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Börsenfusion gerät ins Wanken

Nach dem Brexit-Bschluss der Briten treten immer mehr Fallstricke für die englische Wirtschaft und den Standort London zutage. Nun gerät die eigentlich schon beschlossene und fertig ausgehandelte Fusion von Frankfurter Börse und der London Stock Exchange ins Fadenkreuz. Die britische Hauptstadt, das zeichnet sich bereits jetzt ab, dürfte als geplanter neuer Standort passé sein. Den Investoren geht dabei knallhart ums Geld.

Nach dem britischen „Leave” vom vergangenen Donnerstag werden immer mehr Bedenken wegen eines möglichen Scheiterns der Fusion der beiden Börsen laut. Vor allem die Standortfrage bereitet den Investoren offenkundig Sorgen. Durch einen Brexit würde der geplante Rechtssitz der Superbörse in Zukunft außerhalb der Europäischen Union liegen – einem solchen rechtlichen Konstrukt dürften die zuständigen Aufsichtsbehörden kaum zustimmen.

Die Kritiker der bisher geplanten Regularien haben einen prominenten Fürsprecher: Felix Hufeld, den Präsidenten der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin). Er äußerte sich eindeutig gegen London als ersten Sitz einer deutsch-britischen Börse. „Es ist schwer vorstellbar, dass der wichtigste Börsenplatz im Euro-Raum von einem Standort außerhalb der EU gesteuert wird”, sagte Hufeld am Rande einer Konferenz in Frankfurt, „da wird man sicher nachjustieren müssen.”

Die Deutsche Börse und die Londoner LSE sollen nach den bisherigen Plänen nach ihrem Zusammenschluss den Sitz in London haben. Nach dem Brexit ist die Kritik an dieser Entscheidung in Deutschland gewachsen, der Plan dürfte in seiner jetzigen Form obsolet sein. Sogar aus der Politik kommen inzwischen deutlich kritische Töne. Hessens Wirtschaftsminister Tarek Al-Wazir, der die in diesem Fall zuständige hessische Börsenaufsicht leitet, lässt eine äußerst kritische Haltung erkennen. Das Votum der Briten werde bei den Prüfungen des Ministeriums eine Rolle spielen, so al-Wazir: „Und natürlich werden wir auch abwarten, ob die Pläne in dieser Form bestehen bleiben.“

Die beiden Unternehmen hatten im Februar festgelegt, dass die Aktionäre der Deutschen Börse AG gut 54 Prozent am fusionierten Unternehmen halten sollen und die Besitzer der LSE-Anteile knapp 46 Prozent. Wegen des Absturzes der LSE-Aktie und des Pfunds müsse dieses Verhältnis nun zugunsten der Frankfurter angepasst werden, sagte ein großer Investor gegenüber Reuters: „Ansonsten ist der Deal nicht vorteilhaft für die Aktionäre der Deutschen Börse.“ Auf der LSE-Hauptversammlung wolle er auf jeden Fall für die Fusion votieren. Ob er auch der Deutschen Börse AG seine Stimmen für eine Fusion gibt, hat er noch nicht entschieden. „Strategisch ist die Fusion aus unserer Sicht nach wie vor sinnvoll. Wir hoffen aber noch auf Nachbesserungen, damit wir ohne Bauchschmerzen zustimmen können.“ Das ist deutlich.

Und siehe da: die beiden Börsenkonzerne reagieren. Ein Referendums-Komitee, das beiden Häuser eingerichtet haben, soll sich in den kommenden Wochen mit den geänderten Voraussetzungen befassen. Auch die Entscheidung für London als „alleinigem Sitz“ des fusionierten Konzerns werde dabei überprüft, hat Deutsche-Börse-Aufsichtsratschef Joachim Faber gegenüber Reuters angekündigt. Eine Verlagerung der Holding-Gesellschaft nach Frankfurt oder die Schaffung von zwei Firmensitzen scheint derzeit zwar erst nach dem Abschluss der Fusion möglich, aber derartige Möglichkeiten existieren bereits in den Planspielen – in Frankfurt wie in London. sig

29.06.2016 | 09:51

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