Georg Falterbaum ist Vorstand des SOS-Kinderdorf e. V. und setzt sich für soziale Nachhaltigkeit in Wirtschaft und Gesellschaft ein. (Foto: SOS-Kinderdorf e.V./Maximilian Geuter)



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Chancen schaffen ist keine Wohltat, sondern zum Wohle aller

Chancen schaffen statt Almosen: Soziale Nachhaltigkeit als Basis wirtschaftlicher Stärke

Wenn über Nachhaltigkeit gesprochen wird, dominiert meist die ökologische Perspektive. Doch eine Gesellschaft kann auch sozial aus dem Gleichgewicht geraten – mit erheblichen Folgen für Wirtschaft und Arbeitswelt. Soziale Nachhaltigkeit betrifft die Vitalität unserer Sozialsysteme, die faire Verteilung von Chancen und den Zugang zu Bildung und Teilhabe. Und sie ist längst ein unternehmerischer Faktor. 

Unternehmen, die soziale Nachhaltigkeit ernst nehmen, investieren nicht nur in sogenannte ESG-Ratings, mit denen Investoren Umwelt- und Sozialstandards von Unternehmen bewerten. Sie investieren in Menschen. In langfristige Bindungen von Fachkräften, in Bildungsgerechtigkeit, in gesellschaftliche Teilhabe. Wer soziale Verantwortung nur als Kostenfaktor sieht, übersieht ihre Rolle als Basis wirtschaftlicher Zukunftsfähigkeit. 

Die Arbeit mit benachteiligten Kindern und Jugendlichen zeigt, wie entscheidend nachhaltige Strukturen sind – auch für den Wirtschaftsstandort Deutschland. Organisationen wie SOS-Kinderdorf leisten täglich Beziehungsarbeit, unterstützen junge Menschen in herausfordernden Lebenslagen und helfen ihnen, sich zu selbstbestimmten und aktiven Mitgliedern der Gesellschaft zu entwickeln. Diese Form der Investition wirkt leise, aber tief: Sie verringert Folgekosten, verhindert gesellschaftliche Ausgrenzung und schafft neue Perspektiven auf dem Arbeitsmarkt. 

Die gesellschaftliche Wirkung beginnt jedoch nicht erst bei den betreuten Kindern und Jugendlichen, sondern bei den Menschen, die mit ihnen arbeiten. Soziale Organisationen sind gefordert, auch nach innen nachhaltige Bedingungen zu schaffen: mit stabilen Arbeitsverhältnissen, Weiterbildungsangeboten und gesundheitsfördernden Rahmenbedingungen. Denn nur mit verlässlichem, qualifiziertem Personal kann Beziehungsarbeit gelingen. Dieses Prinzip gilt auch für andere Branchen – aber besonders dort, wo Fachkräfte rar sind und der Sinn der Tätigkeit eine zentrale Rolle spielt. 

Unternehmen, die soziale Nachhaltigkeit ernst nehmen, investieren nicht nur in sogenannte ESG­Ratings, sie investieren in Menschen.  

Neben der täglichen Praxis braucht es gesellschaftspolitische Weichenstellungen. Kinderarmut darf in einem reichen Land nicht akzeptiert werden. Alle Kinder brauchen die gleichen Chancen auf Bildung, unabhängig von Herkunft oder Wohnort. Die Kinder- und Jugendhilfe wiederum benötigt ausreichend und gut ausgebildete Fachkräfte, um präventiv arbeiten zu können. 

Soziale Nachhaltigkeit muss endlich denselben Stellenwert erhalten wie ihre ökologischen und ökonomischen Pendants. Nicht als moralischer Bonus, sondern als Grundlage für eine belastbare Zukunft – für Unternehmen, für unsere Gesellschaft. Und für kommende Generationen. 

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Georg Falterbaum

06.10.2025 | 13:57

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