Widerstand gegen die Bankenunion
Die Bankenunion soll das Finanzsystem der Eurozone stabiler machen und die Abwicklung maroder Banken erleichtern. Doch in Deutschland wächst der Widerstand gegen dieses Vorhaben. Eine Reihe von Ökonomen sieht gewaltige Risiken durch die Bankenunion für den Steuerzahler – und ruft deshalb erneut nach Karlsruhe.
„Die Bankenunion hat keine Rechtsgrundlage in den europäischen Verträgen und stellt somit einen Grundrechtsverstoß dar“, sagt der Berliner Anwalt Markus Kerber, Professor für öffentliche Finanzwirtschaft und Wirtschaftspolitik und Initiator der Verfassungsbeschwerde. Kerber kritisiert, die Regeln zur Bankenaufsicht entbehrten der Ermächtigungsgrundlage. Sie stellten den ersten Schritt zu einer bisher nicht dagewesenen Haftung des deutschen Steuerzahlers für Banken außerhalb der nationalen Bankenaufsicht dar. Die gemeinsame Bankenaufsicht sei der „vorläufige Höhepunkt des Selbstermächtigungsregimes in Brüssel“.
Tatsächlich werden fortan deutsche Steuerzahler an der Bankenrettung in Südeuropa systematisch beteiligt, und der ESM-Rettungsfonds öffnet sich für die Finanzierung maroder Banken der Krisenländer. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) weist allerdings darauf hin, dass bei künftigen Bankenrettungen vor jeder anderen Maßnahme die Eigentümer und Gläubiger zur Deckung von Verlusten herangezogen würden und nicht die Steuerzahler. Es gebe eine Reihenfolge der Haftung – zuerst Eigentümer und Gläubiger mit einem Rettungsbeitrag von bis zu 8 % der Bilanzsumme der Bank, dann der Abwicklungsfonds der Banken.
Am Ende der Haftungskaskade steht allerdings jetzt der Euro-Rettungsfonds ESM, der eigentlich nur zur Stabilisierung von finanziell angeschlagenen Eurostaaten gedacht war. Die Politik rühmt sich, den ESM nun „um das Instrument der direkten Bankenrekapitalisierung erweitert“ zu haben. Damit, so warnen die Kritiker, werde eine neue Vergemeinschaftung der Haftung für Südländer-Risiken Wirklichkeit.
Der Chef des Münchner ifo Instituts Hans-Werner Sinn weist darauf hin, dass nach einer Beteiligung der Eigentümer und Gläubiger von zusammen nur 8 % der Banken-Bilanzsumme und einer möglichen Beteiligung des neuen Rettungsfonds in Höhe von 5 % eine rechnerische Deckungslücke von 87 % bleibe. Und die falle dem Steuerzahler auf die Füße – bislang kümmert sich jedes Land selbst darum, nun aber wird die Haftung sozialisiert. Für Deutschland rechnet Sinn vor: „Angesichts einer Bilanzsumme der Banken der Krisenländer von 9 131 Mrd. Euro ist dies keine Kleinigkeit, sondern ein großes Risiko für die finanzielle Stabilität der Bundesrepublik Deutschland. Deutschland haftet im Prinzip für 28 % von 87 % dieser Summe, also für 2 145 Mrd. Euro.“
Große Löcher in der Gläubigerhaftung
Massive Zweifel hat auch die Monopolkommission geäußert. Das Konzept der Bankenunion sei zwar prinzipiell richtig, Abwicklungen zu erleichtern und Gläubiger an Verlusten zu beteiligen. „Die neuen Regelungen weisen aber Schlupflöcher auf“, kritisierte Daniel Zimmer, Präsident der Monopolkommission. Es gebe „ganze Kataloge“, um von der Gläubigerhaftung abzuweichen. Zudem sei der Bankenabwicklungsfonds, der bis 2024 mit 55 Mrd. Euro gefüllt sein soll, „klar unterdimensioniert“. Auch hier könnten neue Risiken für die Steuerzahler lauern. Sparkassen-Präsident Georg Fahrenschon warnt daher seit Monaten, dass eine unbedachte Bankenunion Deutschlands Finanzreserven direkt bedrohe.
Bundesbank rückt in die zweite Reihe
Obendrein wird die Deutsche Bundesbank mit der Bankenunion noch ein Stück weiter entmachtet. Ihre Rolle im Gefüge der deutschen und internationalen Bankenaufsicht verschiebt sich an den Rand. Andreas Dombret vom Vorstand der Bundesbank kritisiert, dass man künftig nicht einmal mehr direkt an die EZB berichten könne, sondern nur noch an die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin). „Nach meiner Überzeugung muss die Bundesbank auf Augenhöhe mit den anderen Aufsehern bleiben“, sagt er. In der neuen europäischen Bankenaufsichtswelt rückt die Bundesbank jedoch in die zweite Reihe.
31.08.2014 | 09:47