Arbeitsschutz in Deutschland verbessert sich, aber Risiken auf Baustellen, in Werkstätten und im Straßenverkehr bleiben. Bild: Freepik, senivpetro



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Arbeitsunfälle: Wie sich Unternehmen gegen Regressforderungen schützen können

Gastbeitrag

783.466 – das ist die Zahl der meldepflichtigen Unfälle, die sich im Jahr 2023 im Bereich der Unfallversicherung der gewerblichen Wirtschaft und der Unfallversicherung der öffentlichen Hand ereigneten und eine Arbeitsunfähigkeit von mehr als drei Tagen oder im schlimmsten Fall den Tod zur Folge hatten. Immerhin: Das waren 0,5 Prozent weniger als im Jahr zuvor. 

Zahl der tödlichen Unfälle sinkt – doch eine unfallfreie Arbeitswelt wird es nie geben

Nach Zahlen der Unfallversicherung gab es 2023 insgesamt 10.283 schwere Arbeitsunfälle, bei denen es zur Zahlung einer Rente oder eines Sterbegelds gekommen ist. Immer noch eine hohe Zahl, hinter der viele menschliche und familiäre Einzelschicksale stehen – gleichwohl ist das Risiko je 1.000 Vollarbeiter, einen schweren Arbeitsunfall zu erleiden, von 0,253 im Vorjahr auf 0,237 im Jahr 2023 um 6,3 Prozent gesunken. Die Zahl der tödlichen Arbeitsunfälle nahm von 2022 auf 2023 um 42 Fälle auf 381 ab. Bei den tödlichen Wegeunfällen ist gegenüber dem Vorjahr eine Abnahme um 30 Fälle auf 218 Todesfälle zu verzeichnen. 

Es stimmt sehr positiv, dass die Zahl der tödlichen Arbeitsunfälle seit Jahren zurückgeht. Das ist zum einen dem deutlich verbesserten Arbeitsschutz zu verdanken. Zum anderen der weiter fortschreitenden Entwicklung Deutschlands hin zur digitalisierten Dienstleistungsgesellschaft. Doch täusche sich niemand: Gefährliche Risiken, bis zur Todesgefahr lauern auch im Großraumbüro oder selbst im Homeoffice. Zudem stellen nicht nur herumliegende Kabel im Büro, Kreissägen in der Werkstatt oder kipplige Leitern auf der Baustelle eine Gefahr dar. Große Risiken lauern nach wie vor auf den Straßen, beim Weg ins Büro oder zur Baustelle auf regennasser Fahrbahn bei noch dunkler Dämmerung zum Beispiel.

Geschäftsführer und leitende Angestellte in der Pflicht – und schnell in Regress

Kommt es trotz aller Vorsicht und aller Vorschriften im Betrieb zum Arbeitsunfall, sind Geschäftsführung und leitende Angestellte immer häufiger hohen Regressforderungen ausgesetzt – allen voran von Sozialversicherungsträgern wie der Berufsgenossenschaft, der gesetzlichen Krankenversicherung oder der Deutschen Rentenversicherung.
Besonders schnell schießen die Regressforderungen im Baubereich in die Höhe: Das liegt in der Natur der Sache und der Art der Arbeit. Die Fallhöhe steigt gerade leider bei gewerblichen Bauten mit der Höhe der Etagen, in der gearbeitet wird. Zudem sind oft Arbeitswerkzeuge im Gebrauch, die deutlich gefährlicher sind als eine Computertastatur oder ein Bildschirm von Office-Beschäftigen.

Die Regressansprüche von Sozialversicherungsträgern führen gerade im Bauhandwerk zu den teuersten Personenschäden. Aus 140 aktiv bearbeiteten Fällen bewegten sich die Regressschäden sich nach meiner Erfahrung in Schadenhöhen von 155.000 EUR bis 1.350.000 Euro. Viele Unternehmer und leitende Angestellte sind sich des Problems und ihrer Angreifbarkeit durchaus bewusst. Doch so leicht ist die Materie kaum zu durchdringen. Allein aufgrund der Vielzahl an Vorschriften, Arbeitsschutzrichtlinien, Arbeitsschutzgesetzen und Unfallverhütungsvorschriften ist eine präventive Risikoabsicherung kaum zu leisten. 

Besonders betroffen sind die in der Bauwirtschaft häufig anzutreffenden Generalunternehmer. Denn die Vorschriften sind nicht nur auf die eigenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, sondern auch auf die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Subunternehmern anwendbar. Die Juristinnen und Juristen sprechen in diesem Fall von der „gesamtschuldnerischen Haftung“ oder praktisch von Kettenhaftung. Aus unserer Sicht ist der Regress inzwischen das größte operative Risiko von produzierenden und handwerklichen Tätigkeiten.

Verschärfend kommt hinzu, dass im Fall der Fälle verantwortliche Personen selbst auf Unternehmensseite für den entstandenen Schaden und den Regress geradestehen müssen. Rechtlicher Hintergrund: Die Anspruchsgrundlage Paragraf 110 SGB VII bezieht sich auf einen Regress aus Verschulden mit deliktischem Charakter (Verletzung von Arbeitsschutzvorschriften). Ein Unternehmen selbst kann jedoch nicht deliktisch haften, sondern entweder die Vertretungsorgane einer Kapitalgesellschaft – das sind die Geschäftsführer – oder im Fall der Personengesellschaft ohnehin die Inhaber persönlich und unmittelbar. Das ist unter anderem der Grund, warum Sozialversicherungsträger im Wege des Rückgriffs nicht nur das Unternehmen, sondern in Abhängigkeit der Schwere des Verschuldens auch die Geschäftsführer und auch leitende Angestellte wie z.B. Vorarbeiter oder Projektleiter persönlich und unmittelbar in Anspruch nehmen können.

Klassische Haftpflichtpolice bietet keinen Schutz

Was tun? Oder besser: Wie absichern? Eine Haftpflichtversicherung bietet keinen umfassenden Schutz gegen alle Haftpflichtgefahren eines Versicherungsnehmers. Die meisten Betriebshaftpflichtversicherungen schließen Regressforderungen von Sozialversicherungsträgern vom Versicherungsschutz inzwischen gänzlich aus oder knüpfen den Versicherungsschutz an Voraussetzungen, die in der betrieblichen Praxis regelmäßig nicht zu leisten sind. In jedem Fall ist das aufmerksame Studieren der Vertragsbedingungen durch spezialisierte Juristinnen und Juristen ratsam, um wirklich für Rechtssicherheit zu schaffen.

Die Rechtsprofis bei EFFEKT haben in Zusammenarbeit mit einem internationalen Versicherungskonsortium exklusiv eine Lösung entwickelt, die Unternehmen vor dem Regress von Sozialversicherungsträgern wirksam schützt. Neben der zivil- und strafrechtlichen Schadenabwehr ist dabei auch die eigentliche Regressforderung mit adäquaten Selbstbeteiligungsmöglichkeiten abgesichert. 

 

ÜBER DEN AUTOR

Pascal Zerwas © EFFEKT

Pascal Zerwas ist geschäftsführender Gesellschafter der EFFEKT Unternehmensgruppe. Das 2007 gegründete Unternehmen hat seinen Sitz in Mülheim-Kärlich im Norden von Rheinland-Pfalz. EFFEKT definiert sich als eine interdisziplinäre, juristisch geprägte Unternehmensgruppe. Die Tätigkeitsfelder untergliedern sich in fach- und bereichsspezifische, spezialisierte Unternehmen mit verschiedenen Beratungsschwerpunkten. Im Mittelpunkt des Beratungsangebotes stehen die Interessen von Geschäftsführerinnen und Geschäftsführern sowie Gesellschafterinnen und Gesellschaftern mittelständischer Unternehmen im Bereich Versicherungsrecht, Vorsorgelösungen und Wirtschaftsrecht.

 

 

13.08.2024 | 12:35

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