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Der oberste Windkraftgegner ist Habecks treuster Beamter

Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck hat es gerade wieder betont: Er will die Windkraft schneller ausbauen. Doch ausgerechnet in seinem eigenen Ministerium sitzt der Mann, der an diesen Plänen kein gutes Haar lässt.

Eigentlich ist es eine Erfolgsmeldung: Der Ausbau der Windenergie in Deutschland hat wieder Fahrt aufgenommen. Nach Zahlen des Internationalen Wirtschaftsforums für regenerative Energien entstanden in Deutschland 2022 unterm Strich 332 neue Windanlagen. Die Zahl ist der Saldo aus neuerrichteten und abgerissenen Anlagen. Gegenüber dem Jahr 2021 ist das eine Steigerung von mehr als 50 Prozent. Für die ehrgeizigen Klimaziele der Bundesregierung ist das aber nicht genug. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) hat bereits angekündigt ein „Windpaket“ zu schnüren, um bürokratische Hemmnisse abzubauen. Doch der Minister muss aufpassen. Er hat die Gegner dieser Politik im eigenen Haus.

Eine Gruppe, die sich „Bundesinitiative Vernunftkraft“ nennt und über sich selbst erklärt, zahlreiche lokale Initiativen von Windkraftgegnern zu bündeln und zu vertreten, veröffentlichte unmittelbar nach Habecks Ankündigung eine Pressemitteilung, die an Deutlichkeit nichts zu wünschen übriglässt: Es gehe um eine „Aneinanderreihung von Verfahrenserleichterungen für die Windkraftindustrie, die einen beispiellosen Verstoß gegen Artikel 20 a des Grundgesetzes zum Schutz unserer Lebensgrundlagen darstellt“. Der Umweltschutz werde „wegrationalisiert“. Das sich Windanlagen-Betreiber, die keine Ausgleichsmaßnahmen für den Artenschutz leisten wollten, davon freikaufen könnten, sei „indiskutabel“.

Das brisante an dieser Pressemitteilung ist der Absender: „Vernunftkraft“ ist ein eingetragener Verein. Dessen erster Vorsitzender ist Nicolai Ziegler, der in dieser Funktion auch schon in Fernsehsendungen wie ARD-Monitor aufgetreten ist. Im Hauptberuf ist Ziegler allerdings seit mehr als einem Jahrzehnt Beamter im inzwischen von Habeck geleiteten Wirtschaftsministerium. Er sitzt dort in der Abteilung „Internationale Wirtschafts- und Währungsfragen“. Der Minister hat damit ausgerechnet Deutschlands obersten Windkraftgegner in den eigenen Reihen.

Die Pressestelle des Ministeriums gab sich auf Anfrage entspannt: Ehrenamtliche Tätigkeiten von Mitarbeitern außerhalb der Arbeitszeit seien nicht anzeige- oder genehmigungspflichtig, lautet der Kommentar, den einst die Tageszeitung taz im Jahr 2019 einholte, als ihr der Widerspruch zwischen der Privatbeschäftigung des Beamten und der schon damals gültigen Linie des Wirtschaftsministeriums zum ersten Mal aufgefallen war. Ziegler selbst wollte schon damals zu „regierungsinternen Vorgängen keine Angaben machen“. Die Trennung von Berufs- und Vereinsleben geht bei ihm soweit, dass er in seiner Funktion als erster Vorsitzender von Vernunftkraft schon eine offizielle Stellungahme zum absehbaren Ende der Kohleverstromung an sein Ministerium verschickt hat. Selbstverständlich fiel die sehr kritisch aus.

Sein Engagement bei den Windkraftgegnern hat er auch unter seinem neuen Chef Robert Habeck nicht aufgegeben, obwohl der – wie jetzt geschehen – der Windkraft noch mehr Schub verleihen will als sein CDU-Vorgänger Peter Altmaier. Im Gegenteil: Die Bundesinitiative Vernunftkraft rüstet unter der Leitung ihres ersten Vorsitzendes Ziegler gegenüber dem Ministerium zumindest verbal mächtig auf. In ihrer Pressemitteilung, die von diesem Mittwoch stammt, wirft sie dem Ministerium „dreiste Unwahrheit“ vor. Der Artenschutz werde nicht, wie vom Minister behauptet, gewahrt, sondern gerade der Windkraftausbau gehöre wegen der „sehr hohe Schlagopferzahlen zu den tiefgreifendsten Ursachen für die Verletzung des Tötungsverbots“. „Habeck beschleunigt in der Sackgasse“ lautet die aktuelle Schlagzeile auf der Homepage des von Ziegler geführten Vereins.

Oliver Stock

03.02.2023 | 10:54

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