DIA-Chefin Christine Bortenlänger meint, dass „ökologische, soziale und Governance-Kriterien „ungeeignet“ seien, um eine Zugehörigkeit zum Index zu befürworten oder abzulehnen (Bild: picture alliance).



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Es knallt im Dax: Waffenhersteller sollen in den Index

Mitten in den Reformbemühungen um eine Neuausrichtung des wichtigsten deutschen Börsenindices Dax schießt das Deutsche Aktieninstitut quer: Entgegen den Plänen der Deutschen Börse sollen Hersteller von Waffen doch in den Dax aufgenommen werden können. Der Dax dürfe kein Einfallstor für gesellschaftspolitische Meinungen werden, argumentiert das Aktieninstitut.

Im Oberhaus der Deutschen Börse wird scharf geschossen. Es geht um die Neugestaltung des populärsten deutschen Börsenindices Dax. Gezielt wird auf die Unternehmen, die Waffen herstellen. Auf der einen Seite steht dabei das Unternehmen Deutsche Börse selbst, das in einem neugestalteten Dax alle Firmen, die mehr als zehn Prozent ihrer Umsätze mit „kontroversen Waffen" wie Anti-Personen-Minen, Streubomben, biologischen oder mit Uran angereicherten Waffen erwirtschaften, ausschließen will. Auf der anderen Seite steht das einflussreiche Deutsche Aktieninstitut in Frankfurt, das sich als eine Art Lordsiegelbewahrer der Aktienkultur in Deutschland versteht. Aktieninstituts-Chefin Christine Bortenlänger meint, dass „ökologische, soziale und Governance-Kriterien „ungeeignet“ seien, um eine Zugehörigkeit zum Index zu befürworten oder abzulehnen. Es erschließe sich nicht, warum Konzerne, die alle Rechtsvorschriften einhalten, vom Dax ausgeschlossen sein müssen.

Wirecard löste Reform aus

Der Hintergrund des Streits, der jetzt durch die Veröffentlichung einer Stellungnahme des Aktieninstituts zu Tage tritt, sind die Reformbemühungen der Deutschen Börse für einen grundrenovierten Dax. Der Deutsche Aktienindex ist in die Kritik geraten, nachdem das Skandalunternehmen Wirecard erst in den Index aufgenommen wurde, um dann nach kurzer Zeit und nach der spektakulären Pleite wieder hinauszufliegen. An seiner Stelle folgte der Lieferdienst Delivery Hero und damit ausgerechnet ein Unternehmen, das noch nie Gewinn gemacht und gar kein Geschäft in Deutschland hat. Beides passt nicht zu einem Index, der eigentlich die Perlen der deutschen börsennotierten Unternehmen abbilden soll.

Die Deutsche Börse plant deswegen die Zahl der Dax-Mitglieder zu erhöhen. „Es ist kein Geheimnis, dass ich persönlich die Ausweitung des Dax 30 auf einen Dax 40 begrüßen würde", sagt Vorstandschef Theodor Weimer. Der M-Dax, der die mittelgroßen deutschen Aktiengesellschaften widerspiegelt, würde im Gegenzug von 60 auf 50 Mitglieder verkleinert. Die Pläne sehen auch vor, dass die Anforderungen an eine Mitgliedschaft im Dax verschärft werden. Firmen, die nicht rechtzeitig ihre Bilanz vorlegen, fliegen raus. Unternehmen müssen in den zurückliegenden zwei Jahren nachweislich profitabel sein. Und es soll eben Waffenherstellern verboten sein, in den Dax aufzusteigen.

Erwünschte Geschäftsmodelle nicht ausschließen

Genau daran stößt sich das Deutsche Aktieninstitut. Für die Dax-Zugehörigkeit darauf abzuzielen, dass Unternehmen keine umstrittenen Waffen produzieren oder verbreiten, würde bedeuten, dass erneut ein deutscher Sonderweg eingeschlagen wird, heißt es vom Institut, denn in international bedeutenden Leitindizes sei ein solches Kriterium nicht zu finden. Das Regelwerk dürfe „kein Einfallstor für gesellschaftspolitische Debatten und Meinungen werden, die letztendlich dazu führen, dass einzelne, rechtlich zulässige und politisch sogar erwünschte Geschäftsmodelle komplett ausgeschlossen werden“. Dafür gebe es speziell zusammengesetzte andere Indices, die sich etwa an Nachhaltigkeitskriterien orientierten. Warum, so fragen die Experten des Aktieninstituts die Deutsche Börse, sollen Unternehmen außen vor bleiben, die „mit ihren Produkten entscheidend zur äußeren Sicherheit und Souveränität Deutschlands beziehungsweise Europas beitragen?“

Bei den anderen Reformvorschlägen lässt Aktieninstituts-Chefin Bortenlänger dagegen mit sich reden. Den Vorschlag, den Dax 30 zu einem Dax 40 zu erweitern, sieht das Aktieninstitut grundsätzlich „als einen Beitrag, die Unternehmenslandschaft in Deutschland noch besser abzubilden“. Die Folge wäre allerdings ein starker Aderlass in der zweiten Liga des Dax, dem M-Dax, wo die mittelgroßen Werte gehandelt werden. Dieser verlöre fast ein Drittel seiner Marktkapitalisierung. Bortenlänger fordert deswegen eine Gesamtkonzept für alle Indices.

Die Stellungnahme des Instituts fließt jetzt in eine Diskussion ein, deren Ergebnis die Deutsche Börse am 23. November vorstellen will. Wenn der Dax, wie es dem Willen der Börse entspricht, erweitert wird und es dabei vorwiegend nach der Marktkapitalisierung ginge, also dem aktuellen Wert eines Unternehmens an der Börse, hätten Knorr-Bremse, Symrise, Hannover Rück, Puma, Zalando, Uniper, Sartorius oder Carl Zeiss Chancen auf den Aufstieg. Der schwäbische Hersteller optischer Geräte Carl Zeiss hat seine Rüstungssparte vor einigen Jahren an eine Tochter des Airbus-Konzerns verkauft.                  

oli

04.11.2020 | 16:16

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