Der mächtigste Fonds der Welt
Der norwegische Staatsfonds verwaltet die Milliardengewinne aus dem Ölgeschäft und muss 880 Mrd. US-Dollar anlegen. Die langjährige Rendite liegt bei 6 %, denn die Norweger kaufen gern Aktien – und jetzt auch Immobilien.
Norwegen hat inzwischen den größten Staatsfonds der Welt. Milliarde um Milliarde aus den Gewinnen der Ölgeschäfte müssen angelegt werden. Die schier unerschöpfliche Menge an Geld, die dem Fonds für seine Investitionen zur Verfügung steht, gibt ihm enorme Macht auf den globalen Kapitalmärkten.
Mehr als 60 % seines Kapitals stecken in Aktien, der Rest – bis auf etwa 1 % Immobilieninvestitionen – in Staatsanleihen. Er hält rund 2,5 % aller Unternehmensaktien in Europa und besitzt Anteile an mehr als 8 000 Unternehmen weltweit. Dem Fonds gehören zum Beispiel Nestlé-Aktien im Wert von mehr als 6 Mrd. US-Dollar und deutsche Staatsanleihen im Wert von rund 12 Mrd. US-Dollar. Viele institutionelle Anleger orientieren sich an den Entscheidungen der Norweger, die ein Ethikrat streng kontrolliert.
Während arabische und asiatische Staatsfonds nur spärlich Einblicke gewähren, macht Norwegen kein Geheimnis aus seinen Investments. Als demokratischer Staat ist Transparenz selbstverständlich. Dadurch bekommen Privatanleger gratis Anregungen für die Aktienauswahl geliefert. Die nach absolutem Betrag größten Positionen sind bekannte europäische Schwergewichte: Neben Nestlé sind das der Ölkonzern Royal Dutch, der Pharmakonzern Novartis, die Bank HSBC und der Mobilfunkkonzern Vodafone. Diese Aktien sind verlässliche Dividendenwerte, die in vielen großen Portfolios als Basisinvestment zu finden sind.
Regional ist das Vermögen breit verteilt, rund 8 000 Aktien in 82 Ländern. Deutschland ist prominent vertreten: Mehr als 200 deutsche Aktien weist der aktuelle Jahresbericht aus. Die Norweger haben auch in Deutschland klare Favoriten: Das meiste Geld steckt mit jeweils rund 18 Mrd. Kronen in Daimler und BASF. In Siemens hatte der Staatsfonds 14 Mrd. Kronen investiert, in BMW knapp 13 Mrd. Kronen. Obwohl sich der Fonds stark an den großen Aktienindizes orientiert, weicht die Gewichtung der großen deutschen Werte von der des Dax ab. Dort sind Bayer und Siemens die größten Werte.
880 Mrd. US-Dollar verwaltet der Ölfonds heute, mehr als jeder andere Staatsfonds auf der Welt. Seit seiner Gründung haben die Manager des Fonds eine Durchschnittsrendite von knapp 6 % erzielt, die allerdings in den vergangenen Jahren größer geworden ist: Im Jahr 2013 erwirtschafteten sie stolze 16 %. Doch das ist den Norwegern nicht genug, deswegen setzt der Fonds neuerdings zunehmend auf riskantere Anlagen, etwa in Schwellenländern. Investitionen in Europa werden dafür zurückgefahren. Von den Erträgen darf die norwegische Regierung jedes Jahr 4 % ausgeben. Der Rest wird angelegt, damit die Norweger auch dann noch von ihrem Reichtum zehren können, wenn ihre Ölreserven einmal erschöpft sind.
Manager großer Konzerne zittern
Wenn der Fonds seine Investitionsentscheidungen bekannt gibt, zittern deswegen regelmäßig die Manager großer Konzerne auf der ganzen Welt. Denn der Ethikrat führt eine schwarze Liste mit Unternehmen und Staaten, deren Papiere der Fonds nicht kaufen darf, weil sie den ethischen Ansprüchen der Norweger nicht genügen. Darauf stehen zum Beispiel Waffenfirmen und Tabakkonzerne, aber auch Bergbauunternehmen, die nach Ansicht der Norweger nicht umweltfreundlich genug agieren, oder Textilproduzenten, die nicht genug für die Menschenrechte tun. Nach der Finanzkrise kritisierte der Fonds offen die Bonuszahlungen bei Banken wie Goldman Sachs, an denen er Anteile hält.
Nach eigenem Bekunden will sich der Staatsfonds zwar aus der Politik heraushalten und nicht als Propagandist des norwegischen Gesellschaftsmodells agieren. Doch letztlich hat die schwarze Liste kombiniert mit den Ölmilliarden genau diese Funktion. Und die Liste wird länger: Im Moment wird diskutiert, ob die Investitionen des Fonds in Russland angesichts der Krise in der Ukraine noch tragbar sind. Bislang bleiben die Norweger den Russland-Investitionen treu.
Der Fonds will sich mehr einmischen
Gerade hat der Fonds angekündigt, dass er den Einfluss, den seine Unternehmensbeteiligungen ihm über die Entscheidungen der jeweiligen Firmen geben, künftig noch aktiver nutzen will. Bislang warteten die Norweger immer bis nach der Hauptversammlung der Unternehmen, an denen sie Anteile halten, um ihr Abstimmungsverhalten bekannt zu geben. Nun wollen sie das schon
im Vorfeld tun. Weil die Anlagestrategie und die ethischen Prinzipien des Fonds als vorbildlich gelten, dürften sich viele Anleger in Zukunft an seinem Stimmverhalten orientieren. Damit hätte der Fonds einen starken Einfluss auf wichtige Geschäftsentscheidungen.
Seit einigen Monaten investiert der Fonds zudem stärker in Immobilien – insbesondere in den USA. Dadurch ist Norwegen in die obersten Ränge der Auslandsinvestoren bei amerikanischen Gewerbeimmobilien aufgestiegen, weil er in großem Stil Gebäude von New York bis San Francisco aufkauft. Das nordische Land hat in diesem Jahr mehr als 3,2 Mrd. US-Dollar in US-Immobilien gesteckt, einschließlich Übernahme der Schulden. Damit ist Norwegen, das weniger Einwohner zählt als New York City, hinter Kanada zum größten internationalen Käufer geworden.
13.11.2014 | 11:50