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Bankenaufsicht bringt Sparkassen ins Schwitzen

Europäische Zentralbank und deutsche Bankenaufseher halten die Sicherungen der Sparkassen gegen Pleiten im eigenen System für ungenügend. Sie wollen, dass die Sparkassen mehr Geld für den Notfall zurücklegen. Die Anforderungen der Kontrolleure könnten zu höheren Kosten für die Kunden führen.

Robust durchs Jahr gekommen, Kraft, die Herausforderungen zu bestehen, Kunden verlässlich begleiten - so hört es sich an, wenn Helmut Schleweis zurück- und nach vorne blickt. Schleweis ist Chef des Deutschen Sparkassen und Giroverbandes (DSGV), zu dem rund 370, Sparkassen gehören, die Landesbanken, ein paar Versicherer und einiges mehr. Der 66jährige spricht für knapp 300 000 Mitarbeiter und einen Bankenverbund, der zusammen oft mehr verdient als die Deutsche Bank. Sein Job ist es, Optimismus zu verbreiten. Dabei verdeckt er die Schwachstellen des Systems. Die legen dann dafür andere offen.

Schwächen im System

Es gibt einige solcher Schwächen im System. Manche treffen die Sparkassen so, wie alle anderen Banken auch. Die negativen Zinsen gehören dazu. Banken leben vom Geldverleihen, und wenn sie kaum noch Zinsen dafür bekommen, verdienen sie nichts. Zahlreiche Sparkassen geben das Problem inzwischen an ihre Kunden weiter und lassen sie Strafzinsen für Bankeinlagen bezahlen. Kreditausfälle bei Kunden, deren Geschäfte in der Pandemie nicht laufen, sind ein weiteres Thema, das alle Banken trifft und von dem noch keiner weiß, wie schlimm es wirklich wird. Ein drittes Thema allerdings ist hausgemacht. Es ließe sich umschreiben mit: Der DSGV ist wie ein Sack voll Flöhe. Jeder schwirrt in alle Richtungen.

Genau das bemängeln inzwischen Europäische Zentralbank und deutsche Bankenaufsicht. „Komplexe Entscheidungsprozesse und das Fehlen klarer Zuständigkeiten verhindern die rasche Lösung von Stützungsfällen“, heißt es in einer Analyse der Aufseher zum System Sparkasse. Zudem gebe es „unzureichende Anreize für ein proaktives Eingreifen“ des Institutssicherungssystems.

Ihre Kritik haben die Aufseher im vergangenen Jahr in einem Brief an Schleweis zusammengefasst. Inzwischen haben sie, wie das Handelsblatt berichtet, nachgelegt und konkrete Vorgaben gemacht. Bis 2025 soll Ordnung in den Laden kommen. Und: Es soll ein weiterer Topf aufgestellt werden, in dem geschätzt fünf Milliarden Euro liegen müssen, um kriselnde Geldhäuser aus dem eigenen Lager aufzufangen. Angesichts eines Jahresüberschusses von 1,6 Milliarden Euro, den die Sparkassen im vergangenen Jahr erwirtschaftet haben, ist der Betrag gewaltig. Für Kunden, Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen bedeutet das tendenziell nichts Gutes: Die einen dürften mehr für Bankdienstleistungen bezahlen müssen, die anderen können sich ausrechnen, dass die Arbeitsbelastung zunimmt, der Verdienst aber nicht.

Unruhe im Sparkassen-Lager

Und wie es immer ist, wenn es ans Bezahlen geht, brechen unter denen, die zahlen müssen, alte Wunden auf. Im Fall des DSGV ist es die Kluft zwischen Sparkassen und Landesbanken. Die einen sind meistens solide, die anderen spekulieren schon mal über den Durst. In die Finanzkrise vor 13 Jahren waren die meisten Landesbanken tief verstrickt, Sparkassen und Bundesländer mussten sie vor dem Untergang retten. Richtig erholt haben sich einige seither immer noch nicht. Die Norddeutsche Landesbank in Hannover ist so ein Fall, sie musste vor zwei Jahren aufgrund hoher Schiffskredit-Risiken mit einem 3,6 Milliarden Euro schweren Rettungspaket vom Land Niedersachsen und von der Sparkassen-Finanzgruppe gestützt werden. Ob sie dauerhaft eigenständig bleiben kann, gilt als fraglich. Sparkassen-Chefs, die auf die Nord LB angesprochen werden, bekommen schnell einen roten Kopf.

Während die Sparkassen also möchten, dass die Landesbanken in den neuen Fünf-Milliarden-Topf möglichst viel einzahlen, weil sie das größte Risiko darstellen, lehnen die Landesbanken, die sich nur mühsam von der letzten Krise erholt haben, genau das ab. Kommt es zu keiner Einigung, bricht aber das Sicherungssystem des DSGV in sich zusammen wie ein Hochhaus beim Erdbeben. Der DSGV hat Zeit für eine Einigung bis zum Jahr 2023. Das klingt viel, ist es aber nicht, weil neben dem neuen Topf zur Institutssicherung, die Kontrolleure auch noch fordern, klare Regeln zu schaffen, ab wann Geld an wen fließt. Bislang gibt es darüber meistens monatelangen Streit, da bei Sparkassen und Landesbanken stets Länder und Kommunen mitzureden haben.

Für Kunden kann es teuer werden

Die Ökonomen des DSGV haben vor diesem Hintergrund schon mal zum Gegenangriff auf die Kontrolleure aufgerufen. Die Aufsicht dürfe, wenn die Konjunktur wieder anziehe, nicht zu früh das zuvor für die Kreditvergabe freigesetzte Eigenkapital wieder begrenzen, sagt Reinhold Rickes, Leiter Volkswirtschaft beim DSGV. Damit würde sie letztlich die Wirtschaftsbelebung schwächen. Sparkassen-Präsident Schleweis ahnt allerdings, dass sich die Kontrolleure nicht erweichen lassen werden und schwört Mitarbeiter und Kunden auf härtere Zeiten ein: „Einsparungen, mehr Provisionsgeschäft und Konditionenanpassungen“, heißen die Folterinstrumente, die Schleweis nennt.

Im Klartext kann das zweierlei bedeuten: Bei den Gehältern ihrer Manager müssen die Sparkassen künftig zweimal rechnen. In der Spitze liegen sie inklusive der Pensionsrückstellungen oft bei mehr als einer Millionen Euro im Jahr. Doppelt hinsehen werden die Sparkassen auch bei den Einlagen ihrer Kunden. Schon jetzt verlangen viele bei Guthaben über 50 000 Euro, die auf dem Sparkassen-Konto liegen, ein Strafgeld. Dieser Maximalbetrag, von dem an Kunden zur Kasse gebeten werden, könnte weiter absinken.
                                       
Oliver Stock

08.06.2021 | 13:15

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