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Mentales Training kommt in Mode

Es begann im Spitzensport, dann entdeckte die Psychologie ein neues Forschungsfeld. Inzwischen ist „mentales Training“ eine Mode für Leistungsträger. Selbst Topmanager nutzen die Methoden der geistigen Stärkung.

Wenn Spitzensportler vor 20 Jahren mit einem Mentalcoach auftauchten, dann galten sie als Menschen mit Macke. Wenn Topsportler heute ohne Mentaltrainer arbeiten, dann gelten sie als wenig professionell. Es gibt kaum noch einen ­Profi-Golfer, Biathleten oder Skifahrer, der auf qualifiziertes Mentaltraining verzichtet. Immer mehr Bundesligavereine engagieren die Psycho-Experten gleich für die ganze Mannschaft.

Ein Elfmeter-Schütze, der vor der Blamage Angst hat, ein Skispringer, der sich nicht weit genug in die Tiefe stürzt, ein Biathlet, der denkt: „Wenn ich danebenschieße, muss ich eine Extra-Runde laufen. Diese negativen Gedanken lenken ihn ab“, sagt Oliver Stoll, der den Bereich für Sportpsychologie, Sportpädagogik und Sportsoziologie an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg leitet. Er bringt Sportlern bei, im entscheidenden Moment volle Konzentration aufzubringen, um das, was sie jahrelang trainiert haben, auch leisten zu können. „Im Kern geht es bei meiner Arbeit darum, Sportlern mit psychologischen Verfahren zu helfen, ihre Leistung abzurufen –
und idealerweise zu optimieren“, erklärt der Sportpsychologe.

Die deutschen Turmspringer, die Stoll zu den Olympischen Spielen begleitete, hat er während des Trainings gefilmt. Später konfrontierte er sie mit ihrer Körpersprache. „Wenn jemand vor dem Sprung die Schultern hängen ließ, habe ich ihn gefragt: ‚Woran hast du gedacht?‘ Dann haben wir daran gearbeitet, dass er sich besser auf den Sprung konzentrieren kann.“

Das älteste mentale Training in der Sportpsychologie ist das wiederholte Sich-Vorstellen eines sportlichen Handlungsablaufs, ohne ihn aktiv auszuüben. Doch mittlerweile werden viele Methoden der Verhaltenspsychologie im Leistungssport eingesetzt, wie das Training der Aufmerksamkeitsregulation, das Prognosetraining und das Training der Selbstgesprächsregulation.

„Nahezu alle olympischen Spitzensportverbände arbeiten heute mit Psychologen zusammen“, sagt Jan Mayer, Leiter der zentralen Koordinierungsstelle für Sportpsychologie beim Deutschen Olympischen Sportbund. Dahinter stecke die Erfahrung, Resultate deutlich verbessern zu können. Im Bundesligasport schwören vor allem Torhüter auf die Hilfe der Psychologen. Trainer wiederum lassen sich beraten, wenn es um Teambuilding und Blockaden ihrer Mannschaften geht.

Psychologie für Manager

Die nachweisbaren Erfolge der Sportpsychologie haben auch Manager dazu ermun­tert, mentales Training für ­ihre Unternehmen zu nutzen. Der „WirtschaftsKurier“ hat darum Sonja Volk aus Düsseldorf, eine der erfolgreichsten Mentaltrainerinnen Deutschlands, die in beiden Bereichen unterwegs ist, befragt.

Fragen an Mentaltrainerin Sonja Volk

Frau Volk, Sie gehören zu den erfolgreichsten Mentaltraine­rinnen Deutschlands. Was macht Sie selbst mental stark?

In meinem Verständnis ist mentale Stärke der Schlüsselfaktor für persönlichen Erfolg, um auch schwierige Situationen im Leben meistern zu können. Sie setzt sich zusammen aus Selbstvertrauen, Reflexion, Konzentration, Motivation, Ziele setzen und innerer Balance. Das bedeutet, im entscheidenden Moment auch unter schwierigen Bedingungen alle Ressourcen und Fähigkeiten optimal zu nutzen (punktgenaue Leistungssicherheit), was wiederum Erfolg auszeichnet. Mentale Stärke lässt sich durch bestimmte Techniken und durch Training erreichen. Mir selbst ist es wichtig, nicht nur all das Wissen dazu zu haben und weiterzugeben, sondern es vor allem auch für mich selbst anzuwenden. Die konsequente Umsetzung meines Wissens ins tägliche Tun ist das, was mich mental stark macht!

Was sind denn die häufigsten­ Schwächen, bei denen Sie ­helfen können? Wann ruft
man Sonja Volk an?

Unternehmen buchen mich beispielsweise häufig zu den Themen Performance-Steigerung, Stressmanagement (Abbau von Versagensangst, Zeitdruck, Selbstzweifel oder Rampenlichtstress), Burnout-Prophylaxe, Spannungen im Team oder zur mentalen Vorbereitung auf Spitzenleistung wie einen wichtigen Auftritt oder eine Präsentation. Bei Sportmannschaften und Spitzensportlern geht es häufig um die Auflösung von Blockaden wie Versagens- oder Abstiegsangst, Teamstress oder Ärger über Ergebnisse. Außerdem geht es dann auch um Themen wie positive Selbstmotivation und den Abbau von einschränkenden Überzeugungen wie zum Beispiel „ich bin nicht gut genug“. Ziel ist die optimale mentale und emotionale Vorbereitung auf Spitzenleistung in Wettkämpfen.

Bei Privatpersonen reichen die Themen von Ängsten (Flugangst, Höhenangst, Versagensangst) über körperlichen Stress wie Schlafstörungen und Schmerzen über Rauchentwöhnung bis hin zur Auflösung von Traumata. Aber auch die Stärkung des Selbstwertgefühls ist häufig ein Thema.

Bei allen Kunden geht es meiner Meinung nach allerdings nicht um Schwächen, sondern darum, Blockaden zu lösen, um ihre „vollen PS“ auf die Straße zu bringen. In meinen Coachings arbeite ich dafür mit einer wissenschaftlich fundierten Kurzzeit-Coaching-Methode namens wingwave, die Erkenntnisse aus der Hirnforschung, der Neurolinguistik und der Traumatherapie vereint und nutzt. Es ist ein Emotions- und Leistungscoaching. Ziel ist es,
Blockaden zu lösen, Erfolge zu bewegen und Spitzenleistung durch punktgenaue Leistungssicherheit und innere Balance zu erzielen.

Gibt es ein Erfolgsrezept, dem Sie bei Ihren Trainings folgen?

Ja. Mein Credo lautet: Erfolg beginnt im Kopf! Und genau dort setze ich mit meinen Coachings auch an. Mithilfe des sogenannten Myostatiktests (neurobiologischer Stresstest) finde ich die Ursache von Stressthemen heraus und decke unbewusste Glaubenssätze auf. Dann nutze ich eine Technik, die die beiden Hirnhälften synchronisiert und den Stress spürbar und nachhaltig auflöst. Dadurch fühlen sich meine Klienten befreit und wieder in Balance. Diese emotionale Balance ist die Voraussetzung für Spitzenleistung.

Was haben Spitzensportler und Spitzenmanger mental gemeinsam?

Was sie sicherlich gemeinsam haben, ist die Tatsache, dass von beiden Personengruppen Höchstleistung erwartet wird und sie an dieser gemessen werden. Das bedeutet, sie stehen unter einem enormen Erfolgsdruck. Die Kunst liegt darin, die emotionale und mentale Stärke zu entwickeln, damit umzugehen. Das ist dann auch der Schlüssel, auf allen Ebenen gesund zu bleiben.

Was raten Sie Führungskräften aus der Wirtschaft im Umgang mit ihrer Psyche besonders?

Das Wichtigste – nicht nur für Führungskräfte – ist die emotionale Balance, also das Gleichgewicht zwischen Ratio und Emotio. Genau das erziele ich mit meinen Klienten im Coaching. Der steigende Leistungsdruck – oder der als solcher empfundene – macht vielen Menschen heutzutage Probleme. Nicht abschalten zu können, Angst zu haben zu versagen oder das Gefühl von „nicht gut genug zu sein“, ist häufig ein Thema. Daher geht es darum, mit gezieltem Stressmanagement Prävention gegen psychologische Erkrankungen zu erreichen.

08.10.2014 | 10:01

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