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Harte Zeiten für softe Drinks

So lernen es inzwischen Generationen von Grundschülern weltweit. Allmählich scheint sich diese Erkenntnis aus Kindertagen auch ins Konsumverhalten von Erwachsenen zu übertragen.

D er Cola-Trinker ist im Durchschnitt 38 Jahre alt – zu alt, um den Brause-Strategen aus Atlanta, Georgia, zufriedenzustellen. Das Image der Kultbrause bröckelt ein wenig, denn gerade jüngere Käufer wechseln immer häufiger zu gesünderen Alternativen. Diesen Trend erkennt der weltweit größte Getränkehersteller – und möchte gegensteuern. „Das vergangene Jahr war für uns wie ­eine Bodenwelle in der Straße. Und diese ­Bodenwelle spiegelt sich auch in unserem Umsatz wider“, resümiert der Finanzvorstand der Coca-Cola Company, Gary ­Fayard. Eine Lösung zur Ausbesserung der Bodenwelle bietet schon die Veranstaltung, auf der Fayard diese Aussage tätigte: In London startete Coca-Cola eine weltweite Tour, bei der insgesamt 89 Länder bis zur Fußball-Weltmeisterschaft in Brasilien bereist und beeindruckt werden sollen.

Als Sponsor der WM im Sommer nutzt Coca-Cola die Gelegenheit, um auf Nachhaltigkeit und gesunde Ernährung aufmerksam zu machen. Was zunächst nach einem billigen Marketingtrick klingt, könnte für den im heißen Süden der USA sitzenden Konzern reiche Früchte tragen. Denn nicht nur die globale Zielgruppe haben die Fußball-WM und der Getränkehersteller gemeinsam, sondern auch die Historie. Denn betrachtet man den langfristigen Aktienchart, fällt einem auf, dass „zufällig“ alle vier Jahre ein Sommerhoch erkennbar ist. Dass dies tatsächlich mit dem Sponsoring der Weltmeisterschaften kausal zusammenhängt, ist zwar nur eine Theorie. Aber die sichtbare Korrelation ist dennoch verblüffend.

Ist die „grüne“ Cola gesünder?

Ein anderer Plan, um auf den Gesundheitstrend zu reagieren, heißt „Coca-Cola Life“. Dabei handelt es sich um eine gesunde, grüne Cola. Zumindest eine gesündere, grünere. Diese soll rund die Hälfte der Kalorien einer regulären Coca-Cola enthalten, indem sie mit dem natürlichen Süßstoff Stevia gesüßt wird. Manche Kritiker halten die neue Cola für zu bitter, um sich massenhaft durchzusetzen. Getestet wird die Cola Life seit dem vergangenen Jahr auf dem argentinischen und chilenischen Markt. Wenn es gut läuft, kann man die Brause in grüner Verpackung auch bald in Deutschland trinken.

Nicht richtig prickelnd ist auch die Entwicklung des Aktienkurses. „Das sieht mittelfristig nach einer klassischen Seitwärtsbewegung aus“, analysiert ein New Yorker Händler mit Blick auf den Chart. Ein positiver WM-Impuls oder eine grüne Cola könnte dem Unternehmen also guttun. Doch darauf allein wollen sich die Amerikaner nicht verlassen. 1 Mrd. US-Dollar will der Konzern bis 2016 sparen, um Geld für Werbekampagnen und Marketing zu sammeln. Zwar erwirtschaftet das Unternehmen weiterhin Milliardengewinne, doch das Geschäft mit der klassischen Coke hapert. Konzernchef ­Muhtar Kent mit einer für CEOs sehr typischen Floskel zur Erklärung von negativen Resultaten: „2013 war durch anhaltende wirtschaftliche Herausforderungen rund um die Welt geprägt.“ Der Konzerngewinn betrug im vergangenen Jahr 6,3 Mrd. ­Euro und lag damit 5 % unter dem Vorjahreswert. Auch beim Umsatz büßte die Coca-Cola Company ein.

Deutschland ist ein beständiger Markt

Deutschland hingegen ist für den Getränkehersteller aus Übersee ein beständiger Markt. Das Unternehmen mit einer 127 Jahre alten Tradition konnte das Verkaufsvolumen in Deutschland sogar noch leicht ausweiten. Ganze 3,8 Mrd. Liter an Getränken des Coca-Cola-Konzerns gingen im vergangenen Jahr über den Tresen.

Zum Portfolio gehören nach eigenen Angaben über 3 500 Produkte. Auf der Homepage kann man sich eine Liste ansehen, die allerdings „nur“ 643 verschiedene Marken enthält. Allein diese hintereinander aufzuschreiben würde ziemlich exakt der Länge dieses Artikels entsprechen. Zu den Produkten der Coca-Cola Company gehören Erfrischungsgetränke, Wasser, Säfte, Fruchtsäfte, Sportgetränke, Energy Drinks sowie trinkfertiger Tee und Kaffee.

Auch Warren Buffett schmeckt das

Warren Buffett gefällt das nach wie vor. Er nippt nicht nur bei öffentlichen Auftritten an einer Coca-Cola-Cherry-Dose, sondern hält auch im Portfolio seiner Investmentgesellschaft Berkshire Hathaway ein riesiges Paket Aktien des amerikanischen Getränkeherstellers: 400 Mio. Coca-Cola-Wertpapiere im Gesamtwert von rund 16,5 Mrd. US-Dollar gehören dem Großinvestor.

Buffett schätzt mit Sicherheit auch die Kontinuität der Dividendenausschüttung. Denn wer Papiere von Coca-Cola gekauft hat, konnte sich in der Vergangenheit und vermutlich auch in der Zukunft sicher sein, eine Dividende zu erhalten. Seit 1920 hat der Konzern kein Quartal ausgelassen, ohne die Aktionäre mit Ausschüttungen zu beglücken. Diese Tatsache ist schon rekordverdächtig. Hinzu kommt aber außerdem, dass die Dividende in den vergangenen 51 Jahren auch noch beständig gestiegen ist. Zumindest im Schritt vom jeweils letzten Quartal eines Jahres zum ersten des Folgejahres. Innerhalb der Geschäftsjahre gab es nämlich durchaus Schwankungen. Dadurch kommt auch das Paradox zustande, dass trotz vermeintlich jährlich steigender ­Dividende der erste Quartalswert in diesem Jahr ebenso wie 1988 0,30 US-Dollar beträgt. Die diesjährige Dividende von genau 0,305 US-Dollar bringt bei aktu­ellem Kurs eine vierteljährliche Dividendenrendite von gut 1 %.

Trotz der erstaunlichen Kontinuität, die der Traditionskonzern in so vielen Bereichen aufweist, müssen Coca-Cola die jüngsten Absatzentwicklungen auf dem Heimatmarkt ein Warnzeichen sein. Nordamerika ist mit 21 % der zweitgrößte Markt für den Getränkeriesen. Nur in Süd- und Mittelamerika ist der Konzernumsatz größer: 29 %.

Der altbekannte Rivale PepsiCo hat übrigens ähnliche Probleme in Nordamerika und schwache Zahlen für das vergangene Geschäftsjahr vorgelegt. Auch hier wurden kürzlich Kostensenkungsprogramme und Stellen­abbau angekündigt. Ein Vorteil des Konkurrenten, der mit 66,4 Mrd. US-Dollar einen deutlich größeren Umsatz als die Coca-Cola Company (47 Mrd. US-Dollar) hat, ist die sogenannte laterale Produktdiversifikation, die Pepsi einst vorgenommen hat. Denn von jeher stellt der Konzern aus New York neben Getränken auch noch Snacks und Frühstücksflocken her.

Jeder kann sein Cola selbst machen

Wenngleich sich die Coca-Cola Company weiterhin im Getränke-Metier wohlfühlt, gibt es auch aus Georgia relevante Innovationen. 1,3 Mrd. US-Dollar hat Coca-Cola in das Unternehmen Green Mountain Coffee investiert. Der Kaffeehersteller will eine Maschine auf den Markt bringen, mit der jeder seine Coca-Cola-Softdrinks zu Hause zapfen kann. „Die Menschen verbringen immer mehr Zeit zu Hause. Wir müssen neue Wege finden, die Kunden zu erreichen“, so Vorstandschef Kent. „Wir arbeiten daran, 2014 wieder an Fahrt zu gewinnen“, verspricht der CEO und verweist auf demografische und soziale Entwicklungen weltweit. Durch eine wachsende Mittelschicht, eine fortwährende Verstädterung und den steigenden Pro-Kopf-Verbrauch würde der Coca-Cola-Absatz wieder zulegen. Mit dieser Aussage blickt Kent selbstverständlich auch hoffnungsvoll auf den chinesischen Markt. Doch hier läuft es ebenfalls nicht so richtig glatt. Denn ein chinesischer Hersteller hat mit seiner „Future Cola“ inzwischen 7 % Marktanteile. Mit patriotischen Slogans wie „Chinas Volks-Cola“ und einem günstigen Preis hat der Hersteller insbesondere bei der ländlichen Bevölkerung Erfolg.

Trotz aller Probleme: Coca-Cola Company ist ein sehr soli­der Konzern, dessen Hauptmarke nach wie vor zu den Top 5 der wertvollsten Brands gehört. Kaum ein Produkt hat eine solche Markenwirkung wie Coca-Cola. Das Unternehmen der Superlative beschäftigt weltweit über 700 000 Mitarbeiter und verkauft jährlich 152 Mrd. Liter Coca-Cola-Getränke. Bis auf Kuba und Nordkorea kann man in allen Ländern dieser Welt eine Coke kaufen.

Die Fußball-WM in Brasilien, eine gesündere Cola und gutes Marketing sollten dem Getränkehersteller im Jahr 2014 wieder bessere Zahlen verschaffen. Einer Dividende können sich Aktio­näre in jedem Fall gewiss sein. Und wer es mit der Legende Warren Buffett hält, investiert in Coca-Cola, trinkt einen Schluck Cherry-Coke und lehnt sich entspannt zurück.

WCW

31.05.2014 | 14:57

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