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Weltweit sinken Steuern – nur hier nicht

Die Belastung von Mittelständlern mit Steuern und Abgaben hat in Deutschland 2012 deutlich zugenommen – gegen den weltweiten Trend. Der Anteil aller Steuern und Abgaben am Gewinn, die sogenannte Total Tax Rate, habe sich im Vergleich zum Vorjahreszeitraum von 46,8 % auf 49,4 % erhöht; im weltweiten Durchschnitt sei die Total Tax Rate dagegen von 44,7 % auf 43,1 % gesunken.

Das ist das Ergebnis eine Studie namens „Paying Taxes 2014“ der Weltbank, des Beratungsunternehmens PricewaterhouseCoopers (PwC) und der International Finance Corporation (IFC). Im globalen Steuerranking fällt der Standort Deutschland demnach von Platz 72 auf Platz 89 deutlich zurück. Andere Volkswirtschaften in der Eurozone schneiden weitaus besser ab, Finnland beispielsweise liegt auf Platz 21, die Niederlande sind auf Platz 28 und sogar Frank-reich liegt auf Rang 52 weit vor Deutschland. Zurückzuführen sei diese Entwicklung auf vermeintlich kleine steuerrechtliche Änderungen wie die Abschaffung der degressiven Abschreibung für Wirtschaftsgüter.

In Europa ist die Total Tex Rate am niedrigsten in Kroatien (19,8 %), Luxemburg (20,7 %) und Zypern (22,5 %). Auch Länder, die nicht als Niedrigsteuerland gelten, bürden mittelständischen Unternehmen viel geringere Last auf: In Dänemark etwa beläuft sich die Total Tax Rate auf 27 %.

Die Arbeitgeberbeiträge zur Sozialversicherung treiben nicht nur die Gesamtbelastung, sondern erhöhen auch den Arbeitsaufwand. Weil die Beiträge an vier verschiedene Zweige der Sozialversicherung abgeführt werden, brauchen die Sachbearbeiter im internationalen Vergleich überdurchschnittlich viel Zeit für Steuer- und Sozialversicherungsdinge.

Neben der Total Tax Rate hat auch die Steuerbürokratie Einfluss auf die Belastung der Unternehmen. Im Untersuchungszeitraum (Juni 2012 bis Mai 2013) gab es hier in 32 der weltweit 189 analysierten Länder Verbesserungen. Allerdings hat sich der für die Steuer- und Abgabenverwaltung erforderliche Zeitaufwand leicht erhöht. In den kommenden Jahren dürfte sich der Zeitaufwand in den Unternehmen wieder auf einem niedrigeren Wert einpendeln.

Im weltweiten Durchschnitt benötigt ein mittelständischer Betrieb derzeit 268 Stunden (Vorjahr: 267 Stunden). In Deutschland ist der Zeitaufwand für die Steuerbürokratie sogar kräftig um elf Stunden auf 218 Stunden gestiegen. Hier schlägt sich die Einführung der E-Bilanz nieder, die mit einem signifikanten Umstellungsaufwand verbunden ist.

Zu den steuerlichen Ärgernissen des Mittelstands zählt auch die steigende Gewerbesteuer. Die Gemeinden sind mit einem Hebesatzrecht ausgestattet, können also den Multiplikator bei der Berechnung der Gewerbesteuer selbst festlegen. Auch wenn der Gewerbeertrag nicht steigt, müssen Unternehmen häufig mehr in die Gemeindekasse zahlen.

Viele Gemeinden haben nach Angaben des Bundes der Steuerzahler die Hebesätze 2012 und 2013 angehoben. Der Deutsche Industrie- und Handelstag zählte allein 2013 genau 127 Gemeinden, die ihren Hebesatz für die Gewerbesteuer erhöht haben. Bei den Kommunen ab 50 000 Einwohnern greift sogar ein Drittel in diesem Jahr stärker zu. Vor allem Baden-Württemberg, Niedersachsen, Saarland, Sachsen-Anhalt und Thüringen melden höhere Hebesätze. Ausnahme ist der Freistaat Bayern: Dort sind die Kommunen zurückhaltender.

In der Weltbank-Studie wurden auch Zusammenhänge zwischen Gesamtsteuerbelastung und Bürokratieaufwand eines Staates mit dessen Wirtschaftswachstum untersucht. Das Ergebnis: Staaten, die ihren Unternehmen mehr Steuern abverlangen und das Steuersystem komplizierter gestalten, verzeichnen durchweg niedrigere Wachstumsraten als Staaten mit geringer Steuer- und Abgabenlast und weniger Bürokratie.

Die Studie „Paying Taxes“ vergleicht jährlich die durchschnittliche Steuer- und Abgabenbelastung sowie die indirekten Folgekosten der Steuerbürokratie. Dabei wird ein für alle Staaten einheitliches, repräsen­tatives Modellunternehmen mit 60 Mitarbeitern und mehreren Gesellschaftern zugrunde gelegt. Berücksichtigt werden alle Steuern und Abgaben, die dieses Produktionsunternehmen zahlt, also zusätzlich zu den offen ersicht­lichen Steuern (Gewerbesteuer, Körperschaftsteuer, Solidaritätszuschlag) auch „versteckte“ Steuern und Abgaben wie den Arbeitgeberanteil am Sozialversicherungsbeitrag sowie Energiesteuer, Grundsteuer, Versicherungssteuer und Lkw-Maut. Vor dem Hintergrund dieser Ergebnisse empfehlen die deutschen Mittelstandsverbände die Studie von Weltbank, PwC und IFC der neuen Bundesregierung mit Nachdruck zur Lektüre. 

mr

10.02.2014 | 10:35

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