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Die Greta der Finanzwelt bringt die Deutsche Bank in Erklärungsnot

Die ehemalige Nachhaltigkeitschefin der Deutschen Bank-Tochter DWS wirft ihrem Ex-Arbeitgeber gravierende Mängel bei der nachhaltigen Geldanlage vor. Die Finanzaufsicht hat sich eingeschaltet. Der Kurs der DWS-Aktie stürzt ab.

Von Oliver Stock / WirtschaftsKurier

Vielleicht ist sie so etwas wie die Greta der Finanzwelt. Jedenfalls ist mit Desiree Fixler nicht zu spaßen, wenn es um nachhaltiges Investieren geht. Das hat die Deutsche Bank-Tochter DWS erfahren, die die Investmentbankerin im Juni des letzten Jahres einstellte und nach elf Monaten wieder rauswarf.

In dieser Zeit war die Absolventin der renommierten London Scool of Economics und ehemalige Managerin beim Deutsche Bank-Konkurrenten JP Morgan Nachhaltigkeitschefin bei dem Frankfurter Geldhaus. Ihre Aufgabe: Eindeutige Kriterien für nachhaltige Produkte festzulegen, in die die DWS-Kunden investieren können. Nach einer Vorstandspräsentation, so stellt es jedenfalls Fixler dar, war die New Yorkerin Aufgabe und Job wieder los. Ganz offenbar hatte sie sich nicht so verhalten, wie der Konzern es von ihr erwartete. Seither erklärt sie bei jeder Gelegenheit, was bei der Deutschen-Bank-Tochter in Sachen Nachhaltigkeit so alles schiefläuft. Als in dieser Woche das Wall Street Journal meldete, dass nun auch die US-Börsenaufsicht SEC sogenannte Greenwashing-Vorwürfe gegen die Deutsche Bank untersucht, stürzte der Kurs der DWS-Aktie um knapp 14 Prozent ein. DWS-Chef Asoka Wöhrmann kann seither seinem Mehrheitseigentümer Christian Sewing, Chef der Deutschen Bank erklären, warum im Stundentakt Millionen Marktkapitalisierung bei der DWS verschwinden.

An sich war Desiree Fixler mit einigen Vorschusslorbeeren bei der DWS gestartet. Bei ihrer Ernennung im Juni 2020 hatte ihr neuer Chef Wöhrmann sie als eine „perfekte Besetzung“ bezeichnet, „um den Status der DWS zu einem weltweit führenden ESG-Vermögensverwalter zu heben". ESG, das ist die englische Abkürzung für Enviroment (Umwelt), Social (in diesem Fall: gesellschaftliches Engagement) und Governance (nachhaltige Unternehmensführung). Fixlers Aufgabe bestand darin, sicherzustellen, dass die DWS Wöhrmanns Versprechen einhalten würde.

Sie packte die Sache, wie es ihrer Art war, tatkräftig an. Ihre eigenen Darstellung von dem was sie unternahm, lautet zusammengefasst: Sie hielt eine Präsentation vor dem Vorstand, in dem sie sich kritisch über die Strategie geäußert habe. Nach außen gedrungene Emails fassen ihre Kritik zusammen: Der DWS fehle es an „klarer Ambition“, vermisst werden „Regelwerke“, der Nachhaltigkeits-Ansatz sei je nach Produkt und Region „fragmentiert“. Kurz nach dieser Präsentation und nur einen Tag, bevor der Vermögensverwalter seinen Jahresbericht veröffentlichte, in dem er seine ESG-Qualitäten anpries, war Fixler ihren Job los.

Die DWS bestreitet einen Zusammenhang. Die Anschuldigungen seien gründlich und umfassend von unabhängiger Stelle untersucht worden. Der daraus resultierende Bericht bestätige, dass keine der Anschuldigungen Substanz habe, insbesondere in Bezug auf Greenwashing, heißt es von dem Vermögensverwalter. Nach Fixlers Abgang hatte Wöhrmann persönlich die „Verantwortung für Nachhaltigkeit auf übergeordneter Ebene“ übernommen, wie der Vermögensverwalter im März dieses Jahres mitteilte. „Nichts wird uns davon abhalten, unser Ziel zu erreichen, ESG in den Mittelpunkt unseres Handelns zu stellen“, sagte er damals. Damit ist klar: Desiree Fixler hat offenbar ganze Arbeit geleistet.

Wie ernst es die Deutsche Bank mit Nachhaltigkeits-Kriterien nimmt, beobachten Umweltorganisationen wie Greenpeace sehr genau. Und auch sie kommen zu einem ernüchternden Ergebnis. So berichtet Greenpeace ausführlich von einem Kredit der Bank über 25 Millionen Dollar an die in Singapur ansässige Firma Halycon Agri und ihre Tochtergesellschaft Sudcam, die eine Kautschukplantage in Kamerun betreibt und damit ein „massiver Treiber der Waldzerstörung“ sei. „Sudcam ist für die verheerendste neue Waldrodung für industrielle Landwirtschaft im Kongobecken verantwortlich und hat zwischen 2011 und 2018 mehr als 10.000 Hektar dichten tropischen Regenwald gerodet - das entspricht der Fläche von einem Fußballfeld alle 4 Stunden - um Platz für eine Kautschukplantage zu schaffen“. Sudcam bedrohe damit eine Fläche, die die Unesco wegen ihres Artenreichtums zum Welterbe erklärt hat und Sudcam vernichte auch Siedlungen von Ureinwohnern. Darauf angesprochen, bezeichnet die Deutsche Bank das Darlehen als „neuen Standard für die Kautschukindustrie“, weil sich Halycon Agri verpflichtet habe, seine Nachhaltigkeitsstandards zu verbessern.  Leider ohne Erfolg, meint Greenpeace. Die Bank befinde sich „mit diesem Greenwashing-Kredit im krassen Widerspruch zu den eigenen Nachhaltigkeits-Standards“.

Auch die deutsche Finanzaufsicht Bafin gehe jetzt den Greenwashing-Vorwürfen nach, sagte ein Insider gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters. Die Bafin wertet für jeden Fonds und jede Kapitalverwaltungsgesellschaft die jährlichen Berichte aus und prüfe, ob die gesetzlichen Vorgaben – auch jene für Nachhaltigkeit – eingehalten worden seien. Sollten sich Anhaltspunkte für einen Verstoß gegen sogenannte ESG-Vorgaben zeigen, starte sie eine entsprechende Untersuchung.
 

28.08.2021 | 12:28

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