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Digital Health revolutioniert Gesundheitswesen

2018 war ein erfolgreiches Jahr für Digital Health, während der US SMID Index Russell 2000 an Wert eingebüßt und der US-Technologiesektor Nasdaq 100 nur geringfügig zulegen konnte. Digital Health ist Teil des Gesundheitswesens – mit einem Anteil von zwölf Prozent am globalen BIP ein bedeutender Wirtschaftszweig mit einer nicht-zyklischen und überdurchschnittlich wachsenden Nachfrage.

Angesichts globaler Megatrends wie der demografischen Entwicklung, der Zunahme von Zivilisationskrankheiten und der damit verbundenen steigenden Nachfrage nach Gesundheitsdienstleistungen, muss das Gesundheitswesen effizienter werden, um Kosten einzusparen und den Mehrbedarf decken zu können. Auf Basis von disruptiven Technologien wie zum Beispiel Sensoren, Smartphones oder Cloud-Computing entwickeln Unternehmen neue oder verbesserte Produkte und Dienstleistungen, die einen Mehrwert für alle Anspruchsgruppen im Gesundheitswesen bieten. Diese Technologien sorgen für klinischen Mehrwert und dringend benötigte Effizienzsteigerungen und Kosteneinsparungen im Gesundheitswesen. Nach einer Studie der Unternehmensberatung McKinsey können allein in den USA über eine digitalisierte medizinische Versorgung bis zu 300 Milliarden US-Dollar eingespart werden.

Effizienz durch Big Data

Der größte Krankenversicherer der USA, die UnitedHealth Group, zeigt, wie Digital Health das Gesundheitswesen verändert. Dank seines Tochterunternehmens OptumInsight (Umsatz 2018: neun Milliarden US-Dollar) ist der Versicherer in einer guten Position, die Digitalisierung im Gesundheitswesen voranzutreiben und sich gegenüber den Mitbewerbern zu differenzieren. An seinem Kapitalmarkttag präsentierte das Unternehmen seine selbst entwickelte individuelle medizinische Krankenakte (IHR), die bis Ende 2019 alle 50 Millionen Versicherte kostenlos nutzen können. Die IHR wird auf der Konsumentenseite zur zentralen Schnittstelle mit Beteiligten aus dem Gesundheitssystem – den Ärzten, Krankhäusern, Apotheken und Versicherern.

Basis der Krankenakte sind die Informationen zur detaillierten, individuellen Krankengeschichte, Versicherungsdaten und -ansprüche, kombiniert mit dem Leistungskatalog aller Vertragspartner der Versicherung. UnitedHealth verfügt über alle diese Informationen wie auch über die Berechtigung der Versicherten, diese zu nutzen. Alle Krankendaten wie beispielsweise Röntgenbilder, Medikamente, Laborresultate sind jederzeit mobil verfügbar und können dem behandelnden Arzt zur Verfügung gestellt werden. In der Summe schafft das effizientere Prozesse im Gesundheitswesen und verhindert unnötige Maßnahmen. Dies führt zu besseren klinischen Ergebnissen bei tieferen Kosten.


Virtuelle Medizin

Auch die virtuelle medizinische Beratung über moderne Kommunikationstools wie App, Videoanruf, Internet oder Telefon wird in der Medizin immer mehr zum Thema. Teladoc Health aus New York ist das größte Telehealth-Unternehmen in den USA und ist mittlerweile an der NYSE gelistet. Patienten mit akuten leicht behandelbaren Krankheiten wie Erkältung können 24 Stunden am Tag und sieben Tage die Woche über die Anwendungen von Teladoc mit approbierten Ärzten in Kontakt treten.

Der nächste große Innovationssprung könnte die Entwicklung von digitalen Therapeutika sein. Definierte standardisierte Abläufe der Patienteninteraktion, ersetzen oder ergänzen die Abgabe von konventionellen Medikamenten. Vorläufer dieser Entwicklung sind krankheitsspezifische softwarebasierte Anwendungen für Hautkrankheiten, aber auch psychische Beschwerden, quasi die Telefonseelsorge 2.0, welche Teladoc bereits anbietet.

Volkskrankheit Diabetes

Sensoren zur kontinuierlichen Blutzuckermessung werden mit dem Smartphone und der Cloud vernetzt und warnen dank intelligenter Software-Algorithmen rechtzeitig vor zu hohen oder zu niedrigen Blutzuckerwerten. Damit können Folgeerkrankungen von Diabetes stark reduziert oder gar vermieden werden. Marktführer bei den Blutzuckersensoren ist das amerikanische Unternehmen Dexcom, das an der New York Stock Exchange (NYSE) gelistet ist. Die Zulassung des neuesten Modells iCGM G6 hat den Innovationszyklus im Diabetessektor deutlich beschleunigt: Die Insulinpumpe t:slim X2 des Technologieunternehmens Tandem Diabetes Care aus dem kalifornischen San Diego mit einem automatischen Stopp der Insulinabgabe-Funktion wurde in wenigen Monaten ohne zusätzliche klinische Studie zugelassen. Auf einen Schlag verfügt Tandem Diabetes über eine Insulinpumpe mit einer deutlich höheren Benutzerfreundlichkeit als der Marktführer Medtronic. Der nächste große Innovationssprung wird auf der Dienstleistungsseite stattfinden. Das Ziel ist, Diabetespatienten über virtuelle Diabeteskliniken aus einer Hand zu versorgen: Insulin, Blutzuckermesssensor, Smartpen-Injektoren, Insulinpumpen, Gesundheitsportal mit Dosierungssoftware. Globale Player aus dem Insulinbereich wie Lilly oder Novo Nordisk arbeiten daran und Sanofi baut gemeinsam mit Verily (Alphabet Venture) das JV Onduo auf. Ergebnisverantwortung mit finanzieller Risikoübernahme, tiefere Kosten ebenso wie bessere Patientenergebnisse werden angestrebt.

Wachstumspotenzial mit überschaubarem Risiko

Der Gesundheitssektor steht erst am Anfang der Digitalisierung und liegt in der Entwicklung zehn und mehr Jahre hinter anderen Industrien zurück. Diese Ausgangslage ist äußerst attraktiv, auch für Investoren.

Die digitalen Geschäftsmodelle und Technologien sind bereits entwickelt und ausgereift und können quasi „aus dem Regal“  genommen werden. Auf der anderen Seite hat das Gesundheitswesen seine eigenen Spielregeln: Es ist stark reguliert und es geht um Menschenleben. Deshalb sind die Anforderungen an Sicherheit und Qualität (nachweisbarer klinischer Nutzen) nicht zu vergleichen, was teilweise auch die späte Einführung der digitalen Technologien im Gesundheitswesen erklärt. Basierend auf den spezifischen Eigenschaften von Digital Health, sollte das Technologierisiko berechenbarer sein, während die Regulierung den Wettbewerbsvorteil großer Technologiekonzerne wie Apple oder Alphabet relativiert, da diese Kooperationen mit Healthcare-Unternehmen eingehen müssen.

26.03.2019 | 10:48

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