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Blatter ist der Oligarch des Weltfußballs

Die Fifa wird von spektakulären Korruptionsskandalen erschüttert, doch Präsident Blatter will von nichts gewusst haben. Es wird höchste Zeit für einen grundlegenden Neubeginn - ohne Blatter.

Joseph Blatter begann einmal als gemütlicher Umarmer, dann wurde er pfiffiger Diplomat und schließlich ehrgeiziger Geldbeschaffer. Heute wirkt er wie Europas letzter Pate – eine Mischung aus Altherrenmacht, Günstlingswirtschaft, Hinterzimmerdunst und dem ganz großen Glücksspielgeld.

Blatter dirigiert die Fifa seit 16 Jahren ebenso sizilianisch wie erfolgreich. Er hat mit seiner enormen merkantilen Begabung aus einem kreuzbraven Sportverband einen globalen Konzern mit Milliardenumsätzen geschmiedet. Der Geruch feuchten Rasens unter den Stollenschuhen ist dem Aroma von Champagner und handgenähten Lederschuhen der Investmentbanker gewichen.

Ein beliebter König des Fußballs ist er trotz des Milliarden-Massenspektakels nie geworden. Blatter ist vielmehr der Oligarch des Weltfußballs. In den Augen der Fußballfans steht sein Name für selbstgefällige Mauscheleien.

Das Verb „blattern“ macht gar als Synonym für „bestechen“ die Runde. Blatter hat den WM-Fußball zu Potenzfestspielen von Eitelkeit und Geld deformiert. Es mögen Milliarden auf den Fifa-Konten liegen, doch in Sachen Transparenz, Teilhabe und Empathie ist der Verband tief im Minus.

Nach den Korruptionsenthüllungen der letzten Monate sind die meisten europäischen Fußballverbände gegen Blatter. Selbst im englischen Unterhaus wird inzwischen offen über den Schweizer geschimpft, so vom früheren englischen Verbandschef Lord Triesman: „Die Fifa verhält sich wie eine Mafia-Familie.“ Roland Büchel, Schweizer Nationalrat und Sportexperte, ergänzt: „Der Unterschied zur Mafia ist nur, in der Fifa wird nicht gemordet “

Der niederländische Fußball-Verbandschef Michael van Praag ruft Blatter dringend zum Rücktritt auf: „Es reicht! Wenn man den Ruf der Fifa in den letzten sieben Jahren sieht, verbinden die Menschen die Fifa mit Korruption und Bestechung. Die Fifa hat einen exekutiven Präsidenten und das bedeutet, dass dieser verantwortlich ist.“

Selbst die leisen Deutschen wollen Blatter nicht mehr. Der Präsident des DFB, Wolfgang Niersbach, erinnert daran, dass Blatter schon 2011 den Rücktritt versprochen habe: „Wir waren klar von einem Stabwechsel 2015 ausgegangen.“

Fifa-Bericht: ein peinliches Dokument der Verschleierung

Doch Blatter will mit aller Macht weiter machen. „Meine Mission ist noch nicht beendet, das sage ich Ihnen. Wir werden die neue Fifa errichten.“ Mit seinen 78 Jahren erkennt er nicht, dass seine Glaubwürdigkeit und das Ansehen der Fifa völlig ramponiert ist.

Also übt sich Blatter seit einigen Monaten in der Pose des Aufklärers und Korruptionsbekämpfers. Doch alle seine Reinwaschungs-Aktionen sind im  Desaster geendet. Die nun enthüllten Bestechungszahlungen des ehemaligen katarischen Fifa-Exekutivmitglieds Mohamed Bin Hammam können nun auch nicht mehr als Privataktionen dargestellt werden, als habe Katar damit nichts zu tun. Dabei weiß inzwischen jeder, dass Katar sich seine WM mit Bestechungen aller Arten gekauft hat. Es würde zu einem ehrlichen Neubeginn bei der Fifa dazugehören, das die Katar-WM noch einmal überdacht wird. Auch über die zwielichtige Russland-Vergabe wird sich kein Mantel des Schweigens mehr legen lassen. Nun zeigt sich nämlich, dass die Ethik-Kommission Blatters nichts weiter als ein neuer Winkelzug im endlosen Repertoire des politischen Überlebenskünstlers.

Über Jahre hinweg hat Blatter wie ein Lobbyist seiner selbst die Verbände gegeneinander ausgespielt, Gerüchte über Widersacher gestreut und sich mit gezielten Geldgaben Gunst erkauft. So will er auch diesmal mit hohen Bonus-Ausschüttungen die Verbandsstimmen aus Asien, Afrika und Amerika für sich sichern und den Aufstand der Europäer ausbremsen. Schließlich verfügen die Uefa-Vertreter nur über 54 von 209 Voten.

Blatter ist mit diesem Machiavellismus wie eine aus der Zeit gefallene Figur. Er bedient sich des Regenten-Instrumentariums vor-demokratischer Zeiten, genießt eine gänzlich unsportliche Welt aus Glanz und Pomp, verwechselt Respekt mit Ergebenheit und verwinkelt die Fifa zu einer undurchsichtigen Kommerz-UNO des Fußballs.

Der peinliche Vorgang um die Festnahmen hochrangiger Fifa-Funktionäre zeigt einmal mehr, dass die Fifa dringend reformiert gehört. Es braucht Amtszeit- und Altersgrenzen, neue Transparenz – und Teilhaberegeln. Die Weltmeisterschaften müssen von ihrem Milliardenarsenal abrüsten und wieder zu menschlichen Kategorien finden. Vor allem aber sollte Blatter endlich aufhören über Ethik zu reden und besser ethische Verantwortung übernehmen: Es wird Zeit für den Rücktritt des Oligarchen.   ww

28.05.2015 | 15:17

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