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Nicht ohne Russland

Die Gasvorräte in Deutschland gehen deutlich zurück. Die größten Reserven hat Russland. Trotz der politischen Spannungen ist mittelfristig selbst bei einer vorübergehenden Reduzierung nicht mit Versorgungs-engpässen zu rechnen. Doch wie sieht der langfristige Trend aus?

Pro Jahr werden rund 80 Mrd. Kubikmeter Gas in Deutschland verbraucht. Etwa 10 % davon werden durch die einheimische Förderung gedeckt – allerdings mit abnehmender Tendenz. 2013 ging die Produktion um 9,3 % auf jetzt 9,7 Mrd. Kubikmeter zurück. Ursache ist die zunehmende Erschöpfung der Lagerstätten. Die Reichweite einer sicheren Versorgung beträgt derzeit nicht einmal mehr neun Jahre. Den deutschen Verbrauch decken vor allem Importe aus den Niederlanden, Norwegen und Russland.

Deutschland ist der größte Gasmarkt in Europa, aber eng verbunden mit den europäischen Nachbarn. Die Bundes­republik ist ein wichtiges Transitland für Gas, über viele Pipelines wird russisches Gas nach Westen und niederländisches und norwegisches Gas nach Osten transportiert. Damit befindet sich Deutschland in der Mitte des ­europäischen Gasmarkts, der sich von Irland bis Italien erstreckt.

EU kann Eigenbedarf nicht decken

Was die EU-Länder betrifft, kann der Eigenbedarf etwa zu einem Drittel gedeckt werden. Hauptlieferanten für die fehlenden zwei Drittel sind Nordafrika, vor allem Algerien, Norwegen, Russland sowie LNG-Hersteller, hauptsächlich die USA. Bis zum Ende des Jahrzehnts wird voraussichtlich ein fünfter Lieferant hinzukommen, nämlich Aserbaidschan.

Auch die europäische Eigenproduktion ist in den vergangenen Jahren erheblich gesunken, und dieser Trend wird wohl anhalten. Die eigene Förderung wird bis 2030 nur noch etwa 10 % des Bedarfs in Europa decken, während es heute noch 34 % sind. Experten zufolge haben nur LNG sowie Russland die Kapazitäten, die Versorgungslücke zu schließen. Russland ist schon von jeher eine Stütze der europäischen Versorgung und liefert derzeit ­etwa 25 % des europäischen Gasbedarfs. Allerdings haben die Zweifel in die Vertrauenswürdigkeit des flächenmäßig größten Staats der Welt im Zuge der Ukraine-Krise zugenommen.

Die EU hat Ende vergangenen Jahres in einem Stresstest-Szenario untersuchen lassen, wie sich eine Unterbrechung der russischen Gaslieferungen von bis zu sechs Monaten im Winterhalbjahr 2014/15 auswirken würde. Am stärksten betroffen wären Finnland, Estonia, Mazedonien, Bosnien-Herzegovina und Ser­bien, die etwa 60 % ihrer Lieferungen einbüßen würden. Das würde bedeuten, dass so mancher Haushalt frieren müsste. Insgesamt geht die EU aber davon aus, dass ein solcher Ausfall durch europäisch-nachbarschaftliche Hilfe unter Nutzung von zusätzlichen LNG-Kapazitäten sowie bei entsprechender Vorbereitung keineswegs große Probleme verursachen würde. Dazu gehören auch volle Speicher, die in der EU im Herbst bis zu 80 %, in Deutschland sogar bis zu 90 % gefüllt waren.

Neue Gasfelder in Russland

Russland ist auch für die Zukunft fest als wichtiger Gaslieferant für die EU eingeplant. Das Land hat nachgewiesene Erdgasreserven von 33 Bill. Kubikmetern und erheblich in den Ausbau der Förderung und in Exportkapazitäten investiert. Neue Felder, wie zum Beispiel das riesige Gazprom-Feld Bovanenkovo, das 2012 in Betrieb genommen wurde und in der Spitze mehr als 100 Mrd. Kubikmeter pro Jahr produzieren wird, sorgen dafür, dass die russische Gasproduktion weiter zunehmen wird. Die Republik verfügt also über das Potenzial, Lieferungen an Europa wesentlich zu erhöhen. Die Pipeline-Kapazitäten nach Europa umfassen mehr als 250 Mrd. Kubikmeter und könnten um 118 Mrd. Kubikmeter erhöht werden.

fr

01.05.2015 | 10:55

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