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Euro im Strudel der Türkei-Krise

In der Türkei braut sich schon seit einigen Monaten ein explosiver Mix zusammen. Die Abwertungen der Lira könnten die Bedienung der Fremdwährungsverbindlichkeiten zunehmend schwieriger machen. Auch die Bankenaufsicht der EZB zeigt sich besorgt über mögliche Ansteckungseffekte des europäischen Finanzsektors. Selbst der Euro kam breitflächiger unter Druck.

Von Thomas Gitzel

Auf die Türkei blicken die Marktteilnehmer zunehmend mit Sorge. Die Abwertungen der Lira könnten die Bedienung der Fremdwährungsverbindlichkeiten zunehmend schwieriger machen. Dabei steht weniger die öffentliche Fremdwährungsverschuldung im Fokus als vielmehr diejenige des privaten Sektors. Innerhalb des privaten Sektors wiederum ist der hohe Anteil kurzfristiger Fremdwährungsverbindlichkeiten im Bankensektor das Sorgenkind.

Die angespannte Situation könnte durch ein beherztes Vorgehen der türkischen Notenbank abgemildert werden. Nötig wäre eine kräftige Zinserhöhung, die zu erkennen gäbe, dass die Währungshüter am Bosporus gewillt sind, dem Verfall der heimischen Währung nicht tatenlos zuzusehen. Doch genau hierbei mangelte es in den vergangenen Tagen und Wochen. Spekulationen kamen auf, dass der Arm von Präsident Erdogan bereits bis in die Notenbank reicht. Ob dem tatsächlich so ist, kann abschließend nicht beantwortet werden. Doch was zählt ist, dass die Märkte Zweifel an der Unabhängigkeit der Notenbank haben.

In der Vergangenheit stand der Internationale Währungsfonds (IWF) der Türkei eng zur Seite. Mehr noch, das erfolgreiche Überwinden der Türkei-Krise des Jahres 2001 war für die Washingtoner Institutionen nach einigen Pleiten, Pech und Pannen in den 1990er Jahren ein Aushängeschild. Auch in den USA hatte der Staat am Bosporus in der Vergangenheit einen großen Fürsprecher. Das Motto war: Die geopolitische Lage macht Hilfe erforderlich. Entsprechend hoch war die Washingtoner Solidarität. Nun wissen wir, dass das Verhältnis zwischen Washington und Ankara derzeit nicht gerade das beste ist. Dies macht die Situation nicht gerade einfacher.

Sollte die Türkei aber Hilfe brauchen, wird der IWF bereit stehen. Eine Bedingung für finanzielle Hilfen wird aber sein, dass die Notenbank mit Zinserhöhungen gegenlenkt. Die kommenden Tage und Wochen werden also spannend werden. Zunächst gilt abzuwarten, wie man die Situation in Ankara einschätzt und welche Taten folgen werden.

Dr. Thomas Gitzel ist Chefökonom der VP Bank Gruppe.

10.08.2018 | 09:46

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