Mal neu, frage mich: Ist da vielleicht doch ein Gesicht?“ Böck ist neugierig und stets bereit zum Sprung, zum Wechsel der Perspektive, und dennoch legt er großen Wert auf Bodenhaftung. „Wenn man will, dass alles so bleibt, wie es ist, muss man sich ständig verändern“, lautet einer der Grundsätze, mit denen dieser Unternehmer es weit gebracht hat.

Erdbeere sorgt für Aufsehen

Rolf Lind, Göte Huss und Jerry O’Sheets gründeten das Unternehmen 1967 in Schweden. Der Name Marc O’Polo setzt sich zusammen aus dem Namen des amerikanischen Gründers Jerry O’Sheets und dem venezianischen Händler Marco Polo, der im 13. Jahrhundert China bereiste. Die drei Gründer waren Exoten und sorgten in der euro­päischen Modewelt für Wirbel. Marc O’Polo produzierte zu der Zeit Blusen und Hemden aus handgewebter Baumwolle. Die Erdbeere – schlichtes Motiv der ersten Werbekampagne – sorgte damals für internationales Auf­sehen.

Werner Böck fielen die Schweden auf, als sie mit einem kleinen Stand bei der Kölner Herrenmodewoche testen wollten, wie ihr junges Label außerhalb Skandinaviens ankommt. „Das war damals etwas Sensationelles. Das hat mir einfach sehr gut gefallen.“ Marc O’Polo setzte – auch das war noch ungewöhnlich – auf Natur, auf bequeme Kleidung ohne Kunstfaser, ohne Chemie.

Böck war im Textilgeschäft groß geworden – seine Familie hatte ein Herrenausstatter-Geschäft und er hatte die Textilfachschule gerade abgeschlossen. Nach einem einjährigen Aufenthalt in England übernahm Böck 1968 den Vertrieb von Marc O’Polo für Deutschland, Österreich und die Schweiz.

Keine Hilfe von ­Banken

In einem Hinterhof begann der Rosenheimer, mit ein paar Mitarbeitern ein Netz aufzubauen. „Meine Eltern unterstützten mich mit 50 000 Mark Startka­pital.“ Das Unternehmen wuchs stetig. Aber: „Es war mir wichtig, dass wir alles selbst finanzieren konnten. Ich wollte nicht, dass die Banken da mitreden.“ Diese Regel gelte bis heute. Bald verkaufte Böck nicht nur, er wurde zum Ideengeber – und Deutschland zum wichtigsten Absatzmarkt der Marke. Ein einfaches Unisex-Sweatshirt mit dem Aufdruck Marc O’Polo auf dem ­Rücken entwickelte sich zum Hit. Es war in 25 Farben erhältlich und wurde weltweit mehr als eine Million Mal verkauft. Böck: „Wir gehörten zu den Vorreitern der Logomanie.“

So pragmatisch wie dieser Mann, so pragmatisch ist das Konzept, das Marc O’Polo bis heute verfolgt: Kollektionen ohne Schnörkel. Die Marke setzt sich ab von dem in der Modebranche üblichen Glamour, verfolgt seit 45 Jahren konsequent einen unverwechselbaren Stil. Der Chef verkörpert dieses Programm. Werner Böck steht und stand nie gern im Rampenlicht. „Casual ist unsere DNA“, sagt Böck, der selbst ein legeres Sakko zum casual Hemd trägt.

Heute ist er 69 Jahre alt und überlässt nach seinem Wechsel in den Aufsichtsrat das Tagesgeschäft seit Oktober vergangenen Jahres seinen Geschäftsführern. Er hat kein Problem damit, sich im Hintergrund zu halten. Nicht er sei wichtig, betont der Chef, die Mitarbeiter seien es: „Sie müssen sich mit unserer Mode identifizieren, müssen die Marke leben.“

Auf diese überzeugte Haltung gegenüber dem Produkt, also der jeweiligen Kollektion, kam es Böck vor allem an, nachdem er 1997 die Mehrheit der Firma Marc O’Polo übernommen, den schwedischen Sitz aufgelöst hatte und am Standort Stephanskirchen 30 Jahre nach der Firmengründung noch einmal neu startete. Anfangs setzte er auf ein Team aus 80 Mitarbeitern. „Ich wollte Menschen mit Pioniergeist, eine Mannschaft, die den guten Spirit nutzt. Wir wollten die Marke neu positionieren – weg von der Mitte, hin zum Premiumlabel.“ Das Konzept ging auf. Der Umsatz betrug im ersten Jahr 120 Mio. D-Mark. Heute beträgt der Konzernumsatz inklusive Lizenzen 404 Mio. Euro. Die Vertriebspräsenz erstreckt sich auf weltweit über 30 Länder. 2013 gab es 2 599 Stores und Handelspartner, 92 eigene Stores, 143 Franchise-Stores, 1 145 Flächenpartner und 1 219 Multi-Brand-Stores.

Böck lebt nicht nur für das Geschäft. Seit Jahren verbringt er seine Freizeit am liebsten auf seinem Anwesen in Ligurien. „Wir leben dort weitgehend autark – haben einen kleinen Weinanbau, Gemüse und alles, was wir so brauchen.“ Darüber hinaus nutzt Böck die Nähe zu den Alpen, fährt begeistert Ski. Zunehmend trifft man den pas­sionierten Golfer auch auf dem Grün an.

An Rückzug hatte er jedoch nie gedacht. Es gab es immer wieder Kaufinteressenten für Marc O’Polo. Aber Böck sagt: „Warum soll ich verkaufen. Ich habe doch alles.“ Außerdem gibt es da noch zwei Söhne, die „zumindest nicht uninteressiert seien“. Der eine (24) kenne sich mit Zahlen aus, der andere (21) interessiere sich für Mode. Besser könnten die Zukunftsaussichten nicht sein.

vbw

30.12.2013 | 09:25

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