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Die neue Art von Banking

Hello Bank

Seit Mitte Mai bietet der Online-Broker Cortal Consors unter einer neuen Marke Bankdienstleistungen an, die vor allem die Smartphone-Generation im Visier haben. Die Mutter­gesellschaft BNP Paribas will damit eine Antwort auf die Veränderungen in der Finanzbranche geben. Interview mit Kai Friedrich, CEO von Cortal Consors Deutschland.

WirtschaftsKurier: Mitte Mai startete die Hello Bank. Warum noch eine neue Marke?

Kai Friedrich: Unsere Muttergesellschaft, die französische Großbank BNP Paribas, geht damit völlig neue Wege im Banking. Die Hello Bank startet in vier Ländern, zunächst in Deutschland und Belgien, Mitte Juni in Frankreich und im Oktober in Italien.

Was kennzeichnet die neue Marke?

Dabei handelt es sich um eine digitale Bank, die sich vor allem an den mobilen Kunden wendet. Sie macht Banking einfach, sicher, menschlich und smart und bietet darüber hinaus attraktive Konditionen. Eines der Besonderheiten ist ein Angebot, das wir Co-Creation nennen. Der Interessent kann auf der Website der Hello Bank Fragen stellen, Kritik äußern und Anregungen geben. Wir gestalten das sehr interaktiv. Meines Wissens hat das bislang noch kein Finanzdienstleister in dieser Form umgesetzt. Wir sind sehr gespannt, wie sich das entwickelt. Wir werden die Ergebnisse in unsere künftige Strategie integrieren.

Was meinen Sie damit?

Wir werden aus den Erkenntnissen, die wir durch den Kundendialog gewinnen, neue Produkte und Dienstleistungen entwickeln. Wir veranstalten beispielsweise Ende Juni in Berlin einen Workshop mit Teilnehmern dieser Aktivität. Dabei können sich auch externe Mitglieder der Hello-Bank-Community in die Diskussion einklinken und an dem Prozess mitwirken.

Was ist das Ziel der neuen Bank?

Wir wollen eine moderne Vollbank ohne Filialen entwickeln. In vier Jahren wollen wir in den vier Startländern insgesamt 1,4 Mio. neue Kunden gewinnen.

Welche Vorgaben gibt es für Deutschland?

In Deutschland planen wir einen Zuwachs von 465 000 Kunden. Das verwaltete Anlagevermögen soll um 70 % steigen. Wir stellen dafür allein in diesem Jahr weitere 50 bis 70 Vollzeitkräfte ein, die unsere Mannschaft von bislang 680 Mitarbeitern verstärkt.

Das sind ehrgeizige Ziele ...

... dafür investieren wir in den vier Ländern – ebenfalls allein in diesem Jahr – 80 Mio. Euro, ein guter Teil davon in Deutschland.

Ein Wachstum von 70% im Asset Management ist aber dennoch ein großer Sprung. Woher soll der kommen?

Zum einen durch die neuen Kunden bei der Hello Bank, die ihre Gelder bei uns verwalten lassen. Zum anderen sind auch bei Cortal Consors die ersten vier Monate des laufenden Geschäftsjahrs hinsichtlich des Kundenwachstums gut gelaufen und wir erwarten eine Fortsetzung dieser Entwicklung. Darüber hinaus rechnen wir mit einem Performance Effekt aufgrund des Aufwärtstrends an den Börsen.

Cortal Consors ist eigentlich eine bekannte Marke. Warum die Neugründung?

Cortal Consors steht für Geldanlagen und Online-Brokerage, aber weniger für Banking. Wir haben zwar einige Bankprodukte, aber wir werden diesen Bereich in Zukunft stark ausbauen – unter dem Label der Hello Bank.

Um Mobile Banking wird sehr viel Hype gemacht. Wie groß ist das Interesse daran tatsächlich?

Das ist ganz stark im Kommen, das ist nur noch eine Frage der Zeit. Ein paar Schritte sind es noch bis dahin. Aber ich denke, dass man Kredit- und Scheckkarten als Brückentechnologie bezeichnen könnte. Irgendwann wird man die Karten eigentlich nicht mehr brauchen, weil man alles mit dem Smartphone machen kann.

Gibt es nicht bei vielen Kunden Bedenken hinsichtlich der Sicherheit?

Ja, sicherlich. Die gibt es ja auch beim Online-Banking – noch. Aber sie werden immer weniger. Und bei der heranwachsenden Generation wird es kaum noch Befürchtungen geben, dass mir beim Vorbeigehen an einer Kasse unbemerkt über mein Smartphone Geld von meinem Konto abgebucht wird. Die Technologie für mobiles Bezahlen, die sich durchsetzen wird, wird sicher sein. Da wird auch der elektronische Personalausweis einiges voranbringen.

Aber beim E-Pass gibt es doch auch viele Sicherheitsbedenken.

Ja, einige Bürger lassen sogar die neue Online-Identifikation schon beim Erwerb deaktivieren. Und dann auch noch die Diskussionen um die Sicherheit der Lesegeräte. Es wird sicherlich noch etwas dauern, bis diese Dinge allgemein akzeptiert werden. Aber letztendlich ist das nur eine Frage der Zeit. Dann wird sich auch die etwas umständliche Legitimation über Poststellen bei der Eröffnung eines Kontos erübrigen. Dann wird man das über sichere Smartphone-Transaktionen machen können. Wahrscheinlich werden wir auch irgendwann gar keinen Reise- und Personalausweis mehr haben, sondern uns mit dem Handy ausweisen.

Wie unterscheidet sich die Hello Bank außerdem noch von anderen Direktbanken?

Das Kundenerlebnis wird ein zentraler Punkt sein. In Zukunft werden sich die Produkte und  die Konditionen in der Finanzbranche nicht wesentlich voneinander unterscheiden. Aber die Art und Weise, wie ich sie dem Kunden anbiete und wie ich sie dem Kunden erkläre – das macht den Unterschied aus. Banking darf auch mal Spaß machen. Dabei werden Apps eine wichtige Rolle spielen. Ein weiteres Thema wird das Personal Finance Management sein.

Was versteht man darunter?

Wir werden dem Kunden ein Tool anbieten, mit dem er seine gesamten Bankgeschäfte überblicken und steuern kann, auch solche, die er bei anderen Instituten tätigt. Wir können ihm dann Empfehlungen geben, wie er seine Finanzen optimieren kann: Wo kann man Kosten sparen? Wo bekommt man einen günstigeren Kredit? Welche Zinsen gibt es wo? Das wird sicherlich ein weiterer starker Trend beim modernen Online-Banking sein.

Viele klassische Banken mit großem Filialnetz haben mit Problemen zu kämpfen, während die Direktbanken stark wachsen. Wo geht die Entwicklung hin?

Sicherlich bieten die allermeisten Institute heute Online-Banking an. Doch viele Finanzdienstleis-ter – das Thema betrifft übrigens auch die Versicherungen – sind gerade mal im Web 1.0 angekommen. Man kann Transaktionen durchführen und Nachrichten austauschen. Die Hello Bank und Cortal Consors sind aber bereits im Web 3.0 mit seinen internaktiven Features angekommen. Ein weiteres Problem für die klassischen Banken sind die großen Filialnetze, die recht teuer sind.

Wollen die Kunden nicht auch mal ihren Banker sehen?

Ja, durchaus, aber grundsätzlich gehen sie viel seltener als früher in die Filiale. Eine gute Kundenbeziehung kann man auch auf andere Weise als durch Face-to-Face-Kontakt herstellen.

Wird die Hello Bank vielleicht in fernerer Zukunft Filialen eröffnen?

Nein, das bleibt eine rein digitale Bank. Auch die Beratung wird online stattfinden. Wir haben damit bei Cortal Consors gute Erfahrungen gemacht. Die Kunden können beispielsweise bei Xing das Profil ihres Beraters ansehen. Wir werden das noch weiterentwickeln. Wir ermöglichen über Remote Access dem Kunden einen Blick auf unseren Bildschirm und bieten Video-Beratung an. Auf diesem Gebiet macht die Technik gewaltige Fortschritte. Ich bin überzeugt, dass irgendwann das 3-D-Bild kommt. Wenn man sieht, was die Filmindustrie bei „Star Wars“ umgesetzt hat oder was gute Videokonferenzsysteme können, dann steckt da für unsere Branche sehr großes Potenzial drin.

Es gibt ja viele Gerüchte über neue Finanzdienstleister wie eine Google Bank oder PayPal. Könnten solche neuen Anbieter eine Bedrohung für Ihr Geschäftsmodell sein?

Nein, das ist eher ein Thema der klassischen Banken. Viele Direktbanken bieten allerdings nicht sehr viel mehr als attraktive Zinsen. Und wenn sie gesenkt werden müssen, dann sind die Kunden sehr schnell wieder weg. Darüber hinaus haben sie eventuell noch ein paar Standarddienstleistungen. Doch für ein qualifiziertes Angebot ist wesentlich mehr Know-how notwendig.

Der Aufbau einer neuen Marke wie der Hello Bank kostet viel Geld. Warum hat sich BNP dazu entschlossen?

Das hat mit der starken Position von BNP in den europäischen Ländern zu tun. Nur ein Online-Banking-Kanal wäre zu wenig gewesen. Wir wollen eine wirklich neue Bank gestalten, die für eine neue Art von Banking steht und die eine andere Zielgruppe als BNP anspricht und eine Erweiterung des Angebots von Cortal Consors darstellt.

Elwine Happ-Frank

21.06.2013 | 13:08

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