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Daimler: Mission 2020 fest im Visier

2015 war für Daimler ein phantastisches Jahr voller Rekorde. Die Stuttgarter konnten sowohl ihren Gewinn als auch den Umsatz signifikant steigern. Dank herausragender Absatzzahlen gelang es der Marke mit dem Stern, Audi vom zweiten Platz der weltweit größten Automobil-Premiumhersteller zu verdrängen.

„Das Beste oder nichts.“ Deutlicher als Daimler kann man den eigenen Führungsanspruch kaum artikulieren. Umso mehr dürfte es die Schwaben gewurmt haben, lange Zeit nur die Nummer drei am Markt der weltweiten Premiumhersteller gewesen zu sein. Doch damit ist jetzt Schluss. Zwar startet auch 2016 erneut BMW von der Pole Position ins neue Jahr, Daimler konnte aber an Audi vorbeiziehen und hat damit seine Ausgangslage für die Zukunft deutlich verbessert. Die Rücklichter der Konkurrenz aus München sind zum Greifen nahe.

Bis spätestens 2020 will Daimler wieder die klare Nummer eins sein. Angesichts der jüngsten Entwicklung könnte dieses Ziel bereits deutlich früher erreicht werden. Die Anleger scheinen dem Benz-Börsen-Braten indes nicht recht zu trauen – der Aktienkurs hat noch deutlich Luft nach oben. Sagenhafte 2,9 Millionen verkaufte Fahrzeuge stehen für das vergangene Jahr zu Buche, was einem Plus von zwölf Prozent gegenüber dem Vorjahr entspricht. Den Konzernumsatz konnten die Schwaben dabei um satte 15 Prozent auf 149,5 Milliarden Euro steigern. Auch der Betriebsgewinn wuchs beträchtlich von 10,14 auf 13,8 Milliarden Euro, während sich das Konzernergebnis von 7,3 auf 8,9 Milliarden Euro verbesserte. Daimler konnte also auf voller Linie überzeugen, der Stern funkelt strahlender denn je.

Zetsches Erfolgsmodelle

Haben die Schwaben, die in jüngerer Vergangenheit durch etliche Modell-Offensiven aus allen Rohren feuerten, ihr Pulver vorerst verschossen? Wenn man Daimler-Chef Dieter Zetsche Glauben schenken mag, so hat der Traditionskonzern noch einiges in petto. „Alles deutet darauf hin, dass 2016 ein weiteres gutes Jahr für Daimler wird“, lässt der 62-jährige verlauten. Große Hoffnungen setzt er dabei in die neue E-Klasse, die ab April zur Fortsetzung des Erfolgskurses von C- und S-Klasse im Verkauf als „die intelligenteste Business-Limousine“ ordentlich Gas geben soll. Durch neue Motoren, bessere Elektronik und ein hohes Maß an Luxus soll die E-Klasse zur Nummer eins der Business-Klasse avancieren. Aber auch weitere neue Modelle wie der Geländewagen GLS, das S-Klasse Cabrio oder das C-Klasse Coupé sollen für Furore sorgen.

Die Hoffnung, dass das Pkw-Geschäft, mit dem Daimler mehr als die Hälfte seines Umsatzes macht, weiterhin boomt, scheint angesichts der fortwährenden Innovationen also durchaus berechtigt. Ob es allerdings erneut gelingt, das für die Pkw-Sparte langfristig ausgerufene Ziel von neun Prozent im Bereich der operativen Rendite, erneut zu übertreffen, steht noch in den Sternen. Im laufenden Geschäftsjahr belief sich diese Kennziffer auf zehn Prozent. Der Wert gibt an, welchen Anteil der Konzern von seinem Umsatz als operativen Gewinn übrig behält. „Wir streben an, das erreichte Niveau zu halten“, zeigt sich Zetsche durchaus zuversichtlich.

Zu weit weniger Optimismus gibt aktuell die Lage am Aktienmarkt Anlass. Dort begegnen die Anleger dem Autokonzern mit dem „guten Stern auf allen Straßen“ und folglich der Daimler-Aktie mit einer großen Portion Skepsis, was angesichts der jüngsten Entwicklungen rund um den schwäbischen Weltkonzern als durchaus verwunderlich angesehen werden kann. Offenbar reicht der Ausblick auf etwas langsamer steigende Gewinne – wohlgemerkt, hier geht es um eine Verlangsamung des Wachstums! – den Anlegern nicht aus. Fast könnten sich Parallelen zum Markt in China aufdrängen, wo auch eine leichte Abschwächung des Booms für Panik sorgt. Was sind also die Fakten?

Auch 2016 nochmals „leicht steigende“ Gewinne

Daimler geht laut Zetsche davon aus, den Betriebsgewinn 2016 „leicht steigern zu können“. Das sind angesichts des wirklich hohen Niveaus keine schlechten Aussichten. Doch die Börsianern sind verschnupft. Daimler hat anscheinend mit dem Fluch der guten Tat zu kämpfen, die Erwartungshaltung scheint aufgrund der jüngeren Erfolge immens angestiegen zu sein. Hinzu kommt bei vielen Aktionären die Angst, die flaue Weltkonjunktur könnte schon bald auch beim Stuttgarter Vorzeigeunternehmen ihre Spuren deutlich hinterlassen. Und ohne übertriebene Panik ist es natürlich wahr, dass am chinesischen Markt zunehmend mit Schwierigkeiten zu rechnen ist. Wie groß die werden, ist allerdings Spekulation.

Bislang stemmt sich Daimler mit Erfolg gegen die Schwäche seines größten Automarktes im Reich der Mitte. „Wir trauen uns dort weitere Marktanteilsgewinne zu“, gibt sich der Vorstandsvorsitzende, der mittlerweile seit zehn Jahren bei beim Premiumanbieter die Fäden zieht, kämpferisch. Wie ein Damoklesschwert schwebt allerdings weiterhin der Abgasskandal von VW über der Automobilbranche. Somit steht auch Daimler unter permanenter skeptischer Beobachtung der Anleger. Umweltorganisationen wie die kämpferisch auftretende Deutschen Umwelthilfe haken immer wieder wegen angeblich falsch ausgewiesener Abgaswerte nach. Doch Daimler betont mit Nachdruck, sich stets an die geltenden Gesetze zu halten. Es gibt keine Fakten, die das Gegenteil beweisen. Das Misstrauen ist also Börsensentiment – nicht mehr, aber auch nicht weniger.

Für Daimler gilt es, das angeknackste Vertrauen vieler Aktionäre wiederherzustellen. Um auch an der Börse zu reüssieren, ist es für den Premiumanbieter unausweichlich, die Anleger davon zu überzeugen, dass es für Daimler trotz aller branchenspezifischen und möglicher konjunkturell bedingter Widrigkeiten, weiterhin bergauf gehen wird. Dass dies nicht einfach wird, liegt auf der Hand. Doch auch für 2016 hat sich der Weltkonzern wieder vorgenommen, das Beste zu erreichen. WIM

23.02.2016 | 11:57

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