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Anlegen wie die Reimanns

Die Familie Reimann zählt zu den reichsten Dynastien Deutschlands. Wie erhält sie ihr Vermögen angesichts der vielen Krisen – zum Beispiel des Russland-Ukraine-Konflikts? Das Modell könnte auch für wohlhabende Privatanleger interessant sein.

Zwei schlichte Buchstaben zieren den Eingang der Deutschen Kontor Privatbank in Grünwald bei München – DK. Das ist Understatement pur. Denn das Institut gehört immerhin Mitgliedern einer der reichsten Unternehmerfamilien Deutschlands: den Reimanns. Den Namen nie gehört? Die Familie belegt vermutlich Platz vier in der Rangliste der wohlhabendsten deutschen Sippen. Über ihr Vermögen gibt es nur Schätzungen. Das passt zu der Dynastie, die sich im Hintergrund hält.

Die Familienmitglieder der Reimanns, denen die Deutsche Kontor Privatbank gehört, sind bereits Ende der 90er-Jahre aus dem Familienunternehmen Reckitt Benckiser (unter anderem Calgon, Kukident und Clearasil) ausgestiegen. Sie haben 2006 das Family Office Reimann Investors Advisory gegründet, um ihr Vermögen nach eigenen Kriterien und Wertvorstellungen anzulegen. Jetzt steht dieses Konzept über die Deutsche Kontor Privatbank auch anderen Wohlhabenden offen.

Die Hauptleitschnur in Sachen Anlage ist die Erhaltung der Vermögenswerte. Ziel sind nicht hohe Gewinne an den Finanzmärkten, sondern eine Vermeidung von großen Verlusten und eine Rendite, die oberhalb der Inflationsrate liegt. Um drohende Risiken an den Finanzmärkten umschiffen zu können, ist es erforderlich, dass die Investments jederzeit verkauft werden können – eine weitere Grundmaxime des Anlagestils des Family Office. „Wir haben keine besseren Entscheidungsgrundlagen und wir sind nicht smarter als andere Vermögensverwalter“, stellt Dr. Michael Riemenschneider, Geschäftsführer der Reimann Investors Advisory, fest. „Wir haben aber klare Prinzipien, die wir konsequent umsetzen.“

„Der Kapitalmarkt ist eine Dauerkrise“

Derzeit schwelen weltweit viele Krisenherde – von Syrien über Japan/China bis zu Russland/Ukraine. Keines dieser Probleme hält Riemenschneider für so gravierend, dass er eine Veränderung des derzeitigen Anlagemix für nötig hält. Grundsätzlich gibt es seiner Ansicht nach so­wieso keine „normale“ Situation an den Finanzmärkten. „Der Kapitalmarkt ist eine andauernde Krise“, sagte Riemenschneider. Wenn es keine Unsicherheiten gäbe, wären die Gewinnpotenziale in den Kursen komplett eingepreist, das wäre zu einfach. Dann wären auch keine speziellen Vermögensverwalter wie wir notwendig.“

Was die derzeit meistbeobachtete Krise betrifft, sei Deutschland für Russland viel bedeutender als umgekehrt. Die Bundesrepublik ist der zweitwichtigste Handelspartner von Russland – hingegen ist die Föderation nur auf Platz elf der wichtigsten Exportländer der Bundesrepublik. Eine schärfere Sanktionspolitik hätte auf längere Sicht überwiegend einen Verlierer: nämlich Russland.

USA werden wieder Konjunkturlok

Der Hauptgrund aber, warum sich die Ukraine/Russland-Krise auf die Kapitalmärkte nur geringfügig auswirken wird, ist nach der Analyse der Experten des Family Office die Tatsache, dass sich die Weltwirtschaft in einer guten Verfassung befindet und nachhaltig wächst. Dabei werden die Märkte in Europa trotz der nach wie vor bestehenden Probleme in einigen EU-Ländern weiter zulegen. Auch die USA befinden sich auf einem guten Kurs. Die Vereinigten Staaten hätten das Potenzial, wieder die Funktion einer Lokomotive für die Weltwirtschaft zu übernehmen. Eine Enttäuschung sei die Entwicklung in Asien, das zu Beginn der Finanzkrise die treibende Kraft für eine Erholung der Weltwirtschaft war. Eine Ursache dafür sei die wirtschaftliche Schwächephase in China, wo die – an sich sinnvollen und nachhaltigen – Maßnahmen der neuen politischen Führung noch nicht greifen.

Trotz der positiven Grundstimmung könnte es immer wieder zu Störfeuern kommen. Sollte beispielsweise die Ukraine/Russland-Krise wider Erwarten eskalieren, dann gäbe es Handlungsbedarf. „Momentan erwarten wir das nicht“, sagte Riemenschneider. „Doch wir haben einen detaillierten Plan B in der Schublade, wenn ein solches Szenario eintritt.“

Während Reimann Investors Advisory im Fall der Ukraine auf Beobachten und Abwarten setzt, handelte die Geschäftsführung in einem anderen Fall, der die Werte des Familienvermögens in Gefahr hätte bringen können, rasch und tief greifend: Das war zu den Hoch-Zeiten der Eurokrise. Im Sommer 2012, als der Euro-­Raum auseinanderzubrechen drohte, verkauften die Anlagemanager praktisch alle auf Euro lautenden Anlagen und schichteten in den Dollar-Raum und andere Währungen um. Dann kam die Ankündigung des EZB-Präsidenten Mario Draghi, den Euro mit allen Mitteln zu verteidigen – die Nervosität auf den Märkten reduzierte sich zusehends. „Im Nachhinein hat sich die Entscheidung für den Ausstieg als falsch erwiesen“, resümierte Riemenschneider, „und sie hat uns auch viel Performance gekostet. In dieser Situation war sie jedoch richtig und konsequent. Denn unser Mandat ist der Erhalt der Vermögenswerte.“

Nur wenige Wochen später nach Abflauen der akuten Euro­krise kehrte das Family Office wieder zu seinen Anlagegrundsätzen zurück. Dazu gehört die an die jeweiligen makroökonomischen Rahmenbedingungen angepasste Aufteilung zwischen Aktien und Anleihen. Derzeit liegt sie bei 42 % Anleihen und 58 % Aktien. Nächster Schritt im Investmentprozess ist die Selek­tion der Länder und Branchen. Auf eine detaillierte Auswahl einzelner Aktien verzichten Riemenschneider und sein Team, weil sie die Trends in den jeweiligen Wirtschaftsbereichen für wichtiger halten als die Potenziale eines einzelnen Wertpapiers.

Schwellenländer sind uninteressant

Regional hält das Family Office die größten Positionen in den USA, in Großbritannien und Spanien. In den Schwellenländern sind die Reimanns wegen der fehlenden Dynamik nur in geringem Ausmaß investiert. Branchen-Schwerpunkte sind Industriegüter, Finanztitel und Technologiewerte. Bei Staatsanleihen steht Italien an erster Position, gefolgt von Frankreich, Deutschland und Spanien. Das Portefeuille wird minutiös durch Risikomanagement- und Con­trolling-Instrumente überwacht, um eventuelle Bedrohungen für die Vermögenswerte immer im Blick zu haben. Deshalb werden parallel zu den Entscheidungen für ein Investment auch immer Ausstiegsszenarien im Fall von auftretenden Krisen festgelegt.

Seit Ende 2011 können sich vermögende Privatanleger an diesem Modell beteiligen. „Es setzt eins zu eins die Reimann’sche Philosophie um, Änderungen durch den Anleger sind daher nicht möglich“, sagte Cornelia Klesse, Vorstand der Deutschen Kontor Privatbank. Die Einstiegssumme liegt bei 200 000 Euro. Der Vorteil der Standardisierung liegt vor allem in den Kosten: Das Institut erhebt nur eine Manage­mentgebühr von 1,3 %. Es gibt keine Depot- und keine Transaktionskosten, es fallen auch keine Ausgabeaufschläge an.

hp

17.08.2014 | 08:33

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