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Frank Walthes warnt vor Einheitsversicherung

Im Bundestagswahlkampf debattieren die politischen Parteien die Zukunft des deutschen Gesundheitswesens. Mit Frank Walthes ergreift nun einer der einflussreichsten Spitzenmanager der Branche das Wort und warnt vor einer Zerstörung des dualen Systems.

Die Zukunft des deutschen Gesundheitswesens ist im Bundestagswahlkampf ein strittiges Thema. Soll das bisherige duale System so bleiben wie es ist? Braucht es digitale und marktorientierte Reformen, wie es die FDP fordert? Ist eine Einheitsversicherung für alle die Zukunft, wie es die Linke will? Ist das Modell „Bürgerversicherung“ der SPD in Wahrheit eine „Zwangsvereinigung“ der bestehenden Zweige, so wie Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) warnt?

Mit ihrem dualen Gesundheitssystem aus gesetzlicher und privater Krankenversicherung (GKV bzw. PKV) sind die Deutschen jedenfalls nach wie vor sehr zufrieden. So gaben im jüngsten Healthcare Barometer 2017 der Beratungsgesellschaft PricewaterhouseCoopers 79 Prozent der Befragten an, alle Leistungen für eine gute medizinische Versorgung zu erhalten; für fast zwei Drittel zählt das deutsche Gesundheitssystem sogar zu den Top-3-Systemen weltweit. Im April haben dann in einer Allensbach-Umfrage sogar 86 Prozent der gesetzlich Versicherten das Gesundheitssystem in Deutschland sehr gut bewertet. Trotzdem ist die Reformdebatte politisch in vollem Gang.

Nun meldet sich mit Frank Walthes einer der einflussreichsten Spitzenmanager und Vordenker der deutschen Assekuranz-Branche zu Wort. Walthes ist Vorstandsvorsitzender der Versicherungskammer Bayern und lenkt damit die Geschicke von Deutschlands größtem öffentlichem Versicherer, zu dem unter anderem die Bayerische Beamtenkrankenkasse sowie die Union Krankenversicherung gehören. In einem Gastbeitrag für das Debattenmagazin „The European“ schreibt Walthes: „Dass unser Gesundheitssystem eines der besten weltweit ist, verdanken wir dem dualen Gesundheitssystem. Denn gerade der Wettbewerb zwischen GKV und PKV garantiert das hohe Versorgungsniveau – auch und gerade für die gesetzlich Versicherten.“ Walther warnt die Politik, dass man dieses Erfolgssystem auch in Zukunft fit halten und nicht durch politische Kurzsichtigkeit zerstören solle: „Die üblichen Verdächtigen ziehen alle vier Jahre vor Bundestagswahlen den alten Hut „Einführung einer Einheitsversicherung“ aus ihrem althergebrachten Standardrepertoire hervor und so gewinnt die öffentliche Debatte über eine Einheitsversicherung bzw. der Ruf nach Auflösung des dualen Systems erneut an Fahrt.“

Walthes warnt vor der Zerstörung eines Erfolgsmodells

Walthes erinnert daran, dass das deutsche Gesundheitssystem bestens funktioniere und im internationalen Vergleich über einen sehr umfangreichen Leistungskatalog und sehr schnellen Zugang zu medizinischen Leistungen verfüge: So sei es in Deutschland, anders als bei unseren europäischen Nachbarn, etwa selbstverständlich, den Haus- oder Facharzt der eigenen Wahl aufzusuchen. Und das auch nicht erst in ein paar Monaten, sondern ziemlich rasch: Denn auch die Wartezeiten seien in Deutschland sehr kurz – für alle Versicherten: So könnten hierzulande rund zwei Drittel aller Patienten einen Termin beim Hausarzt am selben oder nächsten Tag erhalten. Dies sei im internationalen Vergleich in Sachen Wartezeit sogar der beste Wert.Walthes empfiehlt einen Blick über die eigenen Landesgrenzen hinaus: „In Deutschland besteht eine qualitativ hochwertige Versorgung für alle Versicherten, da die privat und gesetzlich Versicherten dasselbe Gesundheitssystem nutzen: Umgekehrt entstehen gerade in Ländern mit einem Einheitssystem oft Parallelsysteme mit eigenen Versorgungsstrukturen. Dadurch entwickelt sich, wie etwa am Beispiel der Niederlande oder Großbritannien zu sehen, schnell eine Zwei-Klassen-Medizin mit enormen Versorgungsunterschieden zwischen Arm und Reich.“

Laut Walthes trage die PKV „erheblich zum hohen Standard der deutschen Gesundheitsversorgung bei, denn durch die PKV-Versicherten fließen dem deutschen Gesundheitssystem jährlich über 12 Milliarden Euro mehr zu als wenn diese in der GKV versichert wären. Von diesen Mehrumsätzen finanzieren Ärzte und Krankenhäuser ihre innovative medizinische Infrastruktur, die auch den GKV-Versicherten in gleichermaßen zur Verfügung steht. Pro niedergelassenem Arzt leisten die PKV-Versicherten rechnerisch über 43.000 Euro pro Jahr, die großenteils für Investitionen in Personal und Infrastruktur genutzt werden.“

Auch der medizinische Fortschritt werde stark von der PKV getrieben: Anders als in der GKV gebe es in der PKV keine politischen Zulassungsverfahren bei der Bewertung neuer Behandlungsmethoden. Sie beschleunige so die Weiterentwicklung und den breiten Einsatz neuartiger Behandlungsmethoden, die dann allen Versicherten zu Gute kommen. Ein gutes Beispiel dafür sei der inzwischen flächendeckende Einsatz der Magnetresonanztomographie (MRT).

Einheitsversicherungen sind teurer

Im Gegensatz zur GKV funktioniere, so Walthes weiter, das PKV-System ohne Subventionen: Während die GKV massive staatliche Unterstützung von über zehn Milliarden Euro pro Jahr erhalte, finanziere sich die PKV vollständig durch die Beiträge der Versicherten. Der Wettbewerb zwischen PKV und GKV schütze die GKV-Versicherten auch vor allzu umfangreichen Leistungskürzungen, denn ohne die Konkurrenz von Privatversicherungen wären Eingriffe in den Leistungskatalog der GKV einfacher umzusetzen.

Walthes warnt vor Zwangsvereinheitlichungen, weil sie für die meisten Versicherten teurer werde: „Die Pläne der meisten politischen Befürworter der Einheitsversicherung sehen eine teils massive Erhöhung der Beitragsbemessungsgrenze sowie die Einbeziehung weiterer Einkommensarten wie Zins- oder Mieteinkünfte vor, das bedeutet: Die Gesundheitsversorgung würde für die meisten Versicherten teurer als das bisherige duale System und könnte gleichzeitig zu schlechteren Leistungen führen als bisher. Es ist übrigens ein Irrglaube, dass die PKV nur etwas für Reiche ist: Zum einen sind alle Beamten in der PKV versichert und haben dort Anspruch auf staatliche Beihilfe, zum anderen Angestellte oder Selbständige. Privat versichert sind also nicht nur der Vorstand oder Zahnarzt, sondern auch die Grundschullehrerin und der Bäcker von nebenan. Im Gegensatz zur GKV ist der gewählte Leistungsumfang in der PKV dabei ein Leben lang garantiert.“

Walthes verweist zudem auf die Bedeutung des Kapitaldeckungsverfahrens der PKV: „Die Generationengerechtigkeit! Denn jede Generation spart in der Alterungsrückstellung von Beginn an einen Teil ihrer Beiträge für die mit dem Alter steigenden Leistungsausgaben. Somit sorgt jeder für sich selbst durch entsprechende Rücklagen vor. Aktuell stehen für die PKV-Versicherten insgesamt rund 240 Mrd. Euro an Alterungsrückstellungen zur Verfügung. Kapitaldeckung ist deshalb ein wichtiges dämpfendes Element in einer alternden Gesellschaft: Sie sichert langfristig die Finanzierbarkeit des Gesundheitssystems insgesamt und ist damit das einzige wirksame Mittel gegen die Auswirkungen des demographischen Wandels.“

Das Fazit des Vorstandsvorsitzenden von 6.800 VKB-Mitarbeitern lautet. „Nun ohne Not ein erfolgreiches Gesundheitssystem wie das in Deutschland in Frage zu stellen bzw. ein Modell einführen zu wollen, das in vielen anderen Ländern nachweislich schlechter funktioniert als bei uns, entbehrt nicht nur jeder Vernunft, sondern ist schlicht fahrlässig. Die Private Krankenversicherung als Wirtschaftsbranche und die von ihr finanzierten Versicherungsleistungen tragen über 37 Mrd. Euro zum Bruttoinlandsprodukt bei. Würden die privat Versicherten zukünftig in der GKV versichert werden, entfiele damit auch der überproportionale Finanzierungsbeitrag der PKV für das deutsche Gesundheitssystem. Zudem hängen über 700.000 Arbeitsplätze in Deutschland von der PKV ab – innerhalb der PKV selbst sowie bei Ärzten, in Krankenhäusern und in anderen Wirtschaftszweigen.“

17.07.2017 | 11:28

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