Der Wert des deutschen Goldschatzes ist wegen des explodierenden Goldpreises stark gestiegen und liegt zu Marktpreisen bei rund 170 Milliarden Euro. (Foto: itti ratanakiranaworn / Shutterstock)



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Am Goldschatz wird nicht gerüttelt

In den Tresoren der Bundesbank lagert genug Gold, um die Schulden für das Konjunkturpaket zu begleichen.

Der aktuelle Wert der Goldreserven der Bundesbank entspricht ziemlich genau dem, was die Bundesregierung an Schulden für das Corona bedingte Konjunkturpaket eingeplant hat: 130 Milliarden Euro sind das offiziell, rund 40 Milliarden kommen dazu, wenn auch die Ausgaben über das Jahr 2021 hinaus berücksichtigt werden. Auf der anderen Seite wiegt der deutsche Goldschatz, den die Bundebank verwaltet, ziemlich genau 3366500 Kilogramm. Sein Wert ist wegen des explodierenden Goldpreises stark gestiegen und liegt zu Marktpreisen bei rund 170 Milliarden Euro. In der Theorie könnte also die Bundesbank beschließen, das Gold zu verkaufen und den Gewinn an den Staat auszuschütten. Die „schwarze Null“ im Haushalt wäre gerettet. Die Generation derjenigen, die heute noch zur Schule geht, aber später für die Ausgaben der Gegenwart zahlen muss, hätte zwar kein Gold mehr, aber auch keine Schulden.

Bundesbank bewertet ihr Gold nur einmal im Jahr

Soweit die Theorie. Die Praxis sieht so aus, dass von dieser kühnen Idee niemand etwas wissen will. Während noch 2004 der damalige Bundesbankpräsident Ernst Welteke einen Verkauf von bis zu 20 Prozent der Goldbestände als „unschädlich“ bezeichnet hatte und vorschlug, so Bildung und Forschung zu fördern, entzieht sich die Bundesbank heute der Diskussion. Sie verweist auf ihre Form der Bilanzrechnung. Danach wird das Gold der Deutschen, das in Frankfurt sowie in den Tresoren der britischen und der amerikanischen Notenbank gelagert ist, immer nur einmal im Jahr bewertet, und zwar am 31. Dezember. Wegen des nach oben kletternden Goldpreises sind dabei hübsche Steigerungen zu sehen: 22 Prozent waren es zwischen 2018 und 2019. Allerdings landet dieser Wertzuwachs nicht als Gewinn in der Bilanz der Bundesbank und weckt womöglich Begehrlichkeiten, sondern er findet sich unter dem Posten „Nettoausgleichsposition“ im Geschäftsbericht. Dies liegt unter anderem daran, dass das Gold eben nicht zu dem Wert, mit dem es aktuell gehandelt wird, zu verkaufen wäre: Jede größere Verkaufswelle würde den Preis unter Druck setzen. Die Marktpreise sind also tatsächlich nur eine Augenblicksaufnahme.

Ökonomen und Politiker warnen

Auch Ökonomen warnen davor den Goldschatz der Bundesbank auch nur anzutasten. Stefan Kooths, Leiter des Prognosezentrums am Institut für Weltwirtschaft in Kiel, hält solche Spekulationen für nahezu fahrlässig, weil sie das Vertrauen in den Euroraum weiter untergraben. Wenn sich Deutschland dazu entschlösse, Gold zu verkaufen, sei dies auch ein Signal für andere Euroländer. „Die Folgen der Überschuldung lassen sich so bestenfalls hinauszögern, dadurch werden die Probleme aber nur größer, nicht kleiner. Wenn jetzt schon die Goldreserven zur Disposition stehen, ist das Ende der Fahnenstange in Sicht“, sagt Kooths. Er rechnet außerdem vor, dass unterm Strich ein Goldverkauf ein Nullsummenspiel darstelle. Schulden aufzunehmen oder Vermögen abzubauen mache in der Bilanz keinen Unterschied. Michael Hüther, Leiter des Instituts der deutschen Wirtschaft in Köln erinnert daran, dass „im Jahr 2009 schon einmal der Verkauf der Goldreserven zur Finanzierung des damaligen Konjunkturprogramms vorgeschlagen wurde.“ Stattdessen habe der Bund damals Anleihen emittiert und die Schuldenquote konnte in den Folgejahren erfolgreich reduziert werden. Das könne auch diesmal der Weg sein. „Da das Zinsumfeld noch lange so günstig sein wird, wird die notwendige Reduzierung der Staatsschuldenquote im Anschluss an die Corona-Krise ähnlich gut gelingen, wie in den Jahren nach 2009”, meint Hüther.

Auch die Politik hält sich bisher zurück. Während in der Finanzkrise 2009 Politiker wie der damalige CDU-Haushaltsexperte und spätere Finanzstaatssekretär Steffen Kampeter einen Verkauf von Teilen der Goldbestände gefordert hatten, sind die aktuellen Reaktionen verhalten. „Einen Verkauf des ‚goldigen‘ Tafelsilbers halte ich für falsch", sagt der Hamburger CDU-Bundestagsabgeordnete Christoph Ploß. Seine Begründung: „Derzeit wird das Geld mit vollen Händen ausgegeben – und ein Verkauf des Goldes würde diese Mentalität möglicherweise noch befeuern.“ Die Skepsis gegen eine Hebung der Goldreserven wird von der Links-Partei geteilt. „Es wäre geradezu dumm, in der schwersten Wirtschaftskrise nach dem Zweiten Weltkrieg die Lage mit Goldverkäufen weiter zu destabilisieren", sagt Sevim Dagdelen, vormalige Vizefraktionsvorsitzende. Anders als Ploß fordert Dagdelen Steuererhöhungen: „Wir brauchen stattdessen eine Abgabe der Superreichen und eine Vermögenssteuer.“

ag/oli

28.07.2020 | 10:27

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