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Die fünf Irrtümer beim Boom-Thema Wärmepumpe

Sie ist seit dem Gasheizungsverbot in aller Munde: die Wärmepumpe. Lohnt sich ihr Einbau? Wer stellt die besten Geräte her? Kommt jetzt die große Trendwende beim Heizen von Häusern? Wir haben fünf Irrtümer zusammengetragen, die ein schiefes Licht auf diese Technologie werfen.

Von Oliver Stock / WirtschaftsKurier


Ein Gerät, das an sich so unsexy ist wie ein Staubsauger, sorgt derzeit an Abendbrottischen und in der Kantine für Gesprächsstoff wie bisher nur das neue Smartphone oder das nächste Auto: die Wärmepumpe. Seitdem aus dem Hause von Wirtschaftsminister Robert Habeck in der vergangenen Woche, der Plan bekannt wurde, Gasheizungsneubauten schon im nächsten Jahr zu verbieten und seitdem jetzt auch EU weite Vorschriften des Brüssler Parlaments im Umlauf sind, den Schadstoffausstoß von Gebäuden drastisch zu reduzieren, gilt die Wärmepumpe als Allheilmittel. Dabei vermischt sich derzeit viel Dichtung mit wenig Wahrheit. Fünf Irrtümer sind es, die eine sachliche Diskussion schwierig machen.

Irrtum Nummer 1: Deutschland ist führend im Einbau von Wärmepumpen


Weit gefehlt. In Europa werden die meisten Wärmepumpen pro 1000 Einwohner in Norwegen und Finnland eingebaut, nämlich 57 bzw. 46 Stück. Frankreich und Italien liegen mit 17 bzw. 15 dieser Heizsysteme pro 1000 Einwohner im Mittelfeld. Deutschland dagegen rangiert in dieser Zählung, die aus dem Jahr 2021 stammt, auf dem viertletzten Platz von 21 europäischen Staaten. Länder wie Ungarn und die Slowakei kommen noch danach. Deutschland hat also in der Tat Nachholbedarf und würde mit der angepeilten halben Millionen Wärmepumpen, die in den kommenden fünf Jahren verbaut werden sollen, noch immer keinen Spitzenplatz in Europa einnehmen. Noch bescheidender erscheint der deutsche und europäische Anteil, den diese umweltfreundliche Heiztechnik ausmacht, im weltweiten Vergleich. In China, Japan und auch in Nordamerika werden ungleich mehr Wärmepumpen in Häusern betrieben als in Europa.

Irrtum Nummer 2: Der deutsche Markt und die deutschen Hersteller sind die größten

Natürlich nicht. Deutschland ist für die Wärmepumpenhersteller hierzulande wie etwa Viessmann, Bosch, Vaillant oder Stiebel Eltron zwar interessant, weil der Gesetzgeber den Druck zum Einbau solcher Systeme erhöht. Absolut gesehen ist im weltweiten Vergleich aber mal wieder China der größte Markt. Rund sieben Millionen Wärmepumpen wurden dort allein 2018 verbaut, neuere Zahlen sind derzeit nicht zu haben. Aber auch dieser Wert ist gegenüber den 1,5 Millionen, die hierzulande angepeilt werden, groß. Entsprechend haben einige der deutschen Hersteller auch Fabriken in China, um den Markt dort zu bearbeiten. Umgekehrt stehen chinesische Unternehmen in den Startlöchern, um in Deutschland zum Zug zu kommen. Unternehmen wie Foshan und Anhui drängen auf den Markt. Zu den größten europäischen Herstellern von Wärmepumpen gehört die schwedische NIBE Group. Unter deren Dach stellen sowohl alpha innotec als auch Novelan Heizungsanlagen her. Außerhalb von Europa gehört der japanische Konzern Daikin Industries mit Sitz in Osaka zu den großen Spielern am Markt. Auch Unternehmen wie der japanische Panasonic-Konzern oder LG und Samsung aus Südkorea produzieren Wärmepumpen.

Irrtum Nummer 3: Habecks Vorstoß ist eine Überraschung

Nein, er ist lange geplant. Die Bundesregierung forciert den Ausstieg aus fossilen Brennstoffen. Ursprünglich ab 2025, sollen neue Heizungen mindestens 65 Prozent erneuerbare Energien einkoppeln, was Heizungsanlagen wie die Wärmepumpe leisten. Der Termin wurde schon im vergangenen Jahr auf den 1. Januar 2024 vorgezogen. Von da an müssen Heizungen, die neu installiert werden - sei es im Neubau oder beim Austausch einer bestehenden Anlage - die Wärme mit diesem Anteil an erneuerbarer Energie liefern. Faktisch ist diese Vorschrift gleichzusetzen mit einem Einbauverbot von fossilen Wärmeerzeugern wie Gasheizungen oder Ölkesseln. Neu ist jetzt nur, dass es ein Verbot von Öl und Gasheizungen geben soll, das aber erst im Jahr 2045 in Kraft tritt – zu einem Datum also, in der alle derzeit regierenden Politiker nicht mehr an der Macht sein werden. Änderungen an diesem Plan sind damit nicht ausgeschlossen.

Irrtum Nummer 4: Die Deutschen tauschen jetzt schnell ihre Gasheizungen aus

Viele deutsche Hausbesitzer werden mit einem Austausch noch Jahrzehnte warten. Der Grund: Gerade in den vergangenen Jahren ist die Zahl der neu installierten Gasheizungen in die Höhe geschnellt: 2021 waren es 653.000 Gasheizungen, die in deutschen Haushalten hinzugekommen sind. So viel wie seit einem Vierteljahrhundert nicht mehr. Das geht aus Zahlen hervor, die der Bundesverband der Deutschen Heizungsindustrie (BDH) gesammelt hat. Den BDH-Daten zufolge war die Gesamtzahl neuer Heizungen 2021 besonders hoch; das treibt auch die Zahl der Gasheizungen in die Höhe. Der Boom ist auch einer Förderung geschuldet. Der Bund hatte den Einbau von Gasheizungen, die weniger als ihre Vorgänger verbrauchen, noch bis zum Juli des vergangenen Jahres finanziell großzügig unterstützt. Auch wenn der Anteil neuer Gasheizungen am Gesamtverkauf von Wärmesystemen leicht gesunken war, blieb er auf einem hohen Niveau: Von 100 Deutschen, die sich eine neue Heizung zulegten, entschieden sich 2021 noch etwa 70 für eine Gasheizung.

In der Masse der Bevölkerung haben sich Alternativen also bislang nicht durchgesetzt. Und diejenigen, die sich eine neue Gasheizung geleistet haben, werden sie nicht nach wenigen Jahren Betriebszeit wieder ersetzen wollen. Sie können auch auf eine neue Technik spekulieren: Möglicherweise lässt sich ihre Gasheizung vor dem endgültigen Verbot auch auf Wasserstoff umstellen. Dann muss das System gar nicht ausgetauscht werden.

Irrtum Nummer 5: Die Förderung der Wärmepumpen ist ideal

Wärmepumpen verbrauchen Strom und der ist teuer, weil auf jeder Kilowattstunde hohe staatliche Belastungen liegen. Für Steuern, Abgaben und Umlagen fallen pro Kilowattstunde  10,17 Cent an. Der Kostenblock ist zwar gesunken, weil die Abgabe für erneuerbare Energien weggefallen ist, aber er beträgt in Deutschland immer noch mehr als das Doppelte von dem, was die Herstellung des Stroms kostet. Den größten Anteil am Bereich „Steuern und Abgaben“ hat die Mehrwertsteuer, die mit 19 Prozent auf alle Preisbestandteile anfällt. Ein Familienhaushalt zahlt bei einem Verbrauch von 4000 Kilowattstunden alleine für die Mehrwertsteuer 209 Euro pro Jahr an den Staat. Dazu kommen die sogenannten Netzentgelte, die vom Betreiber für die Durchleitung des Stroms durch die Netze erhoben werden und von denen auch der Ausbau erneuerbarer Energiequellen bezahlt wird.  Diese Kosten steigen ständig und machen aktuell einen Anteil von 24,7 Prozent am Strompreis aus. Der eigentliche Stromanbieter bekommt im Durchschnitt nur 44,2 Prozent von dem, was der Kunde tatsächlich bezahlt. Zumindest bei der Mehrwertsteuer könnte ein ermäßigter Satz dazu führen, dass der Betrieb von Wärmpumpen ohne bürokratische Förderanträge günstiger wäre.

07.03.2023 | 16:00

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