
Der polnische Aktienmarkt hebt ab: Die Warschauer Börse übertrifft 2025 alle Erwartungen – und zieht Investoren weltweit in ihren Bann. (Foto: shutterstock)
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Polens Aktienwunder: Warum Warschau Europas Börsenstar 2025 ist
Während Europas Aktienmärkte im Jahr 2025 eine überraschende Renaissance erleben, rückt ein Land besonders in den Fokus der Finanzwelt – wenn auch bislang fast unbemerkt. Polen, lange als Nebenplatz auf der Landkarte internationaler Kapitalströme verzeichnet, hat sich in kurzer Zeit zum Shootingstar unter den europäischen Börsen entwickelt. Der polnische Leitindex WIG hat seit Jahresbeginn in US-Dollar gerechnet um über 40 % zugelegt und sich seit seinem Tiefstand 2022 fast verdreifacht. Zum Vergleich: Der vielbeachtete DAX kommt im selben Zeitraum lediglich auf 27 %.
Dieses bemerkenswerte Comeback kommt nicht von ungefähr. Die makroökonomischen Fundamentaldaten sprechen eine klare Sprache: Polens Wirtschaft hat in den letzten zwei Jahrzehnten eine Transformation durchlaufen, wie man sie zuletzt bei Deutschland im Wirtschaftswunder des 20. Jahrhunderts beobachten konnte. Das Land hat die „middle-income trap“ überwunden und sich laut Weltbank in nur 15 Jahren zur Hochlohnökonomie entwickelt. 2025 wird Polens kaufkraftbereinigtes Pro-Kopf-BIP laut IWF sogar das Japans übertreffen – eine dramatische Verschiebung im globalen Wirtschaftsgefüge.
Trotz dieses Aufstiegs blieb der Aktienmarkt jahrelang unterbewertet. Zwischen 2010 und 2020 dümpelten die Kurse in Dollar gemessen seitwärts. Erst durch einen politischen Kurswechsel 2023 – mit der Abwahl der wirtschaftlich interventionistischen und EU-kritischen Regierungspartei PiS – vollzog sich der Wandel auch an der Börse. Unter Donald Tusk, dem neuen Ministerpräsidenten und ehemaligen EU-Ratspräsidenten, hat Polen eine investorenfreundliche Haltung eingenommen, die bei internationalen Geldgebern auf offene Ohren stößt.
Bezeichnend war der Kurs der PiS-Partei, die nicht nur den Notenbankchef durch eine parteinahe Figur ersetzte, sondern auch wahlkampfbedingt die Zinsen senkte und staatlich kontrollierte Unternehmen wie Orlen zur Preissenkung drängte. Die neue Regierung hingegen hält sich wirtschaftspolitisch weitgehend zurück, setzt auf fiskalische Stabilität und konnte bereits rund 21 Milliarden Euro an zuvor blockierten EU-Fördermitteln freisetzen.
In diesem Umfeld stieg nicht nur das Vertrauen, sondern auch das Kapital: Polen profitiert von einer Umverteilung internationaler Investitionen, die zunehmend Alternativen zu den hoch bewerteten US-Märkten suchen. Die wirtschaftlichen Perspektiven sind robust – nicht zuletzt durch ambitionierte Pläne zur militärischen Aufrüstung. 2025 will Warschau 4,7 % des BIP in Verteidigung investieren, mehr als jedes andere NATO-Mitglied. Das hat zwar zunächst zu Importen geführt, doch künftig soll ein Großteil der Mittel in heimische Produktion und Technologie fließen – mit positiven Impulsen für das BIP.
Auch die enge wirtschaftliche Verflechtung mit Deutschland bringt Vorteile. Dessen zunehmende Staatsausgaben für Infrastruktur und Verteidigung wirken sich direkt auf Polens Exportindustrie aus.
Der WIG bleibt trotz seiner beeindruckenden Performance vergleichsweise günstig bewertet. Das durchschnittliche Kurs-Gewinn-Verhältnis liegt bei lediglich 10 – weit unter dem europäischen Schnitt von 15 und deutlich unter dem US-Niveau von 22. Zudem machen Finanzwerte rund 40 % des Index aus – ein Sektor, der in einem dynamischen wirtschaftlichen Umfeld besonders profitieren dürfte.
red
22.05.2025 | 21:27