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VW: Sollen deutsche Aktionäre jetzt wegen Dieselgate klagen?

Die erste Hauptversammlung in der Diesel-Krise wird für die Konzernführung der Wolfsburger zum Spießrutenlauf. Die Stimmung unter den Aktionären ist explosiv, das Ende noch offen. Das zeigt sich bei der ersten Abstimmung. Die Inhaber Zehntausender Stammaktien forderten, VW-Aufsichtsratschef Hans Dieter Pötsch die Versammlungsleitung zu entziehen. Und in ähnlich gereizter Atmosphäre ging es weiter. Die VW-Welt, wie sie einmal war, ist durch den Skandal zerbrochen.

Die ungeklärte Schuldfrage für die millionenfache Manipulation an Diesel-Motoren steckt auch mehr als neun Monate nach Bekanntwerden wie ein Stachel im Fleisch der Aktionäre. Immer wieder ist vom Konzernversagen die Rede. Pötsch selbst betonte bereits vor der Hauptversammlung, dass dem Unmut mit Demut begegnet werden müsse. Immerhin habe sich VW die Krise selbst eingebrockt.

Die Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW) fordert des Dieselgate-Skandals um manipulierte Abgaswerte den Konzern auf, den Anlegern einen ebenso großen Schritt entgegenzukommen wie den Käufern. VW habe gegenüber Käufern der vom Konzern produzierten Autos bis Ende 2017 auf eine Verjährung von Schadenersatzansprüchen verzichtet. Marc Tüngler, Hauptgeschäftsführer des DSW: „Wir fordern VW auf, das auch bei den Aktionären, ihren Eigentümern, zu tun.“ Nach der Mehrheitsmeinung von Juristen drohten Anlegeransprüche gegen VW im September zu verfallen. Bisher habe VW das aber abgelehnt.

Die DSW rät VW-Aktionären indessen noch von Klagen gegen den Wolfsburger Konzern ab. „Wir haben Tausende von Anfragen von VW-Aktionären, und wir sagen: Macht im Moment gar nichts“, sagte Tüngler. Der Kleinaktionärsverein will zuvor auf die Entscheidung der Aufsichtsbehörde BaFin warten. Diese prüft seit Monaten, ob Volkswagen den Finanzmarkt rechtzeitig in einer „Ad-hoc-Mitteilung“ über die Tragweite der Diesel-Manipulationen informiert hat.

„Den VW-Konzern, den wir kannten, wird es nicht mehr geben.“

Nur wenn die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin) einen Verstoß feststellt, hätten Klagen Aussicht auf Erfolg, sagte Tüngler vor dem Internationalen Club Frankfurter Wirtschaftsjournalisten (ICFW) nach Angaben von Reuters. „Wenn die Bafin Nein sagt, ist es schwierig, privatrechtliche Ansprüche durchzusetzen.“ Ob sie bis September zu einem Ergebnis kommt, sei aber fraglich. Grundsätzlich hält die DSW es für am aussichtsreichsten, Klagen an einem Verstoß gegen die Ad-hoc-Pflicht festzumachen. Sich auf fehlende Angaben zu den Risiken etwa in den Geschäftsberichten der vergangenen Jahre zu berufen, sei wenig zielführend, sagte Tüngler der Nachrichtenagentur.

Aus Sicht des Vorsitzenden der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW), Ulrich Hocker, ist eine Aufarbeitung der Krise mit den bisherigen internen Ermittlungen nicht möglich, wie DPA berichtet. VW stehe vor einem Trümmerhaufen, betont Hocker, und deshalb müsse ein Sonderprüfer bei VW eingesetzt werden. Nur so könne etwa geklärt werden, wann der Vorstand Kenntnis von der Manipulation von Abgaswerten bei Dieselmotoren hatte. An einer Sache werde aber auch die Aufklärung nichts ändern: „Den VW-Konzern, wie wir ihn vor dem 18. September kannten, wird es nicht mehr geben.“

22.06.2016 | 20:20

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