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Volkswagen in der Krise: Richtungsweisende Wochen

Vorstandsboni streichen oder nicht? Diese Frage beschäftigt derzeit die Führungsetage des Volkswagen-Konzerns, der im Zuge der Abgasaffäre weiterhin tief in der Krise steckt. Bei einem Treffen in Wolfsburg kommt es zu keiner Entscheidung - dafür wächst der Druck von außen. 

Bis zum 21. April ist noch Zeit. Spätestens dann muss Volkswagen eine außergerichtliche Einigung mit der US-Umweltbehörde EPA erzielt haben, sonst droht im Sommer ein Prozess. Und das wollen die Wolfsburger unbedingt vermeiden, denn die Klage des US-Justizministeriums wegen Verstößen gegen US-Umweltrecht beläuft sich auf bis zu 46 Milliarden Dollar. Wegen der laufenden Verhandlungen musste VW sogar eine Aufsichtsratssitzung am 20. April verschieben. Passiert ist das alles nur, weil Volkswagen weltweit fast elf Millionen Fahrzeuge mit einer Manipulationssoftware ausstattete, die Prüfsituationen erkennt und dann die Abgaswerte reduziert. Die EPA deckte machte diese schweren Verstöße öffentlich, der Skandal zog immer weitere Kreise. Monate später ist man in Wolfsburg immer noch dabei, die Scherben aufzusammeln. 

Dass Volkswagen jetzt jeden Cent für die drohenden Straf- und Entschädigungszahlungen braucht, sollte einleuchten. Umso hitziger ist die Diskussion, wenn es um die Zahlung millionenschwerer Boni geht. Niedersachsen, an vorderster Front Ministerpräsident Stephan Weil (SPD), verlangt vom VW-Vorstand den Verzicht. Doch rein rechtlich gesehen stehen der Führungsetage die Boni zu - zwischen 2012 und 2014 nahm der Konzern eine gute Entwicklung, noch Anfang 2015 brach man Rekorde. Dabei darf man jedoch nicht vergessen, dass diese Erfolge zum Teil auf technischen Manipulationen beruhten.


"Wirtschaftlichkeit und Beschäftigung als gleichrangige Unternehmensziele"

Doch Stephan Weil geht es um die Moral. Da sein Bundesland drittgrößter Volkswagen-Aktionär ist, hat der Ministerpräsident ein besonderes Interesse, Volkswagen gegenüber der Bevölkerung wieder als Vorzeigeunternehmen darzustellen. Ein freiwilliger Verzicht abseits vertraglicher Rechte könnte auch als Signal an die Belegschaft fungieren. Denn Volkswagen hat bereits mehr als 1.000 Leiharbeiter nach Vertragsablauf vor die Tür gesetzt. VW-Chef Matthias Müller schlägt hingegen eine Kürzung von 30 Prozent vor. Eine dreistündige Sitzung des VW-Präsidiums am Montagmorgen brachte diesbezüglich keine Entscheidung hervor.

Darüber hinaus wurde auch die Debatte um das notwendige Sparprogramm thematisiert - hier kam es offenbar zu einer Einigung. In der vergangenen Woche war über eine Auseinandersetzung zwischen VW-Markenchef Herbert Diess und Betriebsratschef Bernd Osterlot berichtet worden, die Konzern jedoch dementierte. Jetzt steht fest, dass Konzernvorstand und Betriebsrat gemeinsam an Markenstrategie und Standortfragen arbeiten wollen. Matthias Müller erinnert: „Die Marke Volkswagen steht für über die Hälfte aller weltweiten Produktionsstandorte des Konzerns und hat als volumenstärkste Marke für den Volkswagen Konzern besondere Bedeutung. Betriebsrat wie Vorstand stehen zu ihrer Verantwortung für die über 215.000 Mitarbeiter. Eine klare Strategie ist für die Zukunft der Marke unerlässlich.“

Trotz tiefer Krise muss Volkswagen nach vorne schauen, findet auch Bernd Osterloh: „Wir wollen gemeinsam die Auswirkungen des Abgasskandals meistern und gleichzeitig Volkswagen in das Zeitalter der Elektromobilität und Digitalisierung führen.“ Im Sinne der „Initiative Volkswagen 2025“ wolle der Konzern Wirtschaftlichkeit und Beschäftigung als gleichrangige Unternehmensziele führen, so Stephan Weil. 

Marius Mestermann

11.04.2016 | 17:22

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