Karrierealle Jobs


VW: Lösung im Zuliefererstreit

Gute Nachricht für die VW-Beschäftigten, die Anleger und die gesamte Automobilindustrie: Im Streit zwischen Volkswagen und der Prevent-Gruppe scheint es eine Lösung zu geben. Der Produktionnstop hatte sechs Werke lahmgelegt. Die VW-Aktie erholt sich auf knapp 123 Euro. Der Streit um Sitzbezüge und Getriebeteile hat dem ohnehin in den letzten Monaten gebeutelten Papier zusätzlich nicht allzu sehr geschadet.

Warum die Prevent-Zuliefergruppe mit ihren beiden Tochtergesellschaften Car Trim und ES Guss und der großen Volkswagen-Konzern in Streit geraten waren, ist alles andere als durchsichtig. Klar ist lediglich, dass die Prevent-Gruppe einen zumindest nicht ganz typischen Hintergrund hat und das dort wohl starker Druck zur Gewinnmaximierung herrscht. Gerüchteweise ist von großen Gewinnen des bosnischen Selfmade-Millionärs, der die Prevent-Gruppe einst schmiedete, die Rede. Und von einem Hedgefonds, einer sogenannten Heuschrecke, die ordentlich Kasse machen will. Aber VW ist andererseits auch selbst dafür verantwortlich, wenn der Ausfall eines einzigen Zulieferers zu solch nachhaltigen Konsequenzen führt.

Wie das Handelsblatt aus Unternehmenskreisen erfuhr, seien sich beide Parteien entgegengekommen. VW verzichtet auf die angedrohte Schadensersatzforderung gegenüber seinen Zuliefern. Die Prevent-Gruppe hat die Forderung von mehr als 57 Millionen Euro wegen Vertragskündigungen seitens Volkswagen eingestellt. Sowohl VW als auch die Prevent-Gruppe seien mit der Lösung zufrieden, heißt es. Darüberhinaus haben die Zulieferer dem Volkswagen-Konzern in den Verhandlungen um den Lieferstreit bessere Konditionen abgerungen.

Was muss VW nun beachten?

Selbstverständlich, auch in den Geschäftsbeziehungen zu seinen Zulieferern muss ein Unternehmen wie Volkswagen auf die Kosten achten. Überall in der Branche hat das Just-in-Time-Prinzip Einzug gehalten. Es gibt keine großen Lager mehr. Stattdessen sorgen die Zulieferer dafür, dass ihre Komponenten genau dann ans Band geliefert werden, wenn sie der Autohersteller auch tatsächlich braucht. Prevent scheint diese Art der Marktmacht gezielt ausgenutzt zu haben.

Regelmäßige Preisrunden von Herstellern und Zulieferern sind genauso zum Branchenstandard geworden. Zulieferer geben bindende Zusagen darüber ab, dass sie ihre Preise mit festgelegten Prozentsätzen von Jahr zu Jahr reduzieren. Immer häufiger war in der Vergangenheit zu hören, dass die Zulieferer Probleme mit diesem hohen Kostendruck haben und auf ein Entgegenkommen der Hersteller hoffen.

Zulieferer am längeren Hebel?

Einen ganz zentralen Fehler hätte der VW-Konzern in diesem Fall und, wer weiß, auch generell nicht machen sollen: sich bei der Lieferung von Sitzbezügen und Getriebeteilen auf einen einzigen Zulieferer zu verlassen. Auch wenn die guten Preise, die hier oder dort durch den Einkauf zu erzielen sind, sicher eine Verlockung darstellen. Zu extremes Kosten-  und Effizienzdenken haben in Wolfsburg zu einem Problem geführt, das nur unter Einsatz großer Kräfte zu lösen war.

Das ist die zentrale Lehre dieses Konfliktes für die gesamte Automobilbranche: Verlasse dich niemals auf einen einzigen Zulieferer. Hätte sich Volkswagen an diesem Prinzip orientiert, würde es die Kurzarbeit und den Produktionsausfall nicht geben. Mit einem zweiten Zulieferer im Rücken hätte der Wolfsburger Konzern schnell reagieren und umschalten können – die eben gelöste, aber noch nicht ausgestandene Krise hätte es überhaupt nicht geben  müssen.

VW musste über seinen eigenen Schatten springen, denn es musste schnell gehen. Auf längere Sicht dürfte Volkswagen den aktuellen Konflikt mit der Prevent-Gruppe allerdings nicht so schnell vergessen. Denn es steht in den Sternen, ob die Wolfsburger mit diesem Zulieferer überhaupt noch einmal neue Verträge abschließen wollen und lieber dauerhaft auf eine Zusammenarbeit mit diesem Partner verzichten. sig / Handelsblatt / Stefan Menzel

24.08.2016 | 16:59

Artikel teilen: