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Forscher finden keinen Beweis für Rückgang der Emissionen

Der Corona bedingte Lockdown hat sich bisher nicht positiv in der Erdatmosphäre niedergeschlagen.

Es ist der Hoffnungsschimmer gewesen. Vor knapp einem halben Jahr, im April und damit mitten im tiefsten Lockdown, hatte die Internationale Energieagentur (IEA) Daten veröffentlicht, die in der Phase der Depression so etwas wie Hoffnung versprühten: Die weltweiten CO 2 -Emissionen waren im ersten Quartal 2020 um mehr als fünf Prozent niedriger als im vergleichbaren Zeitraum des vergangenen Jahres. In der EU und China waren es sogar acht Prozent und in den Vereinigten Staaten, wo mit Donald Trump jemand am Ruder ist, der sich keine größeren Sorgen ums Klima macht, kamen die Experten der IEA dennoch sogar auf einen Rückgang um neun Prozent.

Schnell war klar: Weil sich keiner mehr bewegte, weil alle in Homeoffice und Homeschooling festhingen, waren die Emissionen, die Flugzeuge, Schiffe und Autos ausstoßen, drastisch gesunken. Und weil keiner mehr irgendetwas bestellte, fuhr die Industrie ihre Produktion zurück, was den Energieverbrauch und damit auch die CO 2 -Emissionen nach unten trieb.

Die Statistiker der Pariser Energieagentur überschlugen damals, was diese Entwicklung bedeuten würde, wenn sie anhielte, wenn die Pandemie lange dauert, wenn so schnell kein wirksamer Impfstoff gefunden wird, oder wenn eine zweite Welle das öffentliche Leben wieder zum Stillstand bringt. In diesem Fall prognostizierten sie einen Rückgang des CO 2 -Ausstoßes um acht Prozent im ganzen Jahr. „Eine solche Reduzierung wäre die größte aller Zeiten, sechsmal höher als der bisherige Rekordrückgang im Jahr 2009 aufgrund der Finanzkrise und doppelt so hoch wie die Summe aller früheren Rückgänge seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs“, schrieb die Energieagentur. Was damals die Sensation perfekt machte, war, dass genau dieser Rückgang ausreichen würde, um den Klimawandel aufzuhalten. Acht Prozent war die magische Zahl, die Aktivistinnen wie Greta Thunberg bislang vergeblich gefordert hatten. Die Acht-Prozent-Prophezeiung ging deswegen im April als die gute Nachricht durch die Corona geplagte Welt.

Doch jetzt kommen die Spielverderber. Und die sitzen ausgerechnet in Deutschland, genauer: in Karlsruhe. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des dortigen Instituts für Technologie (KIT) haben bei aktuellen Messungen festgestellt, dass sich die Konzentration von Kohlendioxid in der Atmosphäre durch die geschätzten Emissionsreduzierungen bisher nicht nachweisbar verändert hat. Sie haben ihre Ergebnisse in der Fachzeitschrift Remote Sensing veröffentlicht. „Um den CO2-Gehalt in der Atmosphäre auf Dauer zu reduzieren, müssten Maßnahmen wie die Einschränkungen während der Corona-Pandemie über Jahrzehnte fortgesetzt werden; aber selbst dies würde bei weitem nicht ausreichen“, sagt Ralf Sussmann vom Institut für Meteorologie und Klimaforschung des KIT. Dafür seien politische Maßnahmen unumgänglich, die grundlegende technologische Veränderungen im Energie- und Verkehrssektor umgehend einleiten.

Für seine Studie nutzte das Team der KIT Daten aus einem weltweiten Netzwerk zur Beobachtung der CO2-Konzentration, dem Total Carbon Column Observing Network. Die Forscher messen die Konzentration in den verschiedenen Schichten der Atmosphäre rund um den Globus. „Dazu waren High-Tech-Infrarotspektrometer im Einsatz, welche die Sonne als Lichtquelle nutzen. Diese Messmethode ist extrem genau, die Unsicherheiten liegen unter wenigen Promille“, sagt Sussmann und zerstört damit auch noch die Hoffnung, dass die Wissenschaftler vielleicht mal einen Fehler gemacht haben könnten. Dass keine Veränderungen in der Atmosphäre zu erkennen sind, erklären die Forscher mit der sehr langen Lebensdauer von CO2 und der enormen Hintergrundkonzentration, die sich seit der Industrialisierung aufgebaut hat. Darüber, dass sich von den wenigen Lichtblicken, die Corona erzeugt hat, wieder einer in Luft auflöst, schweigen sie.

oli

17.09.2020 | 09:34

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