Der Lindt-Goldhase ist mit 17 Prozent Marktanteil der beliebteste Schoko-Osterhase, gefolgt vom Milka-Schmunzelhasen mit 13 Prozent. (Foto: shutterstock)



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Oster-Krise 2025: Wenn Schokolade zum Luxusgut wird

Ostern 2025. In deutschen Supermärkten stapeln sich die traditionellen Schokoladenhasen – allerdings zu Preisen, die selbst erfahrene Konsumenten stutzen lassen. Ein viral gegangenes Facebook-Foto zeigt eine Rechnung über 78,24 Euro für 16 kleine Schoko-Osterhasen. Die Kommentare schwanken zwischen Fassungslosigkeit, Spartipps und Konsumkritik. Was auf den ersten Blick wie ein Einzelphänomen wirkt, offenbart bei genauerem Hinsehen eine tiefgreifende Krise globaler Lieferketten – mit Kakao im Zentrum.

Der Rohstoff, der alle überrascht hat

2024 ist der Kakaopreis explodiert. Eine Tonne des braunen Goldes kostet am Weltmarkt bis zu 12.000 Euro – sechsmal mehr als noch vor wenigen Jahren. Der Grund: Eine Kombination aus klimabedingten Ernteausfällen, strukturellen Problemen im Anbau und einem globalen Markt, der kaum Spielräume für Ausweichbewegungen bietet.

In Ghana, einem der Hauptanbauländer, fiel die Ernte 2024 um fast 50 Prozent – der niedrigste Stand seit über 20 Jahren. Extreme Wetterbedingungen und Pflanzenkrankheiten zwangen Millionen Kakaobauern zur Rodung ihrer Plantagen. In der Elfenbeinküste, weltweit größter Produzent, sieht es kaum besser aus. Neue Anbauflächen lassen sich jedoch nicht beliebig erschließen – auch aufgrund von Regulierungen wie der EU-Entwaldungsverordnung, die Importe aus gerodeten Flächen beschränkt.

Schokolade wird knapp – und teuer

Die Auswirkungen sind in deutschen Supermärkten spürbar. Tafelschokolade ist im Schnitt fast ein Drittel teurer als im Vorjahr. Der ikonische Goldhase von Lindt kostet erstmals über vier Euro. Gleichzeitig schrumpfen die Produktgrößen – eine Praxis, die Verbraucherschützer als Shrinkflation bezeichnen. So wurde die Milka-Tafel von 100 auf 90 Gramm reduziert, bei gleichzeitigem Preisanstieg auf 1,99 Euro.

Hersteller wie Ritter Sport, Lindt & Sprüngli oder Mondelez rechtfertigen die Anpassungen mit gestiegenen Produktionskosten. Und doch bleibt ein schaler Beigeschmack: Trotz der Krise verbuchte Lindt & Sprüngli im Geschäftsjahr 2024 einen Rekordgewinn von 715 Millionen Euro.

Ungleichgewicht entlang der Wertschöpfungskette

Während der Endpreis für ein Kilogramm Schokolade im Einzelhandel bei bis zu 43.000 Euro liegt, erhalten die Kakaobauern in Ghana lediglich rund 3.000 Euro pro Tonne. Das entspricht weniger als neun Prozent des Endpreises – ein Wert, den die NGO Oxfam regelmäßig anprangert. Und obwohl Ghanas Kakaobehörde die Einkaufspreise zuletzt erhöht hat, bleibt das Einkommensniveau vieler Bauern existenzbedrohend.

Alte Lehren, neue Herausforderungen

Schon in den 1970er Jahren führte eine Dürre in Westafrika zu einer massiven Kakao-Knappheit. Damals reagierte die Industrie mit dem Aufbau neuer Anbaugebiete in Südostasien. In der aktuellen Krise scheint diese Strategie jedoch an Grenzen zu stoßen. Die strukturellen Probleme – Klimawandel, Bodenerosion, Monokulturen – lassen sich nicht kurzfristig beheben.

Was bleibt, ist ein Dilemma: Die Nachfrage nach Schokolade ist hoch, doch das Angebot sinkt. Die Industrie steht vor einem Paradigmenwechsel. Diversifikation, Investitionen in Agroforstwirtschaft und technologische Innovationen könnten langfristig helfen – doch das kostet Zeit, Kapital und politischen Willen.

Einige Hersteller experimentieren bereits mit kakaofreien Schokoladenalternativen auf Basis von Gerste, Hafer oder fermentierten Früchten. Gleichzeitig rücken ethische Fragen in den Vordergrund: Wie lässt sich ein nachhaltiger, fairer und zugleich wirtschaftlich tragfähiger Kakaosektor gestalten?

Ausblick: Der Schoko-Osterhase als Symbol der Zeitenwende

Für Konsumenten bedeutet die aktuelle Entwicklung vor allem eines: höhere Preise, kleinere Portionen und ein wachsendes Bewusstsein für die Fragilität globaler Lieferketten. Der Goldhase 2025 steht symbolisch für mehr als nur süße Osterfreuden – er ist Ausdruck einer globalen Rohstoffkrise mit sozialen, ökologischen und wirtschaftlichen Implikationen.Denn während Schokolade für viele ein alltäglicher Genuss ist, wird sie für Produzenten in Westafrika zunehmend zur Überlebensfrage.

  • Weltmarktpreis 2024: bis zu 12.000 €/Tonne (6-facher Anstieg)
  • Kakaoernte Ghana: -50 % im Vergleich zum Vorjahr
  • Anteil der Kakaobauern am Endpreis: ca. 9 %
  • Umsatz Schokoladenindustrie weltweit: rund 20 Mrd. €
  • Reingewinn Lindt & Sprüngli (2024): 715 Mio. €
  • Produzierte Schoko-Osterhasen in Deutschland 2025: 228 Mio. Stück (12 Mio. weniger als 2024)

 von Britta Kuschnigg

11.04.2025 | 18:07

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