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Stoppt Brexit eine Fusion von Deutscher Börse AG und London Stock Exchange?

Der Chef der Deutschen Börse will seine Aktionäre von der Börsenhochzeit zwischen Frankfurt am Main und London überzeugen. Sein Versprechen: Frankfurt soll nicht von London abgehängt werden. Doch all dies soll nun unter Vorbehalt stehen. Würde ein Brexit die Fusion platzen lassen? Die entscheidenden Abstimmungen sollen jedenfalls nach den 23. Juni verelgt werden; dann entscheiden die Briten, ob ihr Land in der EU bleiben soll. Sollten diese Berichte stimmen, wäre das eine fast schon dramatisch zu nennende Wendung, sowohl für die Deutsch Börse AG als auch für die London Stock Exchange.

Unverdrossen und scheinbar unbeeindruckt von möglichen Brexit-Szenarien setzt der Deutschen Börse AG, Carsten Kengeter, seine Werbetour für die von ihm massiv betrieben Fusion fort. Es ist kein einfaches Publikum, vor dem Kengeter jüngst seine Fusionspläne vorstellte: Die Börse hat zur Hauptversammlung in die Jahrhunderthalle geladen, und viele der dort versammelten Kleinaktionäre halten dem Konzern seit dem Börsengang die Treue. Kengeter möchte die Börse mit der London Stock Exchange (LSE) verschmelzen. Doch dass der Rechtssitz der neuen Superbörse in London angesiedelt werden soll, stößt vielen Aktionären sauer auf.

Auf der Hauptversammlung des Börsenbetreibers warb Kengeter am 11. Mai für die Fusionspläne mit London – und griff die Argumente der Kritiker auf. Es sei leicht, es immer besser zu wissen als diejenigen, die handeln. „Aber jetzt ist nicht Besserwissen, jetzt ist Bessermachen gefragt“.

Kritiker fürchten durch die Fusion vor allem einen Bedeutungsverlust des Standorts Frankfurts. Diese Sorge sei unbegründet, so der Börsenchef. „Frankfurt bleibt die ‚Stadt des Dax‘“. Der Standort würde von einer Fusion mit London profitieren. Kengeter hatte die Fusion mit der LSE im Februar angekündigt. Der US-Konkurrent ICE, der mit einer Gegenofferte für die LSE geliebäugelt hatte, zog sich vergangene Woche aus dem Poker zurück. Deutsche-Börse-Aktien legten daraufhin deutlich zu.

Die Zweifler sind noch nicht überzeugt

Den Hochzeitsplänen müssten aber nicht nur die Aktionäre beider Börsen, sondern auch Wettbewerbshüter und die hessische Börsenaufsicht zustimmen. Kein Wunder also, dass Kengeter die Fusion als politisches Projekt darstellt – und sich alle Mühe gibt, die Vorteile hervorzuheben. Die Fusion stärke Europas globale Wettbewerbsfähigkeit, bringe die Kapitalmarktunion voran und sei ein Beitrag zur „europäischen Finanzmarktstabilität“.

Große Worte, bei deren Präsentation der Börsenchef auf seiner ersten Hauptversammlung jedoch mitunter hölzern wirkt: In seiner Rede vergleicht Kengeter das Börsengeschäft zwar mit Internetfirmen wie Youtube, sein Duktus erinnert dann doch eher an die Abendnachrichten aus dem Röhrenfernseher. Das Publikum applaudiert dennoch höflich.

Dem neuen Börsenchef bleiben noch einige Wochen, um Aktionäre und Öffentlichkeit von seinen Plänen zu überzeugen. Zunächst muss die Börse ein formales Umtauschangebot vorlegen, dem mindestens drei Viertel der Anteilseigner zustimmen müssen. Die Börsenhochzeit ist also noch längst nicht ausgemacht – doch Kengeter glaubt, dass er die Fusion spätestens im kommenden Frühjahr unter Dach und Fach bekommt. An mangelndem Selbstvertrauen dürfte der Deal nicht scheitern: „Wir sind keine Träumer, sondern Macher“, sagte er. Handelsblatt / Michael Brächer / Jakob Blume

18.05.2016 | 10:08

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