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Die Luft wird dünner

Fresenius: Der Gesundheitskonzern wächst und wächst. Überhebt er sich an der Übernahme der Rhön-Kliniken? Trotz der Kursrally der jüngsten Vergangenheit bleiben die Analysten optimistisch.

Die Fresenius-Aktie gehörte im vergangenen Jahrzehnt zum Besten, was man an Deutschlands Börsen überhaupt haben konnte. Der Titel erfreute die Anleger mit einer Vervielfachung der Kurse. Der Megatrend der boomenden Gesundheits- und Medizinmärkte schien in Fresenius seine Goldwährung zu haben. Nun steigt der Konzern durch die jüngste Übernahme eines Großteils der in Franken beheimateten Rhön-Klinikum AG auch noch zum größten privaten Krankenhaus-Betreiber Europas auf. Der Kaufpreis beläuft sich auf 3,07 Mrd. Euro und wird ausschließlich über Fremdkapital finanziert, teilte Fresenius mit.

Doch machen sich die Milliarden-Ausgaben für Fresenius überhaupt bezahlt? Oder ist der Megadeal der Anfang vom Ende des sagenhaften Aufstiegs? Aktionäre sind verunsichert, seit Monaten stagniert die Aktie.

Optimisten verweisen auf den strategischen Durchbruch und die Eroberung von Marktanteilen. Der Rhön-Coup sei ein „genialer Schachzug“. Möglicherweise gilt das aber eher für den Verkäufer. Vor rund einem Jahr scheiterte Fresenius noch an der Übernahme von Rhön-Klinikum, diesmal verleiben sich die Bad Homburger rund zwei Drittel der Kliniken ein. Während Fresenius dank dieser Transaktion fortan als erster Anbieter flächendeckend in Deutschland vertreten ist, will sich Rhön stärker auf die Einrichtungen der spitzenmedizinischen Vollversorgung ausrichten, die zum Beispiel mit Universitäten zusammenarbeiten.

Besonders dürften sich die Anteilseigner von Rhön-Klinikum über diesen Deal freuen. Denn die fränkische Krankenhauskette will etwa zwei Drittel des Kaufpreises direkt an die Aktionäre weitergeben. Durch diese Maßnahme scheint ein Ausscheiden von Rhön-Klinikum aus dem MDax nur noch eine Frage der Zeit. „Ich gehe nicht davon aus, dass das in diesem Jahr noch passiert, aber im nächsten Jahr steht das sicher an“, prophezeit LBBW-Analyst Berndt Fernow. Martin Siebert, Vorstandsvorsitzender der Rhön-Klinikum AG, blickt dennoch hoffnungsfroh in die Zukunft: „Wir starten auf der Basis einer stabilen Ertragskraft, die wir für steigerungsfähig halten. Die neue Rhön hat alles, um dank wesentlicher Alleinstellungsmerkmale künftig am Markt noch mehr zu überzeugen.“

Fresenius musste zwar für den Erwerb der 43 Kliniken mit rund 11 800 Betten sowie 15 Medizinische Versorgungszentren tief in die Tasche greifen, aus strategischer Sicht ist die Übernahme aber durchaus sinnvoll. „Der Erwerb der Kliniken der Rhön-Klinikum AG ist ein bedeutender Schritt im weiteren Ausbau unseres Krankenhausgeschäfts“, erläutert Ulf M. Schneider, Vorstandsvorsitzender von Fresenius. „Damit verfügt Fresenius über die Plattform, künftig in Deutschland flächendeckend innovative Versorgungsmodelle anzubieten und neue Wachstumschancen wahrzunehmen.“ 6 % bis 7 % des Krankenhausmarktes in Deutschland werden ab sofort von seinem Unternehmen kontrolliert. Außerdem schafft der Erwerb der Rhön-Kliniken Kostenvorteile, die unter anderem im Einkauf erzielt werden können.

Insgesamt zahlt Fresenius das Zwölffache des EBITDA und im Verhältnis zum übernommenen Anteil sogar etwas mehr, als der Dax-Konzern vor einem Jahr bei der geplanten Komplettübernahme geboten hatte. Im Zuge der Transaktion wird der Verschuldungsgrad der Bad Homburger in diesem Jahr vorübergehend über 3,0, aber unter 3,5 liegen. Im nächsten Jahr soll aber wieder das obere Ende des Zielkorridors von 2,5 bis 3,0 erreicht werden.

Basierend auf einem Gespräch mit dem Finanzvorstand von Fresenius über den Rhön-Zukauf hat die britische Investmentbank Barclays die Einstufung für Fresenius SE auf „Equal Weight“ mit einem Kursziel von 96,60 Euro belassen. Analystin Sally Taylor sieht sich in einer Studie in ihrer positiven Sicht auf den Fresenius-Abschluss bestätigt, sowohl aus strategischer als auch aus finanzieller Sicht. Die Analystin sieht auch nach der Kursrally weiteres Potenzial für die Aktie. Dennoch dürfte die Luft für Fresenius nun dünner werden. Der Megadeal birgt Risiken, Anleger schauen ab sofort genauer hin. Der Konzern hat aber enorme Substanz und gute Perspektiven in einem interessanten Wachstumsmarkt.

wim/hp

11.11.2013 | 09:13

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