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Börse Athen: alles einsteigen zum Steigflug?

Die Athener Börse verzeichnete zu Wochenbeginn den tiefsten Sturz ihrer Geschichte. Der Leitindex ASE fiel zum Start um 23 Prozent auf 615 Punkte. Der Index der Banken fiel sogar zeitweise auf „limit down“, also um 30 Prozent. Der ASE verlor am Ende des Tages 16,23 Prozent und landete bei 668 Punkten. Damit gingen binnen weniger Stunden mehr als sieben Milliarden Euro an Marktkapitalisierung in Hellas verloren. Ein Hoffnungsschimmer könnte sein, dass der Crash bei niedrigem Umsatz stattfand. Nur 65 Millionen Euro wurde bewegt.

Der Sturzflug dürfte zunächst noch Fortsetzungen finden. Auch am Dienstag setzten sich die Kursverluste – wenn auch in abgemildertem Tempo – fort. In den Büchern griechischer Börsenmakler stauen sich jedenfalls noch Verkaufsaufträge über Millionen von Aktien, die an den ersten beiden Tagen nach der Schließung nicht durchgeführt werden konnten: es fehlten schlichtweg die Käufer. Die Verkaufsorders kommen vorwiegend institutionellen Anlegern, die zum Teil aufgrund ihrer Regularien oder interner Algorithmen die Verkäufe auslösten. Privatanleger sollten sich die Lage in Athen aber bereits mit anderen Augen ansehen: lohnt es sich bereits, in bestimmte Werte zu investieren? Immerhin haben sich Unternehmen wie der Elektro-Großhändler Dimitriou, der Medienkonzern Attikes Ekdoseis, die Großbäckerei Kanakis und der Zementhersteller Titan der aktuellen Kursachterbahn entziehen können.

Zur Diskussion stehen auch noch die Privatisierungen, die die Tsipras-Regierung eigentlich zugesagt hat. Unbeschadet der Tatsache, dass diese Zusage auf äußerst wackeligen Beinen steht, liest sich die Liste gut. Da wäre das olympische Ruderzentrum, da gibt es herrschaftliche Häuser in allen Teilen des Landes; das gesamte Schienennetz steht ebenso auf der Liste wie zwei riesige Landstücke bei Heraklion, der kretischen Metropole, die bis vor kurzem vom US-Militär genutzt wurden. Das Portfolio des griechischen Privatisierungsfonds (Taiped) ist, wie Beobachter mitteilen, „geographisch und thematisch von bemerkenswerter Vielfalt“. Rund 50 Milliarden Euro könnten, wenn alles gutgeht, durch die Veräußerung von Staatseigentum oder dessen Nutzung durch Dritte für die Sanierung Griechenlands generiert werden. Das wiederum würde der Athener Börse sehr helfen. Ob es allein ausreicht, um den Ausverkauf aller im ASE gelisteten Werte zu beenden, steht dahin. Die Zahl der Gewinneraktien in Hellas dürfte sich aber vergrößern. Und hier heißt es für risikobewusste Anleger: Augen auf und klarmachen zum Einstieg!

Ein Beispiel dafür ist die Hellenic Telecom (OTE), eine 40-prozentige Tochter der Deutschen Telekom. Sie konnte bereits während des Crashs die Hälfte der anfänglichen Kursverluste wettmachen. Die Aktie notierte am letzten Handelstag vor der Zwangsschließung der Athener Börse am 26. Juni bei 8,20 Euro, fiel am Montagmorgen auf 5,75 Euro und ging schließlich mit knapp 7,10 Euro aus dem Handel – ein Minus von 11,3 Prozent, das im Vergleich zu anderen Werten wir ein Hoffnungsschimmer aussieht.

Wie es gehen kann, macht auch ein chinesisches Schiffahrts- und Logistikunternehmen vor. Die China Ocean Shipping Company (Cosco) besitzt bereits seit knapp sieben Jahren eine Konzession für das Containerterminal 2 im Hafen von Piräus. Seitdem hat sich hier der Güterumschlag versiebenfacht. Das nebenan gelegene, vom griechischen Staat betriebene Terminal 1 musste im selben Zeitraum großer Verluste an Umsatz und Containerdurchsatz hinnehmen. Es ist rein optisch ein Abbild der Agonie – ganz im Gegensatz zum Nachbarterminal, wo die Brückenkräne unaufhörlich hin- und herfahren.

Einer der ersten Werte, die in Deutschland profitieren könnten, ist der im MDAX gelistete Flughafenbetreiber Fraport. Bereits im November 2014 hatte Fraport zusammen mit einem lokalen griechischen Partner den Zuschlag für den Betrieb von 14 Flughäfen erhalten, darunter der in Thessaloniki, der zweitgrößten griechischen Stadt, sowie die Airports auf den Inseln Kreta, Korfu und Rhodos. Ab der Machtübernahme durch die links-rechts-radikale Regierung in Athen stockten die Verhandlungen, denn das Vergabeverfahren wurde als mangelhaft klassifiziert. Jetzt, nach der Einigung mit den europäischen Gläubigern, ist dasselbe Verfahren wieder in Ordnung. Und die Vertragspartner sollen sich auf der Zielgeraden befinden. Angesichts solcher Beispiele heißt es auch für Anleger in deutsche Aktienwerte: Augen auf – mit klarem, illusionslosem, aber unverstelltem Blick in Richtung Ägäis.

05.08.2015 | 10:58

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