(Foto: Michael Kappeler / Picture Alliance_DPA)



Karrierealle Jobs


Die Grünen schrumpfen ausgerechnet das Umweltministerium

Weil es den Grünen Co-Vorsitzenden Robert Habeck und Annalena Baerbock um Einfluss in Klimafragen geht, haben sie das Umweltministerium entmachtet. Ministerin Steffi Lemke, ebenfalls von den Grünen, muss sich mit einem Schrumpfressort zufriedengeben.

Von Oliver Stock / WirtschaftsKurier


Ausgerechnet in der ersten Regierung, an der die Grünen nicht nur als Juniorpartner der SPD an der Regierungsmacht sind, sondern für sich in Anspruch nehmen, mit den Koalitionspartnern SPD und FDP auf Augenhöhe zu regieren, verliert ein grünes Paraderessort deutlich an Macht und Einfluss: das Umweltministerium. Es wurde einst von Helmut Kohl geschaffen, um zu beweisen, dass auch in der Union grünes Gedankengut schlummert und mit dem fleißigen Umweltminister Klaus Töpfer besetzt. Später unter Kanzler Gerhard Schröder diente es als große Bühne für den wortgewaltigen grünen Umweltminister Jürgen Trittin. Jetzt sieht es so aus, als werde es in der beginnenden Legislaturperiode eher ein Schattendasein führen. Steffi Lemke von den Grünen, die Neue im Amt, erhält jedenfalls ein Ressort, dass links und rechts erstmal stark beschnitten wurde, bevor die Ministerin auch nur einmal auf ihrem Stuhl Platz genommen hat.

Auf der einen Seite steht dabei Robert Habeck. Der 52-jährige Co-Vorsitzende der Grünen, trägt künftig auch den Titel des Vizekanzlers und ist als Minister für Wirtschaft und Klimaschutz zuständig. Er leitet damit das für die Grünen wichtigste Ministerium. Ob seine Partei erfolgreich und zufrieden ist, hängt vor allem davon ab, wie schnell und wie ambitioniert Habeck das Klimaschutzgesetz weiterentwickelt. Erreicht er zu wenig, dürften die Demonstranten von Fridays for Future vor allem vor seinem Ministerium stehen.

In den vergangenen Jahren, als das Thema Klimaschutz beim Umweltministerium lag, war der Ausbau der erneuerbaren Energien in Deutschland gebremst worden, die Grabenkämpfe zwischen den beiden zuständigen Ministerien Wirtschaft und Umwelt waren oft daran schuld. Das Umweltministerium vertrat die Interessen der Klimaschützer, das Wirtschaftsministerium die der klassischen Industrie und damit der energieintensiven Konzerne. Jetzt hat Habeck entscheidende Kompetenzen beim Klimaschutz dazu bekommen, in der Hoffnung, dass es in der Sache besser vorangeht. Allerdings geht sein Machtzuwachs auf Kosten des Umweltministeriums.

Auf der anderen Seite hat es die neue Umweltministerin Lemke mit der anderen Co-Parteichefin Annalena Baerbock zu tun. Die neue Außenministerin will in Klimafragen auch nicht abseitsstehen und holte sich die Zuständigkeiten für die internationale Klimapolitik in ihr Haus. Die Klimagipfel sind künftig ihr Reiseziel und ihre Bühne, auch das muss die neue Umweltministerin nicht mehr selber machen. Wieso der Minister für Klimaschutz Habeck ausgerechnet bei den internationalen Fragen zu seinem Thema Baerbock die Antworten überlässt, muss etwas mit dem internen Machtgefüge der Grünen zu tun haben, wo die Ansprüche der beiden Co-Vorsitzenden Habeck und Baerbock offenbar nicht immer leicht auszutarieren sind. Verliererin des Machtpokers sind aber klar Lemke und ihr Umweltministerium.

So ganz wahrhaben will sie das noch nicht. Die Selbstdarstellung des Ministeriums nämlich, die auf dem neuesten Stand zu sein scheint, weil die frischvereidigte Ministerin und ihre neuen Staatssekretäre bereits vorgestellt werden, beginnt im inhaltlichen Teil noch mit dem Kapitel Klimaschutz. Wird das nun überarbeitet und fliegt raus, bleiben als ureigene Themen, bei denen nicht auch andere die Hand heben, der Naturschutz, Wasser und Abfall, womit klar ist: An der Stresemannstraße in Berlin, wo das Ministerium seinen Sitz hat, geht es künftig überschaubarer zu.

09.12.2021 | 10:05

Artikel teilen: