(Foto: shutterstock)



Karrierealle Jobs


Wirtschaft im Umbruch: Droht Deutschland der Absturz im globalen Handel?

Die globale Wirtschaftsordnung steht vor einem tiefgreifenden Wandel. Protektionismus, geopolitische Spannungen und das Ende multilateraler Strukturen stellen den Welthandel vor neue Herausforderungen. Besonders betroffen: exportorientierte Volkswirtschaften wie Deutschland – und Bayern im Besonderen. Das zeigt eine aktuelle Studie der vbw – Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft e. V., die anlässlich des Ludwig-Erhard-Gipfels am Tegernsee veröffentlicht wurde.

Die Studie, erstellt von der Prognos AG im Auftrag der vbw, beschreibt das Ende der liberalen und multilateralen Weltwirtschaftsordnung unter dem Dach der WTO als wahrscheinlich. Stattdessen zeichne sich eine neue Ordnung ab, geprägt von geopolitischen Rivalitäten, Machtpolitik und bilateralen Handelsbeziehungen. Hauptakteure dieser neuen Struktur seien die USA, China, Indien, Russland und die EU – ergänzt um Staaten und Ländergruppen mit wirtschaftlicher, jedoch begrenzter geopolitischer Bedeutung.

„Die westlich geprägte, regelbasierte Handelspolitik funktioniert nur noch eingeschränkt“, warnt vbw-Präsident Wolfram Hatz. „Für Bayern und Deutschland als stark exportabhängige Wirtschaftsräume sind das alarmierende Entwicklungen.“

Die Studie entwickelt drei mögliche Szenarien für die Zukunft des Welthandels:

Steigende Spannungen ohne Eskalation

  • In diesem moderaten Szenario nehmen die Konflikte, insbesondere zwischen den USA und China, zwar zu, eskalieren jedoch nicht. Um den wirtschaftlichen Schaden zu begrenzen, müsse die EU den Binnenmarkt stärken und Handelsabkommen mit möglichst vielen Partnerstaaten schließen. Sollte sich der Handel mit den USA und China halbieren, droht ein Rückgang des deutschen Außenhandels um rund 250 Milliarden Euro – neun Prozent – und in Bayern um zehn Prozent beziehungsweise 45 Milliarden Euro. Dies könnte laut Studie nur durch eine Verdopplung des Handels mit Regionen wie MERCOSUR, ASEAN, Japan, Südkorea, Kanada und Australien kompensiert werden.


Europa schottet sich ab

  • Sollte die EU selbst protektionistische Maßnahmen ergreifen, wären die wirtschaftlichen Schäden noch gravierender. Nationale Interessen könnten innerhalb der Union die Oberhand gewinnen und die Potenziale des Binnenmarkts blieben ungenutzt. Der Verlust an internationaler Wettbewerbsfähigkeit wäre erheblich.


Eskalation der geopolitischen Konflikte

  • Im Worst-Case-Szenario geraten die geopolitischen Konflikte außer Kontrolle. Die EU wird in den Konflikt zwischen den USA und China hineingezogen, was zu einem drastischen Einbruch der Wirtschaftsbeziehungen mit China führen würde. Hatz erinnert an die Entwicklung nach dem Überfall Russlands auf die Ukraine: „Damals sanken unsere Exporte nach Russland um 67 Prozent, die Einfuhren gar um 89 Prozent.“ Bei einem vergleichbaren Bruch mit China drohten Handelsverluste in Höhe von 200 Milliarden Euro für Deutschland und 40 Milliarden Euro für Bayern.


Handlungsdruck auf die EU wächst

Angesichts dieser düsteren Aussichten fordert die vbw eine entschlossene und pragmatische Handelspolitik: „Wir müssen neue Partner gewinnen und weitere Handelsabkommen schließen“, betont Hatz. Diese müssten zügig und unbürokratisch umgesetzt werden, idealerweise als „EU-only-Abkommen“, die keine Ratifizierung durch alle Mitgliedstaaten erfordern.

Parallel dazu sei eine umfassende Stärkung des europäischen Binnenmarkts unerlässlich. Bürokratieabbau und der Abbau innergemeinschaftlicher Handelshemmnisse seien zentrale Hebel, um sowohl den innereuropäischen Handel zu fördern als auch die EU als attraktiven Handelspartner weltweit zu positionieren.

Fazit

Die vbw-Studie stellt klar: Die globale Ordnung befindet sich im Umbruch – und Bayern wie ganz Deutschland müssen sich strategisch darauf vorbereiten. Nur durch Diversifizierung der Handelspartner, pragmatische Abkommen und einen gestärkten EU-Binnenmarkt können die drohenden wirtschaftlichen Rückschläge abgefedert werden. „Wir haben es selbst in der Hand, die negativen Effekte zu begrenzen“, so Hatz abschließend.

 

Zur Studie

06.05.2025 | 22:14

Artikel teilen: